Nemo hat mit dem Sieg im Final des Eurovision Song Contests in der Nacht von Samstag auf Sonntag Biel, die Stadt, in der der Star aufgewachsen ist, zum Beben gebracht. Inmitten der jubelnden Menge stand Glenda Gonzalez Bassi, Gemeinderätin (Exekutive) und Leiterin der Abteilung für Bildung, Kultur und Sport.
Die Sozialdemokratin, die an diesem Sonntag für die Nachfolge ihres Genossen Erich Fehr als Bürgermeisterin kandidiert, begrüsst die Leistung des heute in Berlin lebenden Stars am Telefon. Die Abgeordnete, die sich die grosse musikalische Messe auf einer Grossleinwand mitten auf der Strasse angesehen hat, spricht voller Neid von der nächsten Ausgabe, die in der Schweiz stattfinden wird.
Das ist aber noch nicht alles. Die gebürtige Chilenin setzt sich nebenbei für nicht-binäre Menschen ein, indem sie für die Anerkennung eines dritten offiziellen Geschlechts plädiert.
Blick: Sie haben den Sieg von Nemo von einer Grossleinwand in den Strassen von Biel aus mitverfolgt. Welche Gefühle hatten Sie bei der Bekanntgabe des Ergebnisses?
Glenda Gonzalez Bassi: Ein Gefühl der Freude und des Stolzes auf unsere Stadt. Eine grosse Dankbarkeit und eine grosse Erleichterung, dass dieses Abenteuer zu Ende gegangen ist.
Warum die Dankbarkeit?
Nemo ist in Biel aufgewachsen und hat hier die musikalische Ausbildung genossen. Seit einigen Jahren lebt Nemo nun aber in Berlin. Trotzdem bekennt sich Nemo immer noch zu Biel und spricht gerne über seine Verbundenheit mit der Stadt, die zur Entwicklung der künstlerischen Identität beigetragen hat. Nemo bringt das Licht des Eurovision Song Contests nach Biel. Ich finde das wunderbar!
Konnten Sie das Nemo sagen?
Noch nicht. Die Zeit wird in nächster Zeit nicht reichen. Aber ich habe gehört, dass Nemo sich ein paar Tage ausruhen und in die Schweiz zurückkehren möchte.
Werden die Bieler Behörden eine Veranstaltung zu Ehren des Sieges organisieren?
Das war auf jeden Fall geplant, auch wenn Nemo das Finale nicht gewonnen hätte. Wir werden sehen, was wir tun können, Nemos Terminkalender wird Priorität haben. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich einen öffentlichen Empfang organisieren könnte, damit die gesamte Bevölkerung davon profitieren kann.
Sind sich Biel und Nemo Ihrer Meinung nach ähnlich?
Biel ist wie Nemo, Nemo wie Biel. In beiden Fällen kann man von einer grossen Offenheit und Vielfalt sprechen. Und auch von einem transversalen Ansatz in der Kultur. Nemo hat viele künstlerische Bereiche erkundet: Oper, Rap, Pop... Nemo zeigt, dass die Bieler Jugend positiv, kreativ, leidenschaftlich und engagiert ist. Nemo ist ein grossartiges Beispiel in unserer Stadt, im ganzen Land und sogar in ganz Europa.
Nemo wird sich mit Bundesrat Beat Jans treffen und bei dieser Gelegenheit sicherlich Massnahmen für eine bessere Vertretung nicht-binärer Menschen fordern. Sie erwähnen die Verwendung des Pronomens «er», also sind Sie für die Schaffung einer neuen Kategorie, die als neutral bezeichnet wird?
Wenn ich an Nemo denke, ist die Frage der Nicht-Binarität für mich überhaupt nicht vorrangig. Ich sehe zunächst eine sonnige, lächelnde Persönlichkeit, die immer ein offenes Ohr hat. Was die Frage betrifft, ob Menschen in der mündlichen Rede so gegendered werden können, wie sie es wollen, so ist das vor allem eine Frage von Sitte und Tradition.
Was meinen Sie damit?
Wir haben mehrere Landessprachen und nicht alle haben den gleichen Ansatz. Das «iel» hat zum Beispiel keine Entsprechung im Deutschen. Ich bin keine Sprachexpertin, aber die Sprache ist ein lebendiges Gut, das der Bevölkerung gehört und sich weiterentwickelt. Ich persönlich bin auf jeden Fall für diese Entwicklung und damit für die Verwendung dieser neuen Pronomen.
Aber würden Sie aus administrativer Sicht eine neue Kategorie von neutralen Personen befürworten?
Denken Sie daran, dass es lange Zeit unmöglich war, als geschieden anerkannt zu werden. Ja, ich würde es begrüssen, wenn dies möglich wäre. Dass Personen, die sich als «anders» identifizieren, dies angeben können. Generell würde ich mir wünschen, dass jeder so sein kann, wie er will, und dabei die anderen respektiert. Schauen Sie sich die Schulunterlagen an. Es heisst bereits nicht mehr «Vater» oder «Mutter», sondern «Elternteil». Die Gesellschaft entwickelt sich weiter, der Staat passt sich an.
Kommen wir zurück zum Eurovision Song Contest. Die nächste Ausgabe wird also in der Schweiz stattfinden. Muss sie Ihrer Meinung nach unbedingt in Biel stattfinden?
Das liegt nicht in unserer Hand als Gemeinde. Es ist eine ganze Organisation, aber natürlich ist Biel offen für den Dialog. Auch wenn wir zugegebenermassen im Vergleich zu gewissen Metropolen des Landes beschränkt sind.
Hätte die Stadt Biel die Infrastruktur, um sich zu bewerben?
Es ist sehr schwierig, sich das genaue Ausmass einer so gigantischen Veranstaltung wie dem Eurovision Song Contest vorzustellen. Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs. Wir sprechen ja nicht nur von einem Ort wie der Tissot Arena, sondern auch von Lagerräumen, Restaurants, Hotels usw. Ich denke, es wäre ambitioniert zu behaupten, dass Biel alles bewältigen kann. Auf der Ebene der Region hingegen, von Bern bis Biel, denke ich, dass es das tun könnte.