Die erfolgreiche Schweizer Filmemacherin Petra Volpe (52, «Die göttliche Ordnung») lebt in den USA, arbeitet aber gerne auch immer wieder in ihrer Heimat. Für die schweizerisch-deutsche-Co-Produktion «Die goldenen Jahre» mit Esther Gemsch (67) und Stefan Kurt (62), die am 23. September am Zurich Film Festival als Premiere läuft, hat sie das Drehbuch geschrieben.
Inspirieren liess sie sich dabei von ihrer eigenen Familie. «Die Pensionierung meiner Eltern hat meine Fantasie in Gang gesetzt», erzählt Volpe gegenüber Blick. «Mein Vater hat 40 Jahre in Fabriken und zuletzt bei der Müllabfuhr eines Spitals gearbeitet, meine Mutter fast gleich viele Jahre in Teilzeit als Sekretärin, daneben hatte sie noch den Vollzeitjob Mutter und Hausfrau. Beide haben sich sehr auf die Pensionierung gefreut. Gleichzeitig waren da auch Ängste. Was würde man mit all der gemeinsamen Zeit anfangen?»
Der Film changiert zwischen Drama und Komödie, Volpe nennt es eine «comédie humaine». «Ich wollte eine humorvolle, zärtliche, aber auch etwas melancholische Geschichte über ein Paar erzählen, das mit der Pensionierung nicht in den Hafen des Lebens einfährt, sondern nochmals aufs offene Meer hinaus segelt.» Während Alice (Esther Gemsch) herausfindet, dass ihre verstorbene beste Freundin Magalie seit 15 Jahren eine Affäre hatte, wird Peter (Stefan Kurt) zum Gesundheitsfanatiker. Als das Paar mit dem Witwer von Magalie auf eine Kreuzfahrt geht, läuft die Sache buchstäblich aus dem Ruder.
Petra Volpe
«Routine und zu viel Nähe sind Beziehungskiller»
Volpe, die mit ihrem Mann in New York (USA) wohnt, hat sich beim Schreiben auch Gedanken zu ihrer Zukunft gemacht. «Ich habe das Drehbuch zum grossen Teil während des Lockdowns geschrieben. In der Zeit konnte man bestens üben, wie das ist, wenn beide immer zu Hause sind. Das läuft nicht immer friedlich ab. Die Scheidungsrate unter Pensionierten ist eine der höchsten und während und nach Corona sind auch viele Beziehungen in die Brüche gegangen. Ich glaube, Routine und zu viel Nähe sind Beziehungskiller – egal, in welchem Alter.»
Im Titel «Die goldenen Jahre» schwingt auch Ironie mit. «In der Werbung wird das Pensionsalter oft ‹Die goldenen Jahre› genannt», sagt Volpe. «Es ist eine fabrizierte Fantasie und ein Wunsch, dass man nach einem langen Arbeitsleben, eine friedliche und erholsame Zeit vor sich hat. Aber man ist ja nicht plötzlich ein anderer Mensch. Ausserdem gibt es die traurige Statistik, dass in den ersten drei Monaten nach der Pensionierung viele Menschen sterben.»
Ins Schwärmen gerät Volpe über die Darsteller und Regisseurin Barbara Kulcsar (51): «Mit Stefan Kurt hatte ich schon ein paar Mal das Vergnügen zu arbeiten, er ist einer meiner liebsten Schauspieler, und ich hatte ihn schon beim Schreiben im Kopf. Esther Gemsch habe ich beim Casting kennengelernt und sofort gespürt, dass sie alles mitbringt, was es für die Rolle braucht: Humor, Zärtlichkeit, Timing, Melancholie. Die beiden sind ein sehr berührendes Paar und haben gemeinsam mit Barbara die Figuren zum Leben erweckt.»