Ein langer Holztisch mit zwölf Stühlen steht mitten im Wohnbereich der Esteriores. Doch nur ein Platz ist besetzt. Mit leerem Blick schaut Antonino zu seiner Frau Rosa (65), die in der offenen Küche steht und hin- und herhuscht. Sie ist mitten in den Vorbereitungen für den Abend. «Heute ist bei uns Tag der offenen Tür», erklärt sie. Ihr «Amore», mit dem sie seit 48 Jahren verheiratet ist, feiert seinen 70. Geburtstag. Doch nach einem Fest ist ihm nicht zumute. Sein ganzer Stolz, seine vier Söhne, werden wohl nicht dabei sein können. Kein Wunder, denn bei Piero (46), Mimmo (39), Gabriele (28), und Amedeo (26) geht es gerade richtig ab: Musiklabels, Veranstalter, Werbepartner – alle reissen sich um die Esteriore Brothers. Die Baselbieter begeistern seit einiger Zeit auf Social Media mit Neuinterpretationen von italienischen Klassikern wie «Sarà perché ti amo», «Mamma Maria» oder «C’è la Luna» und erreichen damit Aufrufe im dreistelligen Millionenbereich.
Plötzlich läutets an der Haustür. Der Blick des Rentners wandert zum Eingangsbereich. «Porca miseria!», schreit er ungläubig auf. Mit Gitarre, lautem «Tanti auguri»-Gesang und einer Torte betreten die vier Jungs ihr Elternhaus in Laufen BL. Ungläubig verwirft Antonino die Hände vor seinem Gesicht. Seine Augen werden feucht, und er schliesst seine Jungs einen nach dem anderen in die Arme. «Weshalb seid ihr nicht in Miami? Ich hätte niemals mit euch gerechnet. Ihr seid das schönste Geschenk, das ich mir je hätte ausmalen können», sagt der Sizilianer.
Auftritt für den Geburtstag ihres Vaters abgesagt
Mittlerweile ist der Tisch voll besetzt, und die vorgängige Ruhe weicht lauten italienischen Gesprächen und herzlichem Lachen. Dass die Familie heute vollzählig zusammensitzt, ist nicht selbstverständlich. Genau an seinem 60. Geburtstag erleidet das Familienoberhaupt einen Schlaganfall. Als wäre dies nicht genug, wird bei Piero und Gabriele zeitgleich Hodenkrebs entdeckt. «Das war eine Zeit, die uns massiv geprägt hat. Wir haben während Monaten in Angst gelebt. Wir sind unglaublich froh, dass alles ein gutes Ende genommen hat.» Diese Erfahrung habe sie noch enger zusammengeschweisst und Dankbarkeit gelehrt, so Piero. «Auch wenn wir beruflich ziemlich gefordert sind, haben wir den Auftritt in Miami für unseren Papà diskussionslos abgesagt.»
Der Fall schmerzt, der Erfolg heilt
Höhen und Tiefen kennt der Älteste der vier Brüder besonders gut. Der gelernte Coiffeur Piero Esteriore steht nämlich seit den Nullerjahren immer wieder im Rampenlicht. Bekannt geworden ist er durch seine Teilnahme in der SRF-Castingshow «Music Star». 2004 steht er für die Schweiz gar auf der grossen Bühne des Eurovision Song Contests und veröffentlicht dann sein Debütalbum, das in der Hitparade landet. Doch der Erfolg wird ihm nicht angerechnet. Weil ihn die Berichterstattung des Blicks ärgert, rammt der Musiker mit seinem Mercedes den Eingang des Ringier-Pressehauses in Zürich. Die Folge: «Ich wurde fast 20 Jahre boykottiert, hatte wenige Auftritte und kaum Radiopräsenz.» Piero Esteriore lässt sich nicht unterkriegen. Verzeiht und arbeitet auf. «Einfach war es nicht. Es hat eine langjährige Therapie gebraucht. Jetzt bin ich stärker denn je.»
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Doch ein Muster bleibt: Während in Kanada, in den USA und Asien TV-Beiträge und Zeitungsartikel über ihn und seine Brüder erscheinen, zeigt sich die Heimat noch zurückhaltend. «So tickt die Schweiz nun mal, es braucht hier immer etwas länger. Alles zu seiner Zeit», sagt Piero Esteriore nüchtern. Dies hält die Jungs aber nicht auf, Vollgas zu geben. So haben sie jüngst einen Plattenvertrag bei Universal Deutschland unterschrieben, veröffentlichen demnächst ihr zweites Album, «Viva Italia», und gehen damit auf Tour. Das erste Konzert findet im Mai in «Das Zelt» in Winterthur statt. «Wir sind froh, dass wir aus der Schweiz in die Welt starten können. Die Heimat bedeutet uns sehr viel», stellt Piero klar. Trotz Erfolg ist der grösste Zukunftswunsch der Brüder bescheiden: «Dass wir viele weitere Jahre an diesem Tisch als Familie zusammenkommen, uns austauschen und in Gesundheit leben.»
Die Esteriore Brothers machen mit ihren Hits zahlreiche Stopps in der Schweiz: 10. Mai in Winterthur, 25. Juni in Luzern, 7. Juli in Meilen, 25. August in Obergössgen, 4. Oktober in Wettingen und am 27. Dezember in Bern. Weitere Informationen sind auf www.esteriorebrothers.com zu finden.
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