Am Mittwoch gelangten erste Ausschnitte aus dem neuen Buch von Schauspielerin Marie Theres Relin (57) an die Öffentlichkeit. Sie wirft ihrem Onkel Maximilian Schell (1930–2014) Missbrauch vor. «Ich wurde als Vierzehnjährige von meinem Onkel sexuell missbraucht, verführt, entjungfert – ohne Gewalt, aber gegen meinen Willen», schrieb sie. Jetzt, einen Tag später, erzählt sie in einem Interview mit dem deutschen Magazin «Bunte» über weitere Details ihrer Kindheit.
So musste Relin im Alter von drei Jahren als Aktmodell für ihren berühmten Onkel herhalten. Er sei immer wieder zu Besuch gekommen, ihre Mutter Maria Schell (1926–2005) habe den Onkel ins Badezimmer geschickt, wenn sie, Relin, in der Wanne lag. Schell habe dann seine Hand ins Wasser gleiten lassen und sie berührt, während er ihr Geschichten vorlas.
«Ich schlich ins Bad und versuchte, die Scham abzuwaschen»
Relin bewunderte ihren Onkel in jungen Jahren, verbrachte viel Zeit bei ihm, schätzte die künstlerische Atmosphäre. Schell, der im Buch nie namentlich erwähnt wird, hatte eine Faible für jüngere Frauen. So inszenierte er sich in der Öffentlichkeit gerne als Womanizer, prahlte damit, Frauen zu erobern. «Es ging ihm ums Erlegen, viele Bambis in seinem Bett. Je jünger, desto besser», schreibt Relin im Buch.
Jahre später, als Relin wie so oft bei ihrem Onkel übernachtete, soll Schell seine Nichte zu ihrem ersten Geschlechtsverkehr gezwungen haben. «Seine Zärtlichkeiten waren ekelhaft. Meine Angst verstand er als meine Erregung. Der schwere alte Mann legte sich auf meinen blutjungen Körper. Ich wusste nicht, wie mir geschieht. Ich wehrte mich nicht, ich war wie tot. Schockstarre. Der Akt war kurz», berichtet die österreichisch-schweizerische Autorin über die Tatnacht.
«Ich ekelte mich vor seinen Körpersäften. Die Mischung aus Sperma, Schweiss und Fenjala, seine unverkennbare Duftnote, war widerlich. Ich schlich ins Bad und versuchte, mich zu waschen. Die Scham abzuwaschen», schreibt sie über die Nacht des Missbrauchs.
«Als der Täter 2014 starb, habe ich die ganze Nacht wild getanzt»
Über die Scham, die Relin fühlte, konnte die 57-Jährige damals mit niemandem sprechen: «Meine Mutter hätte mir nie geglaubt. Sie hätte sich vehement gewehrt, wenn jemand mit spitzen Fingern ein Schmutztuch über der Familie ausbreiten wollte. Ich schämte mich.» Auch ihrem mittlerweile Ex-Ehemann Franz Xaver Kroetz (77), mit dem sie das Buch schrieb, vertraute sie sich lange nicht an: «Franz hätte wahrscheinlich meinen Onkel gelyncht, wenn er es gewusst hätte. Meine Kinder haben es auch nie erfahren.»
Dass sie selbst nie darüber sprach, bereut sie, bezeichnet es als «Fehler meines Lebens». Erst lange Zeit nach dem Tod ihres Onkels suchte sie Hilfe bei einem Therapeuten. Nun will sie mit ihrer Geschichte anderen helfen. «Es geht mir nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen. Es geht mir darum, auf den Missbrauch in vielen Familien aufmerksam zu machen, der millionenfach stattfindet. Die Familie ist der gefährlichste Ort für ein Kind, nicht der böse Fremde». Dass sie den Missbrauch von damals mittlerweile verarbeiten kann, sei eine Befreiung. So wie bereits der Tod von Maximilian Schell eine war: «Als der Täter 2014 starb, habe ich die ganze Nacht wild getanzt. Es war eine Erleichterung.» (hon)