«Ich habe Schmetterlinge im Bauch»
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Géraldine Knie vor Premiere:«Ich habe Schmetterlinge im Bauch»

Géraldine Knie über ihre Ängste, dunkle Stunden und Hoffnungsschimmer
«Gehadert habe ich nie»

Nach der abgebrochenen Tournee 2020 startet der National-Circus Knie am 29. Juli in Rapperswil. Die Reise endet am 31. Dezember in Luzern. Auf dem Spielplan stehen sieben Orte.
Publiziert: 18.07.2021 um 07:47 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2021 um 16:09 Uhr
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Gehadert habe ich nie. Das ist mein Leben, meine Leidenschaft.» Géraldine Knie im Salonwagen des National-Circus in Rapperswil SG mit der Ahnengalerie im Hintergrund, aufgenommen am 15. Juli.
Foto: Thomas Meier
Jean-Claude Galli

Am 29. Juli startet der National-Circus Knie in Rapperswil SG in die verkürzte Tournee 2021. SonntagsBlick trifft die künstlerische Direktorin Géraldine Knie (48) im Salonwagen zum Interview. Draussen regnet es in Strömen, und aus dem nahen Chapiteau ist Probemusik zu hören.

Géraldine Knie, die erste Frage liegt aktuell auf der Hand: Ist der Knie wettersicher?
Géraldine Knie: Das ist gutes Zirkuswetter (zeigt lachend durchs Fenster). Nachmittagsshows bei über 30 Grad draussen sind jeweils schon etwas heiss. Seit 2018 haben wir acht grosse Ventilatoren mit Wassertanks installiert, die einen sehr angenehmen Effekt erzeugen. Und klar: Nass wird bei uns niemand.

Wie läuft der Vorverkauf?
Wir sind sehr zufrieden, auch mit den Reaktionen auf unseren Neustart. Die Bekanntgabe Anfang Juli war ein sehr emotionaler Augenblick.

Apropos Emotionen: Können Sie sich an den 28. Oktober 2020 erinnern?
«Ui, hör mer uf!» Damals fiel in Zürich der letzte Vorhang. Ich wusste schon vor der Vorstellung, dass es die letzte sein würde und nahm mir vor, sie noch ganz besonders eindrücklich zu gestalten. Informiert habe ich unsere Leute erst danach. Das war ein Drama für alle. Urs von Ursus & Nadeschkin, der mir sehr nahesteht, nahm mich in die Arme, und wir weinten gemeinsam. Die Solidarität der ganzen Belegschaft war überwältigend. Einerseits wussten wir, wir haben keine andere Möglichkeit. Andererseits war da diese schier unendliche Trauer darüber, so lange gewartet und so viel Hoffnung reingesteckt zu haben, um dann dieses abrupte Ende erfahren zu müssen.

Wäre es übertrieben zu sagen, dies sei die dunkelste Stunde des National-Circus Knie gewesen?
Eine der dunkelsten auf jeden Fall. Aber es gab ja weltweit solch dramatische Situationen. Das hat wieder alles relativiert. Es wäre vermessen gewesen, laut darüber zu klagen, wie schlecht wir uns gerade fühlten. Allen ging es ähnlich. Das Showbusiness durfte als Letztes starten und war das Erste, das wieder aufhören musste. Brutal, aber nicht verhandelbar.

Hatten Sie seit März 2020 je Existenzängste?
Diese Existenzängste sind immer da. Sie sind tief in uns drin und bleiben es auch. Wir denken positiv. Aber die Wunde ist sehr gross, und das Pflaster ist zu klein, um sie zu decken. Wir hoffen das Beste, schauen vorwärts, legen den Fokus jetzt wieder auf die Show und sind froh, sie endlich auch zeigen zu können.

Waren Sie zufrieden mit der staatlichen Unterstützung?
Der Staat half, wo er konnte. Aber es gibt Limiten, das ist uns bewusst. Wir haben wahnsinnig hohe Fixkosten. Unsere Tiere sind da und die festen Mitarbeiter. Und wir haben Saisonniers, die seit 40 Jahren bei uns sind. Gerade ihnen versuchten wir als Familie zu helfen. Auch ich persönlich, mit dem eigenen Portemonnaie. Aber jetzt sollten wir auch wieder Geld verdienen können.

Haderten Sie mit manchmal mit der Verantwortung, Teil dieser Familie zu sein?
Diese Verantwortung ist eine grosse Ehre für mich. Die ziehe ich durch, in guten wie in schlechten Zeiten. Gehadert habe ich nie. Das ist mein Leben, meine Leidenschaft. Das Traurigste für mich ist, dass mein dreijähriger Sohn Maycol junior die Hälfte seines Lebens noch keinen Zirkus erlebt hat. Solche Gedanken beschäftigen mich. Oder das Wohlergehen meiner Tochter Chanel. Sie ist jetzt lange in die öffentliche Schule gegangen und hat das super gemeistert. Meine Kinder sollen Kinder bleiben und nicht meine Sorgen und Ängste teilen müssen. Aber mein ältester Sohn Yvan ist gerade 20 geworden und realisiert natürlich alles, was ihn oft auch mitnimmt.

Ganz ehrlich: Wollten Sie selber nie ausbrechen, als Teenager oder auch später?
Nein, für mich gab es nie den geringsten Zweifel. Seit ich mich erinnern kann, gab es keinen Tag, an dem dieses Leben für mich nicht gestimmt hätte. Ich konnte immer mit meinen Pferden zusammen sein. Das Herumreisen und das Zusammensein mit so vielen Nationalitäten fand ich faszinierend. Und ich kann dabei in der Schweiz sein. Ich liebe mein Land und bin schon sehr patriotisch (lacht).

Ihr Vater Fredy junior hat sich nun aus der Führung zurückgezogen, und Sie stehen seit diesem Jahr noch stärker im Fokus. Wie geht es Ihrem Puls?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, er ist ruhig. Aber wir wollen unsere Emotionen ja dem Publikum weitergeben. Und Emotionen sind immer aufwühlend, sonst wären sie nicht echt. Was mich immer wieder runterholt, sind mein Mann Maycol und meine wunderbaren Kinder. Das hält mich am Leben und gibt mir einen festen Stand.

Nehmen Sie sich mit den neuen Aufgaben dafür in der Manege zurück?
Nein, da bin ich immer noch mit den Pferden präsent. Aber mein persönliches Highlight im Programm sind sowieso meine Kinder. Chanel ist mein Spiegelbild. Wenn ich sie sehe, sehe ich mich als Mädchen. Und Yvan ist mein Prinz. Bei Maycol junior werden wir dann sehen, wie sich die Dinge entwickeln. Er ist dieses Jahr zum ersten Mal beim Finale dabei. Ich bin seine Wegbegleiterin und werde ihn bei allem unterstützen, was er möchte. Im Moment interessiert er sich in erster Linie fürs Technische, für Lastwagen und Traktoren (lacht). Meine Kinder sollen ein Ziel im Leben finden, einen Fokus haben und fleissig sein.

Sie sind immer mittendrin, ohne Distanz. Ist das nicht oft auch belastend?

Einen Rückzugsort habe ich nicht nötig. Mein Beruf ist mein Hobby, seit ich denken kann. Meine Tage sind ausgelastet. Und vor allem Maycol junior braucht mich als Mutter noch sehr. Das lasse ich mir auch nicht nehmen – diese Aufgabe geniesse ich. Und ich versuche stets für alle ein offenes Ohr zu haben. Bei 200 Angestellten kommt da etwas zusammen. Langeweile ist mir fremd. Im ganzen Trubel ist mein Mann Maycol mein Rückhalt. Er ist meine grosse Liebe und mein bester Freund. Ihm bin ich sehr dankbar für alles, was er mir, unserer Familie wie auch dem Zirkus gibt. Sein Einsatz ist unermesslich.

Schöpfen Sie auch aus dem Glauben Kraft?
Da bin ich sehr neutral. Leben und leben lassen, heisst mein Motto. Punkto Glauben und Religion würde ich niemanden beeinflussen wollen. Das würde sonst auch sehr schwierig mit all diesen Nationalitäten und verschiedenen Glaubensrichtungen. Jeder respektiert den anderen, mit allem, was dazugehört. Ohne diesen Respekt würde auch die Show nicht funktionieren.

Mit Bastian Baker haben Sie heuer keine Komik, sondern einen Musik-Act als Headliner. Geht das auf?
Bastian passt extrem gut zu uns. Er kann Kinder wie Mütter und Grossmütter gleichermassen verzaubern. Ist charmant und keine Diva. Ich bin schon länger Fan von ihm und lernte ihn 2019 kennen, als er in Lausanne die Show besuchte. Er sagte mir: «Genial, da möchte ich auch einmal dabei sein.» Ich habe ihn jetzt beim Wort genommen (lacht). Er probt nun von morgens bis abends, nichts ist ihm zu viel. Und es ist bereits eine Freundschaft mit der Familie entstanden. Mit Ivan geht er Tennis spielen. Ivan sagte gestern: «Es ist, als ob wir uns schon ewig kennen.»

Die Tour-Route festzulegen, war sicher nicht einfach ...
Fürs Tourmanagement war das der blanke Horror. Immer wieder umstellen, immer wieder Änderungen. Wir mussten schliesslich lauter grössere Städte wählen, wo wir länger bleiben können, um die Kosten im Griff zu haben.

Einlass gibt es mit dem Covid-Zertifikat, dafür fällt die Maskenpflicht. Haben Sie keine Angst, jemanden auszuschliessen?
Wir müssen und wollen uns an die BAG-Vorgaben halten. Und wir haben für jeden Kanton eine separate Bewilligung. Wir brauchen einfach eine bestimmte Menge an Zuschauern. Mit 500 pro Show können wir unsere Rechnungen nicht bezahlen, dafür brauchen wir mehr als das Doppelte. Wir sagen niemandem, er müsse sich impfen lassen. Aber wenn wir diese Show machen und vorwärtskommen wollen, geht das nur über das Zertifikat. Und es ist auch ein Zeichen, dass wir hinter den staatlichen Richtlinien und der Strategie des Bundesrats stehen.

Alle Informationen und Tourdaten unter www.knie.ch

Das Leben ist ein Zirkus

Bereits mit drei Jahren zeigte Géraldine Knie (48) an der Seite ihres Vaters Fredy Knie junior (74) in der Manege ihre erste Pferdenummer. 2001 wurde die populäre Zirkusprinzessin in erster Ehe Mutter von Ivan Frédéric. 2009 heiratete sie Maycol Errani. Gemeinsam haben sie die Kinder Chanel (10) und Maycol jun. (3½). Ivan und Chanel sind beide schon in der Manege präsent, ebenso ihr Ehemann. Nach der erfolgreichen Jubiläumstournee 2019 gab Fredy Knie jun. die künstlerische Leitung an seine Tochter ab, reist aber immer noch mit – als Mentor und Coach der siebten und achten Generation.

Bereits mit drei Jahren zeigte Géraldine Knie (48) an der Seite ihres Vaters Fredy Knie junior (74) in der Manege ihre erste Pferdenummer. 2001 wurde die populäre Zirkusprinzessin in erster Ehe Mutter von Ivan Frédéric. 2009 heiratete sie Maycol Errani. Gemeinsam haben sie die Kinder Chanel (10) und Maycol jun. (3½). Ivan und Chanel sind beide schon in der Manege präsent, ebenso ihr Ehemann. Nach der erfolgreichen Jubiläumstournee 2019 gab Fredy Knie jun. die künstlerische Leitung an seine Tochter ab, reist aber immer noch mit – als Mentor und Coach der siebten und achten Generation.

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