Büne Huber über seine Liebe zur irischen Designerin Eileen Gray
«De Le Corbusier ische Dräckssiech gsi!»

In «Eileen Gray» besingt ein grosser Künstler eine grosse Künstlerin. Patent-Ochsner-Frontmann Büne Huber erklärt im Interview mit Blick seine Faszination für die irische Designerin – neu entfacht durch einen aktuellen Kinofilm.
Publiziert: 30.11.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2024 um 12:37 Uhr
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Der Berner Mundart-Barde Büne Huber ist ein grosser Fan der irischen Designerin Eileen Gray.
Foto: Thomas Meier

Auf einen Blick

  • Büne Huber spricht über seine Faszination für Designerin Eileen Gray
  • Huber kritisiert Le Corbusier als «Dräckssiech» und Opportunisten
  • Dokumentarfilm «Kosmos Büne Huber» erscheint nächste Woche
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Laszlo SchneiderTeamlead People-Desk

«Bleich schynt Sunne über Roquebrune. Quäcksilber d Farb vom Mittumeer» beginnen Patent Ochsner und ihr lyrische Dreh- und Angelpunkt Büne Huber (62) den Song «Eileen Gray», eine Hommage an die irische Designerin und Architektin (1878–1976) und ihr epochales Haus in Südfrankreich. Welch' Widerspruch an diesem späten Donnerstagnachmittag, an dem der Ort an der Côte d'Azur nicht weiter weg vom verschneiten Solothurn liegen könnte, wo Huber um kurz nach 16 Uhr eintreffen soll.

Zwei Stunden und ein Verkehrschaos später sitzen wir im Backstage vom Kofmehl – nicht minder romantisch. Huber spricht mit Blick über seine Liebe zur Künstlerin, deren Haus das Regie-Duo Beatrice Minger (44) und Christoph Schaub (66) mit «E.1027» ein filmisches Denkmal gesetzt haben – über seine Erbauerin könnte Huber stundenlang philosophieren. Und sich über Eileen Grays lebenslangen Antagonisten Le Corbusier (1887–1965) genauso ausgiebig aufregen. 

Blick: Büne Huber, der Autor Bänz Friedli hat sie in einer Laudatio mal als «Siebesiech» betitelt. Wäre Eileen Gray in Ihren Augen also eine «Siebesiechin?»
Büne Huber: Eher eine Achtsiechin! In dieser Frau hat eine so grosse Welt geschlummert. Da ist wirklich das Genie sichtbar! Was Eileen Gray gemacht hat, ging über ihre Zeit hinaus, ihr Denken hat den Rahmen gesprengt – und nie in irgendwelchen Gärtchen stattgefunden.

Woher rührt diese Faszination?
Ich habe mich immer sehr für Architektur interessiert, habe viele Bücher gelesen. Und irgendwann bin ich bei Eileen Gray gelandet, vor allem bei ihrem Haus «E.1027». Ich wusste: Ich will nie irgendwo anders leben als genau dort. Dieser Ort, diese Bucht, diese Schönheit!

«I gseh di nid, i ghöre überall di Schnuuf. [...] Mach mir uuf u la mi zu dir ine. Das mau isch's für immer, Eileen Gray», singen Sie. Das klingt ja fast verliebt!
Ich war von ihrer ganzen Geschichte fast krankhaft angezogen. Man muss sich vorstellen: In den 1920er-Jahren gab es für Frauen keine Lehrstellen in Bereichen wie Design oder Architektur – Eileen Gray hat sich all das innert kürzester Zeit selbst beigebracht. Allein das hat mich schon fasziniert. Dann war ich zum ersten Mal in Roquebrune, habe meine Nase an die Fensterscheibe gepresst und konnte tatsächlich ihre Anwesenheit spüren. Jetzt denken sicher alle ‹der Huber hat eine Vollmeise!› – aber ich habe mich tatsächlich in diese Frau verliebt. 

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Der Film «E.1027» ist auch eine Liebesgeschichte, das gleichnamige Haus baut Gray mit ihrem Partner, dem Architekten Jean Badovici (1893–1956). Die Beziehung zerbricht – auch ein gewisser Le Corbusier spielt eine entscheidende Rolle ...
... der hat sich nämlich – wie ich – in Eileen Gray und dieses Wahnsinnshaus verliebt. Während ihrer Abwesenheit erlaubte Badovici Le Corbusier, weisse Wände mit seinen Malereien zu übersäen. Der hat das Haus wie ein Hund markiert, mit seiner Selbstüberschätzung. Das ist ja auch der Fokus des Films: ein Mann okkupiert etwas, das eine Frau erschaffen hat – und niemand widerspricht ihm.

Man ist ja bis vor kurzem davon ausgegangen, dass E.1027 ein Corbusier-Haus ist – auch weil Eileen Gray nachher nichts mehr damit zu tun haben wollte.
Ich habe mich sehr mit ihm befasst – er war nicht nur eine dubiose Gestalt, de Le Corbusier ische Dräckssiech gsi, sehr auf seine Karriere bezogen. Er soll ja im Zweiten Weltkrieg auch mit der Vichy-Regierung (die mit den Nationalsozialisten kollaborierte, Anm. d. Red.) kooperiert haben. Ein richtiger Opportunist. 

Stimmt es, dass sie ihrem Missmut gegenüber Le Corbusier auch im Song Ausdruck verleihen? Dort heisst es «Keep your big mouth shut!» (Dt.: «Halt dein grosses Maul!»)
(lacht) Ja, natürlich! Das ist der Moment im Song, in dem ich Eileen Gray sprechen lasse – ist aber natürlich eine sehr grosse künstlerische Freiheit.

Was hat Büne Huber mit Eileen Gray gemeinsam?
Ich würde mir sehr viel anmassen, wenn ich behaupten würde, etwas mit ihr gemeinsam zu haben. Sie war eine sehr, sehr weit denkende Frau. Da komme ich niemals hin. 

Aber vielleicht haben Sie etwas von ihr gelernt?
Eventuell, nicht opportunistisch zu sein. Und dass sie Dingen, die sie angezogen haben, immer auf den Grund gegangen ist. Und ich fühle mich als Typ, der so viel weniger Talent als Eileen Gray hat, ebenso wohl, wenn ich mich etwas hingeben kann, ohne direkt danach zu suchen. Ich habe den Eindruck, dass sie das auch hatte. 

Was würde Eileen Gray wohl zu diesem Film sagen?
Sie war ja immer sehr bescheiden – aber ganz egal wäre es ihr wohl auch nicht. Sie war ja dann später schon froh, eine gewisse Sichtbarkeit gehabt zu haben. Als man ihre Möbel im grossen Stil produziert hat.

Mir ist noch etwas eingefallen, das Sie mit Eileen Gray gemeinsam haben – über beide gibt es Dokumentarfilme. «Kosmos Büne Huber» von Regisseur Matthias Lüscher erscheint am 13. Dezember.
Ich habe noch nie eine Kamera so nah an mich herangelassen. Wir haben einfach drauflos gedreht – ihn hat vor allem die Verbindung zwischen Malerei, Musik und Text gereizt. Es gab nur das Tabu der Kinder – ausser meiner ältesten Tochter kommen sie nicht vor. Sowieso hat mir Matthias Lüscher ein Vetorecht zugesprochen – aber natürlich nicht, wenn ich in einer Szene scheisse aussehe oder der Hut nicht sitzt (lacht). Es gibt eine Szene, die mir wirklich peinlich ist – aber eben kein Tabu. 

«E.1027» läuft seit dieser Woche in den Deutschschweizer Kinos.


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