Eine Artistin schwebt in einer Plexiglaskugel in der Luft, kurz darauf wirbelt ein Rollschuh-Paar über eine kleine Plattform mitten in der Manege. Alles muss an der Erstaufführung, die wenige Stunden nach dem Besuch von Blick am Premierenstandort in Rapperswil SG, über die Bühne geht, sitzen. «Die Zeit, in der eine Show entsteht, ist die wichtigste für uns. Da kommt alles zusammen», sagt Ivan Frédéric Knie (22), während er das Treiben beobachtet. «Und ich kann in dieser Vorbereitungszeit enorm viel über unsere Arbeit lernen.»
Ivan Knie ist der älteste Sohn von Géraldine Knie, sein Vater ist ihr erster Ehemann Ivan Pellegrini (52). Seitdem er fünf Jahre alt ist, steht er in der Manege. «Ich empfinde es als grosses Glück, dass ich in diese Familie hineingeboren bin», sagt er. «Ich wüsste nicht, was ich sonst machen würde. Der Zirkus ist meine Welt.»
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«Ich hatte eine wunderbare Kindheit»
Mit den ständigen Standortwechseln scheint es für viele unmöglich, als Kind Freunde zu finden. Ivan Knie will davon nichts wissen. «Einsam war ich überhaupt nicht. Ich hatte eine wunderbare Kindheit und kann mich nicht beschweren», so der 22-jährige Hoffnungsträger der Knies. «Ich lernte Menschen mit den verschiedensten Nationalitäten kennen und konnte viele Sprachen lernen. Zudem hatte ich Woche für Woche einen neuen Spielplatz. Das hat viel Spass gemacht.» Heute spricht Ivan Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch fliessend. Er hat Freunde und Kontakte in die verschiedensten Länder, darunter sogar Nordkorea.
Obwohl er sich in verschiedensten Zirkusdisziplinen versuchte, landete Ivan Knie genau wie sein Grossvater Fredy Knie Junior (77) und seine Mama Géraldine Knie (53) in der Pferdedressur. Täglich von 8 bis 12 Uhr trainiert er die Tiere für die Vorstellung und verbringt Zeit mit ihnen. «Wir reiten mit ihnen aus, gehen auf die Weide, oder wenn wir an einem See gastieren, gehen wir sogar schwimmen. Den Tieren darf es nicht langweilig werden», sagt er. Probleme, die 25 verschiedenen Rösser und 11 Ponys zu unterscheiden, habe er keine – sogar die Namen habe er alle verinnerlicht. «Ich kann mir diese besser merken als bei Menschen», meint er grinsend. In seiner Freizeit spielt Ivan gerne Tennis, Ausgang sei hingegen kein grosses Thema für ihn. «Dafür bin ich zu schüchtern», sagt er.
Pferdenummer mit seinen Geschwistern
Seine Pferdenummer präsentiert Ivan Knie gemeinsam mit seinen Halbgeschwistern Chanel (13) und Maycol (6), den er liebevoll Maycolino nennt. Ivan bewundert, mit welcher Begeisterung die beiden in der Show mitwirken. «Ich war ein wenig unprofessioneller als meine Geschwister», gibt er zu. In diesem Alter habe er diese Motivation noch nicht an den Tag gelegt. «Die beiden lieben schon jetzt, was sie machen, und haben riesigen Spass daran, in der Manege zu sein.» Beim gemeinsamen Fototermin mit seinen Geschwistern für Blick entsteht erst ein Gewusel, Ivan bringt mit seiner Art aber Ruhe rein und kontrolliert das Ganze.
Auffallend ist auch das Lachen, mit dem Ivan viele Sympathien gewinnt. Auf dem hohen Ross mit seinem Kostüm gleicht er einem Prince Charming. Ob es da auch viele Liebesbriefe für den jungen Zirkusartisten gibt? Ivan Knie muss lachen, über die Liebe möchte er nicht sprechen. Er weicht der Frage aus: «Ich finde es wunderschön, Fanbriefe vom Publikum zu erhalten», sagt er. «Das ist ein grosses Kompliment. Herzig sind auch die Zeichnungen, die ich immer wieder von Kindern erhalte.» Auf die Zusendungen folgt auch immer eine Antwort, hält er fest. «Das macht Knie aus. Wir wollen einen guten Draht zum Publikum haben.»
Ob er den Zirkus einmal übernimmt, wird sich zeigen
Beim Gespräch mit Ivan wird klar, dass er für den Zirkus lebt. Er wirkt selbstbewusst, neugierig und auch perfektionistisch. «Das bin ich schon. Vielleicht sogar etwas zu viel», gibt er zu. «Wenn das Licht beim Auftritt oder sonst etwas nicht stimmt, muss ich lernen, Geduld zu haben. Wir sind alles Menschen und keine Maschinen, da kann es nicht immer 100 Prozent perfekt sein.»
Aktuell leitet die siebte Generation der Knies den Schweizer Nationalcircus. Géraldine Knie ist artistische Direktorin, ihr Mann Maycol Errani (38) technischer Leiter, und Grosscousine Doris Knie (43) leitet die Administration. Bei Ivan liegt der Gedanke nahe, dass er sich als Ältester der achten Generation bereits in Stellung bringt, einmal den traditionsreichen Betrieb zu übernehmen. «Dass ich einmal Zirkusdirektor werde, ist nicht gesetzt», hält er fest. «Aber ich hoffe, dass ich irgendwann so weit bin. Es ist eine riesige Verantwortung, der man gewachsen sein muss.» Bis dahin will er im Zirkus so viel helfen, wie er könne. «Wann ich bereit bin, entscheiden meine Mutter und mein Grossvater.»
Der Circus Knie gastiert als Nächstes in Chur GR, Winterthur ZH und Wil SG. Tickets gibts bei Ticketcorner.
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