So tönt EAZ' Hit «Juicy»
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Rapper EAZ im Interview
«Ich hab Schweizerdeutsch cool gemacht»

EAZ alias Arber Rama ist durch «Sing meinen Song» einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Mit seinem neuen Mundart-Lied hat der Rapper auch in Deutschland Erfolg. Wer ist der Mann, der in einfachen Verhältnissen aufgewachsen ist?
Publiziert: 29.04.2023 um 21:46 Uhr
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Rapper EAZ feiert Erfolge mit seinem Mundart-Song «Juicy» und schreibt auf Instagram: «Schwiizerdütsch isch global unterwegs.»
Foto: Thomas Meier
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Alexandra FitzCo-Ressortleiterin Gesellschaft

Beim Treffen mit EAZ in seinem Heimatort Wetzikon ZH merkt man schnell: Rap und Familie bedeuten ihm alles. «Uf de Strasse vo Wetzike», wie er selbst sagt, wuchs er auf. In der Kulturfabrik der Stadt, wo die Fotos entstanden, nahm er mit 13 seine ersten Lieder auf und trat mit 16 bei Rap-Battles an. In seiner Jugend machte er es seinen Eltern nicht immer leicht, geriet auch mal auf die schiefe Bahn. Heute ist die Familie stolz auf ihren Sohn, der mit der Musik grosse Erfolge feiert.

Sie sind bei der aktuellen Staffel der Musikshow «Sing meinen Song» dabei. Werden Sie jetzt auf der Strasse häufiger erkannt?
Arber Rama:
Ja. Man sagte mir, dass ich das spüren werde. Aber dass ich es so spüren werde, war mir nicht klar. Es sprechen mich auch ganz andere Leute an. Bis jetzt hörte meine Zielgruppe bei 30 auf, jetzt geht sie bis 65.

Denken Sie an eine konkrete Begegnung?
Meine Nachbarin. Sie hat die Sendung gesehen, kam rüber und klopfte: «Bist das du? Das kann doch nicht sein!» In einem Imbiss in Zürich kam eine ältere Dame mit ihrem Handy auf mich zu und sagte: «Du hast es super gemacht, darf ich ein Foto mit dir machen?»

Haben Sie die Sendung überhaupt gekannt?
Gekannt, ja, aber ich hatte sie nie geschaut.

Die anderen Künstler loben Sie sehr. Peter Reber nannte Sie einen «geile Siech» und weinte Ihretwegen. Anna Rossinelli schwärmt von Ihnen. Was macht das mit einem?
Ich kriege jetzt wieder Hühnerhaut. Es ist schön, solche Worte zu hören und zu wissen, dass man so gut ankommt. Meine Eltern sind auch deswegen so stolz, weil mich alle so gut aufgenommen haben.

Ihr Vater schrieb Ihnen, als Sie für die Show auf Gran Canaria waren, Sie seien der Stolz der Familie. Was bedeutet Ihnen das?
Das kann ich nicht beschreiben, es macht mich einfach glücklich.

Waren Ihre Eltern gegen Ihre Musikkarriere?
Natürlich wäre ihnen ein 0815-Job lieber gewesen als Musik. Das ist halt das, was sie kennen. Ich bin der Einzige der Familie, der einen anderen Weg einschlägt. Und ich musste ihnen beweisen, dass das geht. Wenn du immer hörst, das funktioniert eh nicht, und es dann durchziehst, ist das schon ein guter Move.

EAZ alias Arber Rama

Sein bürgerlicher Name ist Arber Rama. Er kam 1993 in Wetzikon ZH auf die Welt, als einziges von vier Kindern in der Schweiz. Sein Vater ist mit 19 Jahren aus dem Kosovo in die Schweiz ausgewandert. Arber hat mit neun Jahren angefangen, Texte zu schreiben, mit 13 nahm er seine ersten Lieder auf. Sein Vorbild: 50 Cent. Seinetwegen habe Rap sein Herz berührt. Er machte eine Lehre im Detailhandel. EAZ ist in der Rapszene schon seit 2015 bekannt – vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Rapper XEN. 2017 veröffentlichen sie das Album «Physical Shock», 2022 landen sie mit «Motivé» auf Platz 1 der Charts. Im selben Jahr ist EAZ bei den Swiss Music Awards nominiert. Seit Anfang Jahr hat er sein eigenes Label, gerade erobert sein Mundartsong «Juicy» die Charts – in der Schweiz, aber auch in Deutschland. EAZ ist derzeit mit Abstand der Mundartkünstler mit dem grössten Publikum. Am 5. Mai kommt ein weiterer Song heraus, nach dem Sommer sein neues Album, ab Oktober 2023 geht er auf Schweiz-Tour.

Thomas Meier

Sein bürgerlicher Name ist Arber Rama. Er kam 1993 in Wetzikon ZH auf die Welt, als einziges von vier Kindern in der Schweiz. Sein Vater ist mit 19 Jahren aus dem Kosovo in die Schweiz ausgewandert. Arber hat mit neun Jahren angefangen, Texte zu schreiben, mit 13 nahm er seine ersten Lieder auf. Sein Vorbild: 50 Cent. Seinetwegen habe Rap sein Herz berührt. Er machte eine Lehre im Detailhandel. EAZ ist in der Rapszene schon seit 2015 bekannt – vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Rapper XEN. 2017 veröffentlichen sie das Album «Physical Shock», 2022 landen sie mit «Motivé» auf Platz 1 der Charts. Im selben Jahr ist EAZ bei den Swiss Music Awards nominiert. Seit Anfang Jahr hat er sein eigenes Label, gerade erobert sein Mundartsong «Juicy» die Charts – in der Schweiz, aber auch in Deutschland. EAZ ist derzeit mit Abstand der Mundartkünstler mit dem grössten Publikum. Am 5. Mai kommt ein weiterer Song heraus, nach dem Sommer sein neues Album, ab Oktober 2023 geht er auf Schweiz-Tour.

Sie haben erzählt, Ihre Kindheit war sehr schön. Aber als Jugendlicher sind Sie vom Weg abgekommen. Was ist passiert?
Ich war schon immer eine Gwundernase. So bin ich auch mal auf die falsche Bahn gekommen. Aber durch diese Dummheiten habe ich auch gelernt. Deshalb bin ich auch dankbar, dass ich so eine Gwundernase war (lacht).

Gwundernase ist schön ausgedrückt. Sie waren auch im Knast.
Ja, leider habe ich ein Gefängnis schon von innen gesehen. Auch wenn nur für ein paar Tage – darauf bin ich alles andere als stolz.

Weshalb?
Lassen wir an diesem Punkt doch gern die Vergangenheit Vergangenheit sein.

Wann und wie haben Sie sich wieder gefangen?
Ein Grund ist sicherlich meine Freundin, ich habe sie vor dreieinhalb Jahren kennengelernt. Sie war wie eine Rettung für mich. Und auch ein erster Schritt in die Selbständigkeit. Ich hatte noch bei meinen Eltern gewohnt, aber war sehr wenig zu Hause. Ich habe auf einmal gecheckt, was es heisst, eine Steuererklärung auszufüllen, einen Kalender zu führen. Seitdem läuft es bei mir auch einiges besser mit meiner Familie.

Man weiss kaum etwas von Ihrer Freundin.
Ich bin vorsichtig. Man sollte zeigen, dass man jemanden liebt, aber man sollte die Liebe für sich geniessen. Sie ist keine öffentliche Person und soll sich frei bewegen.

Wie findet sie Ihre Musik?
Sie ist seit Jahren ein riesengrosser Fan von mir (lacht). Sie schrieb mich dazu mal auf Instagram an, wir trafen uns, und es ist geschehen.

Es muss eine grosse Liebe sein, Sie sind für sie aus dem Kanton Zürich nach Villmergen in den Aargau gezogen.
Ja, das stimmt. Sie ist eine spezielle Frau.

Sie haben doch keinen Führerschein. Wie geht das in Villmergen?
Bald habe ich ihn. Aber ja, Villmergen ist eine Katastrophe mit dem ÖV. Ohne Auto bist du da am Arsch.

Sie rappen auf Englisch, Albanisch, Schweizerdeutsch. In welcher Sprache fühlen Sie sich am wohlsten?
Schweizerdeutsch. Ich denke auf Schweizerdeutsch. Es ist die Sprache, die ich am besten beherrsche.

Mit Ihrem neuen Mundart-Song «Juicy» erobern Sie gerade die Charts – auch in Deutschland und Österreich.
Bis gestern war Schweizerdeutsch ja komplett uncool. Ich würde sagen, ich habe es in unseren Nachbarländern cool gemacht. Deutsche singen den Text mit und haben teilweise keine Ahnung, was sie da singen, das ist schon nice.

Der Song ist ein Ohrwurm, man hat ihn ständig im Kopf …
Gefällt er Ihnen?

Er gefällt mir. Aber er ist schon anders als das, was Sie sonst machen. Poppiger?
Ja, in dem Song rappe ich überhaupt nicht. Ich habe mal etwas Neues probiert. Wir hätten nicht gedacht, dass er so gut ankommt.

Sie rappen und singen. Ist das wirklich so speziell?
Für mich schon. So ist es nicht immer so monoton. Ich würde nicht sagen, dass ich gut singen kann, aber ich habe den richtigen Riecher für Melodien, und das hilft mir sehr.

Oft beobachtet man bei Rappern, dass sie wegkommen von ihrem ursprünglichen Stil und Lieder machen, die sich gut verkaufen. Wird das bei Ihnen auch so sein?
Nein, überhaupt nicht. Selbst wenn ich mich mal vom Rap wegbewegen sollte, ich stehe für gute Musik. Ich habe mir sogar überlegt, demnächst mal was Rockiges zu machen. Ich bin bereit, neue Dinge auszuprobieren. Ich denke, wenn man sich als Rapper einen Namen macht, hat man die Macht, eine andere Musikrichtung auszuprobieren. Aber mit Rap aufhören werde ich nie, von dort komme ich.

Sie und Ihr Rap-Kollege XEN, mit dem Sie auch viel zusammenarbeiten, machen andere Musik als etwa Lo & Leduc. Weniger verkopft, irgendwie mehr von der Strasse. Ist das Ihr Erfolgsrezept?
Wahrscheinlich ist es genau das. Lo & Leduc sind coole Typen. Aber sie haben so das korrekte Berndeutsch. Wir haben einen «Strassen-Slang» mit ein paar Sprachfehlern – und das haben wir mit der richtigen Attitude in unsere Texte verpackt. Wir wollten den Rap der Westcoast in die Schweiz bringen. Wir wollten niemandem gefallen, sondern sind uns selbst geblieben. So erkläre ich mir das.

Sie sind mit drei älteren Schwestern aufgewachsen. Wie war ihr Feedback?
Sie fanden es cool, haben mich aber auch etwas belächelt und sagten: Geh lieber arbeiten. Wer denkt schon dran, dass man von Schweizer Musik seine Rechnungen zahlen kann?

Können Sie das?
Mittlerweile schon. Ich kann meine Rechnungen zahlen, den Kühlschrank füllen und gebe auch meinen Eltern etwas ab.

Hat das mit Ihren kosovarischen Wurzeln zu tun?
Nicht unbedingt. Aber ich möchte es. Vielleicht möchte ich damit auch ein bisschen das schlechte Gewissen von früher bereinigen. Ich bringe Geld heim und habe es erst noch mit der Musik verdient.

Haben Sie immer noch ein schlechtes Gewissen?
Ja schon. Die Zeit, die ich mit meinen Eltern verkackt habe, kann ich nicht zurückholen. Wenn ich meinen Vater frage, hat er schon lange verziehen. Das schlechte Gewissen bleibt aber irgendwie.

Was für eine Rolle spielte Ihre Mutter?
Meine Mutter war immer die Chilligere. Sie hat mich verstanden, aber sie musste hinter meinem Vater stehen. Sie wollte auch, dass ich gut in der Schule bin und studiere, weil sie es anders nicht kannte. Meine Mutter dachte immer, dass ich ein bisschen «einen Ecken abhabe», wenn ich sagte: Mama, bevor ich 35 bin, werde ich Millionär.

Schaffen Sie das mit dem Millionärsein bis 35?
Hey, Hauptsache man ist gesund. Aber eine Million würde nicht schaden (lacht).

Sie schreiben auch Texte für Loredana.
Ja, mit ihr zusammen. Für mich ist es eine neue Erfahrung, auf Hochdeutsch zu schreiben. Es ist auch eine Herausforderung, aus der Sicht von Loredana, aus der Frauenrolle, einen Text zu schreiben.

Hört Ihre Familie Ihre Musik?
Ja, vor allem meine Mutter. Sie ist ein Riesen-Fan. Sie lernt gerade mein aktuelles Lied auswendig.

Was halten Sie davon, dass Rap in der Schweiz immer mehr für angeblich frauenfeindliche Texte kritisiert wird?
Ich distanziere mich klar von Frauenfeindlichkeit. Ich bin mit vier Frauen aufgewachsen, die mich zu einem grossen Teil zu dem geformt haben, was ich bin, und ich habe deshalb grössten Respekt vor ihnen. Ich finde jedoch, im Rap darf und sollte auch mal mit dem Feuer gespielt werden, es sollte um guten Rap gehen, nicht immer um politische Korrektheit. Rap heisst aus der Reihe tanzen. Deshalb sind in der Schweiz auch nur wenige erfolgreich. Viele trauen sich nichts, weil sie nicht mehr wissen, was sie noch sagen dürfen.

Diese Zurückhaltung ist auch ein bisschen schweizerisch, nicht?
Ja, voll. Ich hätte mich nicht getraut, das zu sagen – wie schweizerisch (lacht), aber es ist schon ein bisschen schweizerisch.


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