Auf einen Blick
- Gilles Tschudi brilliert als Theophil Läppli in Basel
- HD-Soldat Läppli bleibt eine zeitlose Kultfigur mit aktueller Relevanz
- Über 100 ausverkaufte Vorstellungen zwischen 2019 und 2022
«Guguuseli, y bi wider doo!», heisst es in diesen Tagen im Theater Fauteuil in Basel. Nach der erfolgreichen Premiere der Neuinszenierung im Jahr 2019 bringt das Leitungsteam der Kulturstätte das Stück «HD-Soldat Läppli» in diesem Jahr erneut auf die Bühne. Gilles Tschudi (67) brilliert auch nach der von Corona beeinträchtigten ersten Spielzeit in der Rolle des Theophil Läppli, einer der grössten Schweizer Figuren des satirischen Volkstheaters.
Verantwortlich für die Wiederaufnahme sind Claude (50) und Caroline Rasser (53), Enkel und Enkelin des Schöpfers von «HD-Soldat Läppli», Alfred Rasser (1907–1977). «Unsere Neuinszenierung ist für mich eine absolute Herzensproduktion», sagt Caroline Rasser. Sie selbst steht im Stück als Sophie Müller, die Vermieterin von Theophil Läppli, auf der Bühne. «Theophil Läppli war mir als Kind schon vertraut und nah – und heute wünsche ich mir hin und wieder, dass wir alle etwas mehr Läppli in uns bewahren können», sagt sie.
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Spontaner Einfall schrieb Theatergeschichte
Theophil Läppli ist bis heute Kult. 1923 hatte Alfred Rasser als 16-Jähriger den Einfall zu dieser Figur: «Schliesslich war er da, der Hilflose, der Einfältige, der Naive, der Unwissende, der in seiner Beschränktheit doch so Beneidenswerte und Glückliche, in seiner ganzen Güte und Pfiffigkeit», schreibt der Theatermacher in seinen Erinnerungen. Die Figur bringt er 1934 im Cabaret Resslyryti in Basel erstmals auf die Bühne. Später auch im Zürcher Cabaret Cornichon und in Rassers eigenem Cabaret Kaktus.
1945 – am Ende des Zweiten Weltkriegs – entstand die Idee, den tschechischen Roman «Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk» von Jaroslav Hasek (1883–1923) mit Läppli einzuschweizern. An Silvester 1945 feierte «HD-Soldat Läppli» schliesslich Premiere im Basler Theater Küchlin und schrieb damit nicht nur Basler, sondern auch Schweizer Theatergeschichte.
Zuerst der Vater, dann der Sohn
Das Stück um den Hilfsdienst-Soldaten begeisterte das Land. Zahlreiche Fortsetzungen folgten: «Demokrat Läppli», «Weltbürger Läppli», «Millionär Läppli», «Zivilverteidiger Läppli». 1959 wurde «HD-Soldat Läppli» schliesslich verfilmt. Daneben gibt es noch zwei weitere Streifen mit Geschichten um den schusseligen Basler aus Buckten BL. «HD-Soldat Läppli hat sich als Volksfigur selbständig gemacht. Das ist für mich immer wieder ein kleines Bühnen- und Filmwunder», so Caroline Rasser.
Mit dem Tod von Alfred Rasser im Jahr 1977 schien es lange undenkbar, das Stück, das so eng an den Schöpfer geknüpft war, wieder auf die Bühne zu bringen. «Lange hätte ich mich nie an diese Rolle getraut», erzählt Roland Rasser (92). «Als ich einmal in einem Kabarettprogramm den Sketch ‹Dinner for One› gespielt habe, spürte ich, dass ich mich auch an den Läppli wagen kann.» Also wagte er sich 1989 an eine Neuinszenierung. «Die Rolle wurde zu einem wunderbaren Abschluss meiner Theaterkarriere. Für mich war das Schönste, dass das Publikum fand: ‹Der kann das gleich gut wie sein Vater.›»
Grosse Fussstapfen für Gilles Tschudi
Seit 2019 verkörpert mit Gilles Tschudi zum ersten Mal ein «Nicht-Rasser» die legendäre Rolle. Ganze fünf Jahre seien zwischen den ersten Gesprächen über das Engagement und der Premiere vergangen, erzählt der Basler. «Als ich das Angebot bekam, war ich einerseits geehrt, aber auch nachdenklich. Es war mir sofort bewusst, welches Erbe ich antreten würde.» Allerdings seien Bedenken darüber nach seiner Zusage schnell verflogen. «Ich mobilisierte alles in mir, um den Läppli in mir entdecken zu können.» Sechs Monate hat er bis zur Premiere geprobt, das sei «absolut das Minimum für ein verantwortungsvolles Umsetzen dieser Figur» gewesen. Die fünf Jahre, die nun zwischen Premiere und Wiederaufnahme vergangen seien, hätten der Figur «noch mehr Tiefe geschenkt.»
Doch was ist das Geheimnis hinter «HD-Soldat Läppli»? Der Inhalt sei heute noch von grosser Aktualität. «Die Ausübung von Macht durch eine solche Figur zu destabilisieren, ist gerade heute wieder sehr wichtig. Die Machthaber in ihrer Sprache infrage zu stellen, ist kaum möglich, denn sie haben die Sprache der Macht für sich gepachtet», meint Tschudi. Die entwaffnende Kraft eines Kindes im Mann sei hingegen «ein möglicher Weg, um diesen zu Ende gehenden Machthierarchien unserer Zeit in ihrem Überlebenskampf zu trotzen.»
Bundesrätin im Premierenpublikum
Eine Machthaberin, die Vorsteherin des VBS Viola Amherd (62), sass bei der Premiere vor einer Woche auch im Publikum. Sie ist Fan von HD-Soldat Läppli: «Trotz seines fortgeschrittenen Alters hat HD-Soldat Läppli nichts von seinem Charme verloren. Seit bald 80 Jahren bringt er uns zum Lachen», schreibt sie im Programmheft des Stücks.
Der Erfolg gibt den Theatermachern recht. Über 100 Vorstellungen der Neuinszenierung des Stücks mit Gilles Tschudi waren zwischen 2019 und 2022 ausverkauft. 2023 hat die Wiederaufnahme den Prix Walo in der Kategorie «Komödie-Produktion» gewonnen.
Rasser wird von Baslern auf Läppli angesprochen
Der Läppli-Kult bleibt ungebremst. Basler Passanten scheinen die Kult-Figur ins Herz geschlossen zu haben: «Auf der Strasse, im Tram oder im Café werde ich mit Läppli-Sprüchen wie ‹Wemme dänggt, wemme dänggt› oder ‹D Katz het s Kanarieveegeli gfrässe› angesprochen. Das berührt mich sehr», sagt Caroline Rasser. «Schön, wenn der Bebbi ein bisschen zum Läppli wird.»