«Das ist der Engelskuss, der einen da trifft», sagt Lukas Bärfuss (47) als erste Reaktion auf die Ankündigung der Deutschen Akademie für Deutsche Sprache und Dichtung in Darmstadt (D), dass er den diesjährigen Georg-Büchner-Preis bekomme. Die mit 50000 Euro dotierte Ehrung ist die höchste Auszeichnung im deutschsprachigen Raum.
Seit 1923 in Darmstadt – dem Geburtsort von Georg Büchner (1813–1837) – jährlich verliehen, gehören grosse Namen wie die Literaturnobelpreis-Träger Günter Grass (1927–2015) und Heinrich Böll (1917–1985) zu den Preisträgern. Aus der Schweiz kamen bisher Max Frisch (1911–1991), Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) und Adolf Muschg (85) zu dieser Ehre.
Bärfuss gehört nun also zu diesem erlauchten Kreis. 1971 in Thun geboren, verliess er nach neun Jahren die Schule und arbeitete unter anderem als Tabakbauer, Eisenleger und Gärtner. Später führt ihn die Tätigkeit in einer kollektiv geführten Buchhandlung zur Schriftstellerei. Seit 1997 ist er freier Autor und lebt heute mit Frau, Tochter und Sohn in Zürich.
«Die Schweiz ist des Wahnsinns»
Zunächst sorgte Bärfuss mit Theaterarbeiten für Aufsehen. Er ist Mitbegründer der Theatertruppe 400asa, die an der Landesausstellung Expo.02 in Biel BE mit dem sogenannten «Affentheater» für Empörung sorgte.
Der Schriftsteller ist bekannt dafür, dass er sich immer mal wieder mit den Zuständen in der Schweiz auseinandersetzt, so als regelmässiger Autor im SonntagsBlick-Magazin. Hohe Wellen verursachte sein Essay «Die Schweiz ist des Wahnsinns» in der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» vom 15. Oktober 2015.
«Polititsches Krisenbewusstsein und die Fähigkeit zur Gesellschaftsanalyse am exemplarischen Einzelfall, psychologische Sensibilität und der Wille zur Wahrhaftigkeit» sind denn auch Punkte, die die Jury des Georg-Büchner-Preises in ihrer Begründung für die Verleihung an Bärfuss aufführt.
Bärfuss kann auch melancholisch klingen
In seinem neuesten Essay für das SonntagsBlick-Magazin vom 16. Juni beschäftigte sich Bärfuss mit dem Frauenstreik und verband darin die Hoffnung, dass es ihn nicht mehr brauche, mit der Aufforderung, dass nächstes Mal nicht nur die Frauen streiken sollten.
Doch der Berner Oberländer ist nicht nur ein «Polteri», er kann auch sanfte und melancholische Töne anklingen lassen. So hat er im Roman «Koala» von 2014 den Suizid seiner Bruders verarbeitet, der den Spitznamen Koala hatte. Für dieses Werk bekam Bärfuss noch im gleichen Jahr den Schweizer Buchpreis.
Den Georg-Büchner-Preis erhält Bärfuss am 2. November in Darmstadt. Man darf auf die Dankesrede des streitbaren Autors gespannt sein, denn vom kämpferischen Büchner, der 1837 im Zürcher Exil starb, gibt es den berühmtem Satz: «Friede den Hütten! Krieg den Palästen!» Eine Steilvorlage für den engagierten Schweizer.
Der Georg-Büchner-Preis gilt als renommierteste literarische Auszeichnung in Deutschland. Die Gewinnerinnen und Gewinner seit dem Jahr 2000:
- 2019 Lukas Bärfuss
- 2018 Terézia Mora
- 2017 Jan Wagner
- 2016 Marcel Beyer
- 2015 Rainald Goetz
- 2014 Jürgen Becker
- 2013 Sibylle Lewitscharoff
- 2012 Felicitas Hoppe
- 2011 Friedrich Christian Delius
- 2010 Reinhard Jirgl
- 2009 Walter Kappacher
- 2008 Josef Winkler
- 2007 Martin Mosebach
- 2006 Oskar Pastior
- 2005 Brigitte Kronauer
- 2004 Wilhelm Genazino
- 2003 Alexander Kluge
- 2002 Wolfgang Hilbig
- 2001 Friederike Mayröcker
- 2000 Volker Braun
Der Georg-Büchner-Preis gilt als renommierteste literarische Auszeichnung in Deutschland. Die Gewinnerinnen und Gewinner seit dem Jahr 2000:
- 2019 Lukas Bärfuss
- 2018 Terézia Mora
- 2017 Jan Wagner
- 2016 Marcel Beyer
- 2015 Rainald Goetz
- 2014 Jürgen Becker
- 2013 Sibylle Lewitscharoff
- 2012 Felicitas Hoppe
- 2011 Friedrich Christian Delius
- 2010 Reinhard Jirgl
- 2009 Walter Kappacher
- 2008 Josef Winkler
- 2007 Martin Mosebach
- 2006 Oskar Pastior
- 2005 Brigitte Kronauer
- 2004 Wilhelm Genazino
- 2003 Alexander Kluge
- 2002 Wolfgang Hilbig
- 2001 Friederike Mayröcker
- 2000 Volker Braun