Das Drama «The Kid» gilt als einer der wichtigsten Filme der Stummfilmzeit und als bester und persönlichster des weltberühmten Schauspielers und Regisseurs Charlie Chaplin (1889–1977). Zum 100-Jahr-Jubiläum widmet das Museum Chaplin's World in Corsier-sur-Vevey VD der Geschichte um den Tramp, der einen ausgesetzten Säugling findet und wie den eigenen Sohn behütet, eine bis am 25. September dauernde Sonderausstellung.
Stargast bei der Eröffnung war sein Sohn Eugene Chaplin (68). «Als kleiner Bub habe ich den Film erstmals gesehen, zwar nicht alles begriffen, war aber schon damals völlig in Bann geschlagen. Mit elf hab ich ihn dann erneut gesehen und besser verstanden», erzählt Chaplin gegenüber Blick.
«Der Film ist ein grandioses Kunstwerk»
Diese Faszination habe bis heute nicht abgenommen. «‹The Kid› weckt die schönsten Kindheitserinnerungen. Und er macht mich sehr stolz, weil meinem Vater damit wirklich ein grandioses Kunstwerk gelungen ist. Er ist alterslos und erzählt die immer gültige Geschichte, dass es auch mit einer schwierigen Kindheit Hoffnung auf spätes Glück gibt.»
An seine eigene Kindheit in der denkmalgeschützten Villa Manoir de Ban hoch über Vevey, in der sich heute das Museum befindet und die Charlie Chaplin mit seiner Familie kurz vor der Geburt von Eugene 1953 bezog, denkt dieser ausgesprochen gerne zurück. «Ich habe eine Unmenge an schönen Erinnerungen», meint er strahlend.
«Eine Anekdote mag ich aber besonders gerne: Meine Mutter schenkte meinem Vater einst einen Schwarz-Weiss-Fernseher. Später wurde ein Farbfernseher angeschafft. Der Schwarz-Weiss-Apparat wurde in unser Kinderzimmer gestellt, damit wir ihn brauchen konnten, und der farbige kam in die Bibliothek meines Vaters. Es vergingen genau zwei Tage, bis er plötzlich hereinkam und die beiden Fernseher gegeneinander austauschte. Er konnte sich wohl einfach nicht von der Schwarz-Weiss-Optik lösen.»
«Ich vermisse meine Eltern sehr»
Natürlich kommt bei solchen Geschichten auch Wehmut auf. «Ich vermisse meine Eltern sehr. Ihre Gegenwart, ihre blosse Anwesenheit. Und der Umstand, dass sie nicht mehr da sind, schmerzt mich auch heute noch sehr.» Charlie Chaplin starb an Weihnachten 1977, seine vierte Ehefrau Oona O'Neill, mit der er insgesamt acht Kinder hatte, 1991. Beide sind vor Ort beerdigt.
Während die Welt Charlie Chaplin als Spassmacher kennt, sah ihn Eugene Chaplin naturgemäss mit anderen Augen. «Er war streng und hatte fixe Erziehungsgrundsätze, aber er verbrachte wirklich viel Zeit mit uns zum Spielen und war ein liebevoller Vater. Für uns Kinder war alles normal, was wir mit ihm erlebten. Er spielte nie eine Rolle, sondern war einfach er selber.»
Von seinem Vater habe er enorm viel auf seinen Lebensweg mitnehmen können, sagt Chaplin. Als Dokumentarfilmer und Tontechniker ist er dann auch selber im künstlerischen Bereich tätig geworden, das sei fast wie automatisch passiert. «Aber das Allerwichtigste, was er mir neben dem Sinn für Humor vermittelte, war die Menschlichkeit. Jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist, und ihm ein bedingungsloses Grundvertrauen entgegenzubringen.»
Weitere Infos unter www.chaplinsworld.com