Die beiden Zürcher «Tatort»-Kommissarinnen im persönlichen Doppel-Interview
«Carol ist wie meine kleine Schwester»

Anlässlich ihres dritten «Tatorts: Schattenkinder» verraten die Hauptdarstellerinnen Carol Schuler und Anna Pieri Zuercher, wie feministisch der Zürcher «Tatort» ist, wie sie mit schlechter Kritik umgehen und warum sie privat gerne zusammen um die Häuser ziehen.
Publiziert: 13.03.2022 um 15:58 Uhr
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Anna Pieri Zuercher (l.) und Carol Schuler verkörpern im «Tatort» das Kommissarinnen-Duo Isabelle Grandjean und Tessa Ott.
Foto: SRF/Sava Hlavacek
Interview: Patricia Broder

«Hast du mich vermisst?», fragt Carol Schuler (35), die die Zürcher «Tatort»-Kommissarin Tessa Ott spielt, und lächelt dabei in den aufgeklappten Laptop, der vor ihr auf dem Bartisch steht. «Und wie!», antwortet Anna Pieri Zuercher (43), die Otts Kollegin Isabelle Grandjean spielt. Die welsche Schauspielerin ist kurz vor dem Interviewtermin zum dritten Zürcher «Tatort: Schattenkinder», der heute Abend TV-Premiere feiert, an Corona erkrankt und nimmt deshalb per Videocall am Gespräch teil. «Mir geht es gut, ich habe nur milde Symptome», erklärt Zuercher und betont, dass sie ihren Job liebe und sich darum auch von Corona nicht davon abhalten lasse, über ihr neustes Werk zu sprechen.

SonntagsBlick: In der neuen «Tatort»-Folge sind noch mehr Frauen präsent als in den beiden vorherigen. Neben den zwei Kommissarinnen und der Staatsanwältin ist auch die Antagonistin eine Frau – die Männer spielen alle eine untergeordnete Rolle. Macht Zürich den «Tatort» feministisch?
Zuercher: Das wäre super! Das Schöne ist, auch unsere Regisseurin, die Drehbuchautorinnen und die Projektleiterinnen bei SRF sind Frauen.
Schuler: Ja, wir sind ein richtiges Frauenteam beim Zürcher «Tatort». Vor und hinter der Kamera. Ich wünsche mir, dass das irgendwann nichts Besonderes mehr ist.

In der neuen Folge fällt zudem auf, dass sich das Verhältnis Ihrer Figuren entwickelt. Die Spannung legt sich langsam. Werden Greandjean und Ott nun Freundinnen?
Schuler: Ja, sie öffnen sich und das Vertrauen wächst. Es wurde ja immer von Zickenkrieg berichtet, was man bei zwei Männern übrigens nie machen würde, dabei sind das bloss zwei Frauen, die sich nicht sofort mit jeder und jedem anfreunden – ich bin privat genau so.
Zuercher: Ich glaube, beide sind sozial scheu, haben Schwierigkeiten mit sich selber und deshalb auch Schwierigkeiten miteinander. Umso schöner ist es, zu sehen, wie tief sich ihre Beziehung entwickelt.

Manche kritisierten, dass ausländische Zuschauer die Mentalitätsunterschiede der Kommissarin vom Züriberg und der Kommissarin aus der Romandie gar nicht verstehen würden. Wie sehen Sie das?
Schuler: Dann lernen sie diesen Unterschied halt kennen. Die Schweiz ist viersprachig und die Menschen verstehen sich manchmal nicht. Ich finde es toll, dass der «Tatort» das abbildet.
Zuercher: Es tut auch uns Schweizern gut, diese Annäherung einer Welschen und einer Deutschschweizerin zu sehen. Am Ende können wir viel voneinander lernen.

Anders als im «Tatort» sind Sie im echten Leben ja bereits enge Freundinnen.
Schuler: Das sind wir. Wir verstehen uns privat zum Glück viel besser als auf dem TV-Bildschirm (lacht). Dort haben wir mehr Probleme.
Zuercher: Ich habe das Gefühl, Carol schon immer zu kennen. Sie ist wie meine kleine Schwester.

Auch als Sängerin bekannt

Die Winterthurerin Carol Schuler (35) spielte mit zwölf im ersten Film mit. Die erste Hauptrolle hatte sie in «Lieber Brad» (2001), wofür sie prompt mit dem Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Zu ihren bekanntesten Filmen gehört «Seitentriebe» (2018), sie war aber auch schon in der US-Serie «Homeland» zu sehen. Schuler lebt heute in Berlin und tritt regelmässig als Sängerin auf.

Die Winterthurerin Carol Schuler (35) spielte mit zwölf im ersten Film mit. Die erste Hauptrolle hatte sie in «Lieber Brad» (2001), wofür sie prompt mit dem Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. Zu ihren bekanntesten Filmen gehört «Seitentriebe» (2018), sie war aber auch schon in der US-Serie «Homeland» zu sehen. Schuler lebt heute in Berlin und tritt regelmässig als Sängerin auf.

Sie sollen auch gerne gemeinsam die Bars unsicher machen, stimmt das?
Zuercher: Das stimmt, und ich bin dann tatsächlich die grosse Schwester und gehe immer früher ins Bett (lacht).
Schuler: Anna versucht dann jeweils, auf mich aufzupassen und sagt: «Geh nach Hause, Carol! Mach nicht mehr so lange. Ruf mich an, wenn du daheim bist (beide lachen)

Sie haben beide eine erfolgreiche individuelle Schauspielkarriere. Wie wichtig ist das «Tatort»-Engagement für Sie überhaupt?
Schuler: Es ist sehr schön, als Schauspielerin ein festes Engagement zu haben. Das gibt einem Sicherheit und schweisst einen zudem mit den Leuten am Set zusammen.
Zuercher: Genau, das kennt man sonst nur vom Theater.

Der zweite Zürcher «Tatort» hatte eher schlechte Kritiken – wie gehen Sie mit negativem Feedback um?
Schuler: Wir versuchen, das nicht zu persönlich zu nehmen. Natürlich freut man sich, wenn die Leute die Folge toll finden, aber manchmal gefällt sie eben auch nicht. Gerade beim «Tatort» hat jeder seine eigene Meinung.
Zuercher: So ist es. Wir konzentrieren uns darauf, am Set unser Bestes zu geben. Jeden zufriedenzustellen, schafft man sowieso nicht.

Vom Theater zum Film

Anna Pieri Zuercher (43) absolvierte in Bern ein Klavierstudium, bevor sie begann, sich der Schauspielerei zu widmen. Ab 2005 stand sie an Theatern in Paris und Genf auf der Bühne. 2019 gewann sie bei den Solothurner Filmtagen den Fernsehfilmpreis als beste Hauptdarstellerin in der Serie «Doppelleben». Im selben Jahr wurde Zuercher gemeinsam mit Carol Schuler als Kommissarin der Krimireihe «Tatort» verpflichtet. Sie ist seit 2016 mit Kameramann Pietro Zuercher (46) verheiratet.

Anna Pieri Zuercher (43) absolvierte in Bern ein Klavierstudium, bevor sie begann, sich der Schauspielerei zu widmen. Ab 2005 stand sie an Theatern in Paris und Genf auf der Bühne. 2019 gewann sie bei den Solothurner Filmtagen den Fernsehfilmpreis als beste Hauptdarstellerin in der Serie «Doppelleben». Im selben Jahr wurde Zuercher gemeinsam mit Carol Schuler als Kommissarin der Krimireihe «Tatort» verpflichtet. Sie ist seit 2016 mit Kameramann Pietro Zuercher (46) verheiratet.

Der neue «Tatort» spielt in der Zürcher Kunstszene. Wie steht es um Ihr eigenes Kunstverständnis?
Zuercher: In meiner Familie sind alle Künstler. Meine Mutter ist Malerin, und meine Schwester malt und designt Schmuck. Ich bin mit Museumsbesuchen und Ausstellungen aufgewachsen.
Schuler: Ich auch. Mein Vater, der viel gemalt hat, hat mich oft an die Kunstbiennale in Venedig mitgenommen. Und natürlich war und ist die Musik ein wichtiger Teil meines Lebens.

In «Schattenkinder» singen Sie auch und präsentieren vielen Zuschauern damit zum ersten Mal Ihre beeindruckende Gesangsstimme. Wie kam es dazu?
Schuler: Unsere Regisseurin hat mitbekommen, dass ich auch Sängerin bin. Schliesslich bat sie mich, für eine bestimmte Szene einen Song zu schreiben und ihn zu singen. Sie dachte, das wäre die perfekte Gelegenheit für Tessa, mit ihrer Gesangsstimme eine Verdächtige um den Finger zu wickeln.

Sie haben es gerade angesprochen: Ihre Figur Tessa kommt einer verdächtigen Frau romantisch näher. Was bedeutet das für die Zukunft der beiden Kommissarinnen – werden Greandjean und Ott womöglich irgendwann ein Liebespaar?
Schuler: Das glaube ich nicht.
Zuercher: Obwohl, es wäre bestimmt lustig, wenn Isabelle einen erotischen Traum von Tessa hätte und ihn dann den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf bringt. Das würde der Beziehung der beiden eine ganz neue Dimension geben.

Der dritte Zürcher «Tatort: Schattenkinder», heute Sonntag 13. März, 20.05 Uhr, SRF 1

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