Piero Esteriore kommt mit einer Packung Fasnachtsküchlein und Mandarinen zum Interview. Sein Bruder Gabriele begleitet ihn, Mimmo und Amedeo suchen noch einen Parkplatz. Die vier feiern gerade grosse Erfolge – in den sozialen Medien und auf den echten Bühnen.
Herren Esteriore, es gibt ein Video von Ihnen vom vergangenen Sommer, als Sie auf einer Gondola in Venedig «Sarà perché ti amo» singen. 2,5 Millionen Menschen haben es auf Tiktok gelikt. Wieso dieser Erfolg?
Piero Esteriore: Ich glaube, dass das mit unseren Zeiten zu tun hat. Es passiert so viel Trauriges, die Leute haben so viele Sorgen. Da hilft es, wenn vier Brüder gute Stimmung verbreiten.
Mimmo Esteriore: Die Leute wollen etwas Licht. Und das geben wir ihnen.
Amedeo Esteriore: Wir setzen auf diese Mischung aus Sommer und Italien. Und das funktioniert. Aber es funktioniert nur, weil harte Arbeit dahintersteckt.
Wie kam es zu diesem Video in Venedig?
Amedeo: Wir waren mit dem Camper unterwegs nach Kroatien für eine Show. In Venedig dachten wir, lass uns das versuchen. Danach fuhren wir weiter. In Kroatien luden wir das Video hoch – hatten aber keine Ahnung, wie es ankam, weil wir danach in Serbien waren und keinen Handy-Empfang hatten. Als wir das nächste Mal Netz bekamen: Boom! 800'000 Zugriffe. Seither haben wir nicht mehr aufgehört mit den Videos.
Wer macht diese Videos?
Piero: Die teuerste Social-Media-Firma der Welt: unser Cousin Moreno (lacht).
Die Videos haben Sie nach oben katapultiert: Sie treten in Deutschland in Sendungen wie der ARD-Show «Schlagerchampions» auf, spielen im italienischen TV zur besten Sendezeit und sind bei Universal Deutschland unter Vertrag.
Piero: Unsere Videos sind cool. Aber wir sehen uns in erster Linie als Musiker. Mitte Mai erscheint unser Album «Viva Italia» – mit Italo-Klassikern. Und wir werden bald auch eigene Songs spielen. Gabriele und ich sind auch Songwriter.
Sie waren das ganze 2023 unterwegs auf Tour. Was war das verrückteste Erlebnis des vergangenen Jahres?
Gabriele: Als wir in Australien spielten und uns die Leute erkannten …
Amedeo: Oder als wir durch Rom spazieren und die Leute uns wie eine mobile Sehenswürdigkeit behandelten (lacht).
Piero: Wir spielten Shows in Australien, in Dubai, in Amerika. Von diesen Orten träumten wir früher vielleicht für Ferien, nicht, um ernsthaft dort aufzutreten. Aber jetzt freuen wir uns enorm, bald in der Schweiz zu spielen, als Erstes in «Das Zelt».
Haben Sie Ihren Brüdern erzählt, wie es ist, berühmt zu sein?
Piero: Denen musste ich nichts erzählen. Die sind damit aufgewachsen, dass Journalisten, Fotografen bei uns zu Hause ein und aus gingen. Man vergisst manchmal, welches Phänomen «MusicStar» 2004 war. Da sassen 1,5 Millionen Zuschauer vor dem TV – von Alt bis Jung. Das war schon enorm.
Wie war das als kleiner Bruder?
Gabriele: Für mich war es geil. Es war aufregend, mein Bruder auf dieser grossen Bühne zu sehen.
Die Show feiert bald ihr 20-Jahr-Jubiläum. Treffen sich die MusicStars von damals heute noch?
Piero: Lustigerweise bin ich gerade in einen Gruppenchat eingeladen worden. Für mich wird es terminlich schwierig, aber ich habe mich sehr gefreut. Ich staune, dass es 20 Jahre dauerte.
In der Zwischenzeit hatten Sie keinen Kontakt mehr?
Piero: Ich habe vier «MusicStar»-Teilnehmer an den Eurovision Song Contest mitgenommen. Damit wollte ich etwas Gutes tun. Danach brach der Kontakt trotzdem ab – ich weiss ehrlich gesagt nicht genau, wieso.
Piero Esteriore (46) wurde 2004 durch seine Teilnahme in der ersten Staffel der SRF-Castingshow «MusicStar» bekannt. Mit seinen Brüdern Mimmo (39), Gabriele (28) und Amedeo (26) tritt er seit einigen Jahren als Esteriore Brothers auf. Die vier wuchsen in Aesch BL auf. Ihr Grossvater war von Sizilien ins Baselbiet ausgewandert.
Piero Esteriore (46) wurde 2004 durch seine Teilnahme in der ersten Staffel der SRF-Castingshow «MusicStar» bekannt. Mit seinen Brüdern Mimmo (39), Gabriele (28) und Amedeo (26) tritt er seit einigen Jahren als Esteriore Brothers auf. Die vier wuchsen in Aesch BL auf. Ihr Grossvater war von Sizilien ins Baselbiet ausgewandert.
Was ist der Hauptunterschied zwischen damals und heute?
Piero: Wie soll ich sagen? Früher brauchte ich das Fernsehen, heute braucht das Fernsehen uns. Früher war ich aufs Radio angewiesen, heute ist es umgekehrt. Durch Social Media hat sich das Machtverhältnis zwischen Künstlern und Medien gedreht.
Wie fühlt sich das an?
Piero: Nach mehr Kontrolle. Das fühlt sich gut an. Früher nahm ich alles an, sagte zu nichts Nein. Hauptsache Werbung. Es wurde irgendwann zu viel für mich.
Am 4. Oktober 2007 fuhren Sie mit dem Mercedes in den Empfang des Ringier-Sitzes, dem Verlag, der Blick herausgibt. Was denken Sie heute über diesen Vorfall?
Piero: Die Blick-App ist bei mir an erster Stelle, wenn Sie das interessiert (lacht). Ernsthaft: Ich schaue nicht verbittert in die Vergangenheit. Mein Verhältnis zum Blick war lange Zeit gut. Ich war damals ganz alleine unterwegs, ohne Plattenfirma, ohne Unterstützung durch die Radios, ohne Manager – und beim Blick war ich immer präsent. Darüber war ich froh. Aber als plötzlich nur noch negative Schlagzeilen kamen, hat mich das getroffen. Klar ist, mein Crash hat Schaden angerichtet. Sehr grossen Schaden.
Wie war das für Sie als Brüder?
Gabriele: Ich war damals noch sehr jung. Aber ich habe verstanden, dass etwas komplett schiefgelaufen ist. Wir bekamen Aktion zu spüren.
Inwiefern?
Amedeo: In der Schule verhielten sich Lehrer plötzlich anders, wir gerieten in ein schiefes Licht. Das verändert dich schon als Kind. Ich wollte in dieser Zeit alles, ausser negativ aufzufallen.
Mimmo: Ich war damals älter. Für mich war der Tag wie ein Erdbeben. Wir wussten anfangs gar nicht, wo Piero ist. 24 Stunden war er in Haft. Für unsere Eltern war das ein grosser Schock. Ich denke schon, dass sich dieses Ereignis bei uns in der Familie eingebrannt hat. Wir haben damals eine Wand um uns aufgebaut. Ich bin immer noch der in der Gruppe, der meine Brüder schützen will.
Gabriele: Wir halten zusammen. Einzelne Spaghetti kannst du brechen. Wir aber sind ein ganzes Bündel Spaghetti, die kannst du nicht brechen (lacht).
Ihre Karriere geriet danach ins Stocken.
Piero: Es ist hart, wenn überall Türen zugehen und sich kaum mehr eine öffnet. Ich wollte immer von Musik leben. Aber wir sind in der Schweiz – und irgendwie musst du auch überleben. Also arbeitete ich wieder als Coiffeur, im Salon meines Bruders Mimmo. Ein paar Jahre haben wir uns echt durchgeboxt. Aber mit der Musik habe ich nie aufgehört, ich tourte auch mit Gabalier durch Deutschland und Österreich. Und seit ich das erste Mal mit meinen Brüdern auftrat, wusste ich: Das wird was Grosses.
Ihr Grossvater wanderte in den 50er-Jahren von Sizilien ins Baselbiet aus. Heute feiern Sie weltweit Erfolge mit Italo-Hits. Was würde er sagen, wenn er Sie sehen könnte?
Piero: (Seufzt.) Meine Güte! Er hat wirklich immer an uns geglaubt.
Gabriele: Nonno tanzt im Himmel zu unserem Erfolg.
Die Esteriore Brothers gehen mit «Das Zelt» auf Tour. 10.5. Winterthur ZH; 25.6. Luzern; 7.7. Meilen ZH; 25.8. Obergösgen SO; 4.10. Wettingen AG; 27.12. Bern. Tickets online.