Die neuen Corona-Regeln treffen auch die Schweizer Kulturbranche hart – exemplarisch dafür steht der National-Circus Knie. Erst im September hatte der Familienbetrieb mit einem grossen Schutzkonzept fünfeinhalb Monate verspätet in Bern Premiere gefeiert. Nun muss er seine Zelte wieder abbrechen.
Knie-Sprecherin Catherine Bloch dazu in einem Statement: «Künstler und Mitarbeiter sind von der Situation sehr betroffen.» Der Zirkus-Lockdown bedeutet enorme finanzielle Einbussen. 250 Artisten und andere Angestellte arbeiten im Knie, geplant waren bis Ende Jahr in der verkürzten Saison 132 Vorstellungen in neun Städten. Nur gerade 65 konnten inklusive der Derniere gestern Abend in Zürich gezeigt werden.
«Eine Katastrophe und auch eine Enttäuschung»
Die Schweizer Hitband Pegasus hätte am 28. November die Konzertsaison im Zürcher Hallenstadion eingeläutet. Das Konzert muss nun verschoben werden. Oliver Rosa (47), Managing Partner der Gadget Abc Entertainment Group AG, sagt: «Der Entscheid des Bundesrats schafft zumindest vorerst Klarheit. Die Austragung macht nur dann Sinn, wenn die Bedingungen für alle Seiten stimmen. Die Gesundheit aller Beteiligten geht in jedem Fall vor. Doch das faktische Berufsverbot bleibt nun noch länger bestehen.»
Hallenstadion-CEO Philipp Musshafen (46), der auch durch die ZSC-Heimspiele noch breiter betroffen ist, sagt: «Das ist für uns eine Katastrophe. Erst vor einem Monat haben wir die erarbeiteten Schutzkonzepte eingereicht. Dafür haben wir teilweise die Kurzarbeit aufgehoben und hohen finanziellen Aufwand betrieben. Jetzt müssen wir alles wieder runterfahren und haben keinerlei Planungssicherheit. Wenn das noch lange andauert, wird das existenzbedrohend.»
«Die wenigsten Ansteckungen passieren im Theater»
Dieser Meinung schliesst sich auch Theater-Publikumsliebling Walter Andreas Müller (70) an: «Das ist eine Katastrophe für die Kulturbranche. Wir können nur beten, dass sich die Situation bis Anfang Jahr verbessert, wenn ich den Papst hoffentlich wieder spiele.» Müller ist zurzeit mit dem Stück «Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde» unterwegs.
«Die wenigsten Ansteckungen passierten im Theater, das ist ein Fakt», sagt Schauspielerin Hanna Scheuring (55), Leiterin des Bernhard Theater. «Wir werden die kommenden Vorstellungen absagen müssen, da wir mit nur 50 Gästen finanziell nicht mehr in der Lage wären, unsere Produktionen zu stemmen. Wir proben aber weiter – natürlich mit Maske und Abstand – und hoffen noch immer, dass wir am 27. November die Premiere unserer Uraufführung des Stücks ‹ÖV› von Franz Hohler spielen können.»
Die Tonhalle Maag in Zürich bis auf weiteres zu schliessen, sei nicht nur finanziell hart, sondern auch «emotional herausfordernd», sagt Intendantin Ilona Schmiel: «Die Ungewissheit zehrt. Wir verstehen uns aber auch als einen wichtigen Teil der Gesellschaft und setzen alles daran, dass sich die Zeiten für alle verbessern, auch wenn sie für uns im Moment das Gegenteil bedeuten.»