Heute Freitag beginnt nach elf Jahren Bühnenabstinenz in der Mühle Hunziken in Rubigen BE die «Zuegab»-Tour der Berner Mundartrockband Plüsch. Frontmann und Leadsänger Andreas «Ritschi» Ritschard (45) spricht explizit nicht von einem «Comeback». «Wie es sich für eine Zugabe gehört, bringen wir nicht neue Songs, sondern jene, auf die die Leute am meisten gewartet haben. Und da gibt es bei uns doch den einen oder anderen», spielt «Ritschi» auf ihre grossen Hits wie «Heimweh», «Irgendeinisch» oder «Häbs guet» an. Pläne für eine Revival-Tour habe es schon früher immer wieder gegeben. Beim 20-Jahr-Jubiläum ihres Debütalbums hätten sie dann entschieden, nun endlich ein gemeinsames Zeitfenster zu finden.
Plüsch begründeten kurz vor der Jahrtausendwende zusammen mit Florian Ast (48), Marc Trauffer (44) und Gölä (55), bei dem sie im Vorprogramm auftraten, die dritte Berner Mundartrock-Generation. 1997 in Interlaken BE formiert, hielt sich ihr erstes Album «Plüsch» von 2002 insgesamt 118 Wochen in den Charts und holte Dreifach-Platin. Mit einer Coverversion von «Teddybär» verneigte sich das Quintett auch vor seinen Vorbildern Polo Hofer (1945–2017) und Hanery Amman (1952–2017) aus der ersten Generation.
Skepsis im Vorfeld
Abseits des kommerziellen Erfolges bemängelten Experten jedoch oft fehlenden Tiefgang, taxierten die Songs der fünf Schulfreunde als zu profillos und sprachen von «Kuschelrock». Die Diskrepanz zwischen Kritikerecho und Publikumszuspruch änderte sich auch mit den nicht minder beliebten Nachfolge-Alben «Sidefiin» 2004 und «Früsch gwäsche» 2006 kaum. 2008 zog sich die Band für eine «kreative Pause» und Solo-Projekte zurück. 2012 erschien das vierte Album «Eile mit Weile», bevor Plüsch nach einer ausgiebigen Tour 2013 erneut untertauchten. Zu einer richtigen Auflösung kam es allerdings nie.
Auch bandintern waren sich nicht alle sicher, ob ein Revival nach einer derart langen Funkstille funktionieren würde. Für ein Lokalradio sprach «Ritschi» im Berner Lorraine-Quartier Passanten an, ob ihnen der Bandname noch geläufig sei – mit bescheidener Resonanz. Und über eine Kommunikationsagentur wurden hinter den Kulissen diverse Branchenkenner dazu befragt, ob ein solches Vorhaben ihrer Meinung nach überhaupt noch Sinn mache. Viele äusserten sich skeptisch.
Doch am Ende bestimmt meistens das Publikum den Markt. Sämtliche zehn Konzerte im März und April sind bereits länger ausverkauft. Und auch einzelne Daten nach den Sommerfestival-Auftritten im Herbst sind schon voll. Das «Heimweh nach de Bärge, nach em Schoggi und em Wii» ist also immer noch stärker als die Stimmen der Kritiker. Auch wenn es im Publikum nicht gerade von ganz jungen Konzertgängern wimmeln dürfte. Das Motto wird wohl eher «Weisch no?» heissen.