Cedric Schild und Viktor Giacobbo interviewen sich gleich selbst
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Comedy im Doppelpack:Cedric Schild und Viktor Giacobbo interviewen sich gleich selbst

Cedric Schild und Viktor Giacobbo im grossen Interview
«Comedy muss immer auch ein bisschen wehtun»

Gipfeltreffen der Comedians: Cedric Schild und Viktor Giacobbo sprechen über Humor in Zeiten der Cancel-Culture, das Frauenproblem bei der SRF-Comedy-Abteilung und wie es zu ihrer generationenübergreifenden Zusammenarbeit kam.
Publiziert: 24.09.2023 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2023 um 10:44 Uhr
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Machen gemeinsame Sache: Die beiden Comedians Cedric Schild (r.) und Viktor Giacobbo.
Foto: Stefan Bohrer
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Patricia BroderRedaktorin People

«Kürzlich sind wir die Langstrasse entlangspaziert und haben den Wettbewerb gemacht, wer eher ihn kennt und wer eher mich», sagt Viktor Giacobbo (70), worauf Cedric Schild (31) ergänzt: «Boomer gegen Gen Z sozusagen. Ab 30 beginnt es, sich zu teilen. Die Edeldirnen kennen dann eher Giacobbo.» «Edeldirnen? Benutzt man dieses Wort überhaupt noch?», entgegnet Giacobbo amüsiert. Beide lachen. «Spass beiseite. Viktor hat den Bekanntheitswettbewerb gewonnen», erklärt Schild. «Er macht das ja auch schon seit bald 100 Jahren.»

Kein Zweifel: Der Social-Media-Star und «Izzy»-Moderator Cedric «Cedi» Schild und Komiker-Legende Viktor Giacobbo sind ein eingespieltes Team, das es liebt, sich gegenseitig zu necken. Wir treffen die beiden im Casinotheater in Winterthur ZH zum Doppelinterview. Hier wird Schild, der auf Instagram über 106'000 Follower hat, im Frühling unter der Regie von Giacobbo seine erste Solo-Tour «I de Videos bini lustiger» eröffnen.

Blick: Cedric Schild, Sie sind ein Video- und Social-Media-Star. Warum zieht es Sie neuerdings auf die analoge Bühne?
Cedric Schild:
Ich mache seit fünf Jahren Videos für «Izzy», was mir immer noch grossen Spass macht. Trotzdem will ich meine Komfortzone auch immer mal wieder verlassen und was anderes machen. Der Gedanke einer Bühnenshow schwirrte zudem schon länger in meinem Kopf herum. Als auch mein Umfeld anfing, mich dazu zu ermutigen, dachte ich: «Jetzt oder nie.»

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Viktor Giacobbo?
Schild:
Ich habe Viktor 2018 an den Swiss Comedy Awards kennengelernt. Wir haben an diesem Abend das erste Cüpli zusammen getrunken …
Viktor Giacobbo: … und ich habe ihn direkt adoptiert. Ich fand Cedi nicht nur als Mensch spannend, sondern auch als Künstler. Was er macht, ist in der Schweiz einzigartig. Er ist Komiker und auch Journalist. Diese Kombination von harten Fakten und gleichzeitig Spass mit selbst kreierten Figuren, gefällt mir. Bei ihm hatte ich sofort das Gefühl, er ist mit seinem Improvisationstalent schon längst bereit für eine Bühnenshow.

Cedric Schild, Ihre Videos sind oft ein Zusammenschnitt tagelanger Recherchearbeit und Guerilla-Aktivismus. Wie adaptieren Sie das für eine Live-Show?
Schild: In erster Linie bringe ich alle Charaktere, die ich in den letzten Jahren etabliert habe, auf die Bühne, wie Major Schild, der beim Militär angerufen hat, oder Herr Äbersold mit dem Hörgerät. Diese Figuren können auch live einen Telefonhörer in die Hand nehmen und jemanden anrufen. Dazu kommen journalistische Beiträge, Interaktion mit dem Publikum, und ich erzähle aus meinem privaten Leben. Natürlich ist das alles eine komplett andere Ausgangslage als bei den Social-Media-Videos, die man immer und überall anschauen kann. Das macht mir schon Angst.
Giacobbo: Dabei sind seine ersten Vorstellungen im Frühling bereits ausverkauft! Aber das ist das Tolle an Cedi: Trotz seiner vielen Follower geht er mit Bescheidenheit und professionellem Respekt an seine erste Live-Show.

«Izzy»-Aushängeschild

Cedric Schild (31) studierte an der Journalistenschule MAZ in Luzern und machte dort sein Diplom. Nach Erfahrungen als Radiomoderator beim Zürcher Radiosender 105 arbeitet er seit 2017 für das Social-Media-Magazin «Izzy». Mit seinen Guerilla-Aktionen legte er als «Supercedi» schon einige rein, darunter das Militär, das SRF oder auch dubiose Tierflüsterer. 2018 gewann Schild einen Swiss Comedy Award.

Cedric Schild (31) studierte an der Journalistenschule MAZ in Luzern und machte dort sein Diplom. Nach Erfahrungen als Radiomoderator beim Zürcher Radiosender 105 arbeitet er seit 2017 für das Social-Media-Magazin «Izzy». Mit seinen Guerilla-Aktionen legte er als «Supercedi» schon einige rein, darunter das Militär, das SRF oder auch dubiose Tierflüsterer. 2018 gewann Schild einen Swiss Comedy Award.

Ältere Sendungen des Komikers Otto, die heute als diskriminierend betrachtet werden könnten, haben kürzlich in Deutschland einen Warnhinweis bekommen. Wo ziehen Sie in Zeiten von Cancel-Culture die Grenze bei Ihren Witzen?
Schild: Ich mache jetzt nicht eins auf Marco Rima und male mich schwarz an auf der Bühne. Aber ich glaube, Comedy muss auch immer ein bisschen wehtun, damit sie lustig ist. Dieses Credo verfolge ich seit fünf Jahren auch in meinen Videos. Ich glaube, es ist wichtig, den Grossen und Mächtigen auf die Füsse zu treten und ihnen auch mal ans Bein zu pissen. Witze müssen anecken und frech sein.
Giacobbo: Comedy ist auch immer zeitabhängig. Auch bei mir gibt es rückblickend Nummern oder Sprüche, die ich heute nicht mehr so machen würde. Damals war das vielleicht lustig, und heute wirkt es abgestanden. Als Komiker ist man ein Leben lang ein Kindskopf, der in einem Moment auch mal etwas sagt, was er dann gerade lustig findet und im Nachhinein nicht mehr. So funktioniert Comedy.

Was macht eine gute Pointe aus?
Schild: Das weiss ich nicht, ich hab noch nie eine gemacht.
Giacobbo: Eine Pointe ist gut, wenn sie lustig ist. Dabei ist natürlich die Frage: Für wen? Wann? Und wie lustig? Am Ende muss Comedy allen Spass machen: Denen, die es machen, und denen, die es konsumieren – und verstehen.

Wie beeinflussen die 40 Jahre Altersunterschied Ihre Freundschaft und Zusammenarbeit?
Giacobbo:
Ich habe einige Freunde und Freundinnen, die sehr jung sind. Ich glaube, man wird dann alt, wenn man nur noch mit der gleichen Altersgruppe Zeit verbringt.
Schild: Ich bin immer wieder von Giacobbos unglaublichem Know-how beeindruckt. Er weiss einfach, wie ein Gag funktioniert. Das Lustige ist ja: Ich hatte mich vor etwa zehn Jahren mal beworben für eine Sendung bei Giacobbo/Müller. Ich habe eine fünfminütige Nummer gezeigt, und die Verantwortlichen meinten dann: «Nein, das können wir nicht brauchen.»
Giacobbo: Dann bist du aber bei den falschen Leuten gelandet. Meine Produzenten hätten gesagt: «Den müssen wir nehmen!» Doch heute ist das anders. Heute werden nur noch wenige entdeckt und erhalten eine Chance – vor allem
keine Frauen.

Der Kult-Komiker

Seine Comedy-Sendungen «Viktors Programm» und «Viktors Spätprogramm», die von SRF 1990 bis 2002 ausgestrahlt wurden, machten den Winterthurer Viktor Giacobbo (70) zum bekanntesten Komiker der Schweiz. 2008 bis 2016 führte der gelernte Schriftsetzer und Verlagslektor mit Mike Müller (59) durch die SRF-Politsatire-Show «Giacobbo/Müller».

Seine Comedy-Sendungen «Viktors Programm» und «Viktors Spätprogramm», die von SRF 1990 bis 2002 ausgestrahlt wurden, machten den Winterthurer Viktor Giacobbo (70) zum bekanntesten Komiker der Schweiz. 2008 bis 2016 führte der gelernte Schriftsetzer und Verlagslektor mit Mike Müller (59) durch die SRF-Politsatire-Show «Giacobbo/Müller».

Sie sprechen den Eklat um die männliche Nachfolge von «Deville» an. Dem SRF wurde von den weiblichen Comedians um Patti Basler struktureller Sexismus in der Comedy-Abteilung vorgeworfen – zu Recht?
Giacobbo: Natürlich ist es eine Schnapsidee, drei Probesendungen zu machen und diese nur drei Männern zu geben. Auf der anderen Seite wird das Moderieren und Produzieren einer Late-Night-Sendung von Frauen wie Männern unterschätzt. Aber man könnte erwarten, dass das SRF innovativ eine Sendung auf jemanden zuschneidet. Zum Beispiel auf Frölein Da Capo. Eine tolle Sängerin und unglaublich talentierte Zeichnerin, die auch live auf der Bühne zeichnet. Das hätte Potenzial für eine komplett neuartige Unterhaltungssendung.

Apropos Potenzial für gute Unterhaltung: Gibt es bald eine Giacobbo/Schild-Show?
Giacobbo: Das Thema Late-Night-Show ist für mich schon lange vorbei, aber mit Cedi würde ich das unter Umständen noch machen. Vielleicht bin ich bis dahin aber auch schon senil, und er macht sich nur noch lustig über mich auf der Bühne und führt mich vor. Damit hat er übrigens bereits angefangen.
Schild: Nein, das stimmt gar nicht (lacht). Ich nehme dich immer ernst.
Giacobbo: Das Gemeinsame bei uns beiden ist ja: Obwohl wir zwei völlig verschiedene Generationen sind, finden wir dasselbe lustig und haben auch neben der Bühne Spass zusammen. Was zeigt: Humor funktioniert über alle Altersgrenzen hinweg.

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