«ESC? Könnte ein Thema sein»
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Bastian Baker:«ESC? Könnte ein Thema sein»

Popstar Bastian Baker (30) über Groupies und problematischen Alkoholkonsum
«Seit zwei Jahren trinke ich keinen Tropfen mehr»

Seit zehn Jahren ist Bastian Baker ein fester Bestandteil der Schweizer Popmusik-Szene. Seine Karriere war aber nicht immer nur lässig, wie der Romand sagt.
Publiziert: 29.01.2022 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2022 um 10:27 Uhr
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Shania Twain sei für ihn wie eine zweite Mutter geworden, sagt Baker.
Foto: zvg
Interview: Michel Imhof

Seit zehn Jahren überwindet Bastian Baker (30) den Röstigraben wie kein anderer Musiker und gilt als Sonnyboy der Schweiz. Erst vor wenigen Wochen hat er die gemeinsame Tournee mit dem Circus Knie hinter sich gebracht, kürzlich landete er mit seinem neuen Album «Stories of the XXI» auf dem Thron der Schweizer Hitparade. Seine Karriere verlief aber nicht immer nur rosig, wie der Romand Blick verrät.

Blick: Vermissen Sie das Zirkusleben bereits?
Bastian Baker: Schon ein bisschen. Es war eine wahnsinnig schöne Tournee mit vielen einmaligen Erlebnissen, besonders in dieser seltsamen Corona-Phase. Besonders herzig waren die Kinder, die mir immer wieder selbstgemachte Zeichnungen geschenkt haben. Dass sie sich zu Hause Zeit nehmen und mich auf einem Pferd malen, finde ich unglaublich herzig.

Normalerweise fliegen andere Dinge zu Ihnen auf die Bühne.
Mittlerweile schmeissen manche ihre Handys zu mir, damit ich einen Film mache. Aber es gab auch schon Dinge wie Plüschtiere, Unterwäsche, BH oder Rosen bis hin zu Liebesbekundungen und Heiratsanträgen.

Sind Groupies bei Ihnen ein Thema?
Ich hinterfrage nicht bei jeder Person, die ich kennenlerne, ob das gerade alles nur wegen meines Jobs passiert oder ob mich die Person wirklich mag. So wird man doch paranoid. Und ich gehe nicht nach Konzerten unter die Menschen, um mir jemanden auszusuchen, der mir gefällt.

Punkto Liebe ist bei Ihnen wenig bekannt. Nur die Beziehung zu Model Manuela Frey war öffentlich. Gab es weitere?
Das behalte ich für mich. Für mich ist es wichtig, eine Beziehung so lange wie möglich privat zu halten sowie Beruf und Liebe zu trennen. Ich glaube, es ist eine grosse Zerreissprobe, eine Partnerschaft öffentlich zu machen. Da ist Schaden fast schon vorprogrammiert. Erst wenn ich mir wirklich sicher oder sogar verheiratet bin, kann ich mir vorstellen, damit an die Öffentlichkeit zu treten.

Eine wichtige Frau in Ihrem Leben ist Shania Twain. Der kanadische Weltstar scheint ein Fan von Ihnen zu sein.
Sie ist wie eine zweite Mutter für mich. Immerhin kam sie ganze zwölf Mal in die Show im Circus Knie. Nicht nur, um sie zu geniessen, sondern auch um mich zu fördern. Nach der Premiere sagte sie mir ganz genau, wo ich noch Verbesserungspotenzial habe. Wir haben einen sehr ehrlichen Austausch, den ich sehr schätze.

Sie lernten sie durch Ihren Entdecker kennen, den verstorbenen Montreux-Jazz-Festival-Mitbegründer Claude Nobs.
Ja. Er hat mir so viele wichtige Menschen in der Branche vorgestellt, ich habe ihm viel zu verdanken. Shania Twain ist meiner Meinung nach eine Musiklegende. Bis ich sie in Nordamerika auf der Bühne gesehen habe, war ich mir dessen gar nicht bewusst. Ich kannte sie mit Trainerhose und Chäppli. Bei Restaurantbesuchen war sie es, die Fotos von mir mit Fans gemacht hat. Schweizer erkannten sie weniger. Das ist doch verrückt.

Sie feiern 2022 ihr zehnjähriges Bühnenjubiläum. Da gehört man ja schon zum alten Eisen.
Alt fühle ich mich überhaupt nicht. Ich habe aktuell so viel Energie wie noch nie. Ein Tiktok-Filter stellte gestern ausserdem fest, dass ich aussehe wie ein 20-Jähriger. Das machte mich stolz (lacht). Beim zweiten Mal stand aber «zu alt für Tiktok».

Sie sind 30. Ein Alter, in dem von der Gesellschaft eine gewisse Seriosität verlangt wird.
Mein Alter vergesse ich oft. Ich führe definitiv nicht das typische Leben eines 30-Jährigen. Ich sehe meine Kollegen, wie sie eine Familie gründen oder heiraten. Davon bin ich als Single meilenweit entfernt. Ich habe schon immer mein eigenes Ding durchgezogen und stelle mir die Frage der Familiengründung gar nicht. Ich bin glücklich so, wie es gerade ist, und vermisse nichts. Meine Karriere steht bei mir derzeit im Vordergrund.

In den letzten zehn Jahren lebten Sie oft auf der Überholspur. Teilweise haben Sie pro Tag nur drei Stunden geschlafen.
Früher war es so, dass ich auf Tournee auch etwas von dem Ort sehen wollte, in dem ich gerade bin. Ich kenne so viele amerikanische Künstler, die einfach irgendwo in der Halle oder im Hotel ankommen, ihren Gig spielen und wieder weiterreisen. Davon bin ich das Gegenteil. Ich will etwas erleben. Auch wenn es weniger Schlaf bedeutet.

Sie spielten vor Tausenden Menschen in Südkorea, tourten mit Shania Twain um die Welt. Führen Sie Buch über Ihre Meilensteine?
Nein, aber mein Grossmami. Seit meinen Anfängen fasst sie alle Presseartikel in Ordnern zusammen und schenkt mir das Ganze zu Weihnachten. Das ist eine Menge Arbeit, oft sind es drei bis vier Ordner. Wir gehen dann gemeinsam zwischen den Feiertagen alles durch. Eine gute Gelegenheit, um herunterzukommen und das Jahr Revue passieren zu lassen.

Auch eine Karriere als Eishockeyspieler stand bei Ihnen zur Debatte. Haben Sie den Schritt zur Musik jemals bereut?
Nein, nie. Der Schritt machte Sinn für mich. Ich habe 13 Saisons lang Eishockey gespielt, das hat mir gereicht. Es war der Punkt, an dem es mehr Geschäft als Spass war. Und ich war nicht bereit, in die Profiwelt zu wechseln.

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Trotzdem wollten Sie es im Sommer 2020 noch einmal wissen und starteten beim HCV Martigny in der MySports League.
Ja, an Konzerte war damals wegen der Corona-Pandemie nicht zu denken. Und beim HCV Martigny kannte ich den Trainer, die Spieler und den Präsidenten, deshalb klappte der Ausflug in die Eishockey-Welt so schnell. Vier Monate habe ich trainiert, es war sehr intensiv. Aber der Schluss war Mist: Die Meisterschaft wurde wegen Corona abgesagt. Das war bitter. Nun habe ich den Eishockey-Traum definitiv begraben.

Ein Kräftemessen der Musik gibts beim Eurovision Song Contest. Sie haben den Event für das welsche Fernsehen kommentiert, als Luca Hänni den vierten Platz holte. Wäre eine Teilnahme auch etwas für Sie?
Dafür wurde ich schon oft angefragt. Ich würde allerdings lieber erst einen Song für jemand anderen schreiben, um zu sehen, ob ich verstehe, was ankommt. Der ESC hat einen positiven Wandel durchgemacht und in den letzten drei Jahren viele gute Lieder hervorgebracht. Es hat zwar keine Priorität für mich, ist aber sicherlich ein spannendes Projekt.

Sie scheinen immer glücklich. Haben Sie auch Tiefpunkte erlebt?
Vor zwei, drei Jahren dachte ich, ich drehe mich im Kreis und komme in meiner Karriere nicht weiter. Der Job wurde zur Routine: Ich spielte Jahr für Jahr auf denselben Bühnen und Festivals. Ich weiss, das klingt arrogant, weil es eigentlich ein tolles Leben ist. Das macht mir auch bewusst, dass man nie vollkommen glücklich sein kann. Zusätzlich ist während dieser Zeit auch mein Grossvater gestorben. Ich begann, zu viel Alkohol zu trinken.

Was heisst das?
Auf Tournee wollte ich immer lokale Biere probieren und ging nach dem Gig noch in den Ausgang, wo es Cocktails und Shots gab. Und am Ende wurde ich immer total emotional. Ich bin zwar nie morgens aufgewacht und dachte, ich brauche nun Wodka, aber ich habe mich mit meinem Alkoholkonsum nicht mehr wohlgefühlt. Ich war kaputt und hatte keine Kraft mehr.

Wie kamen Sie aus dem Routine-Drehrad?
Ich musste mein Leben auf den Kopf stellen: Ich habe mich von einigen Mitgliedern meines Teams getrennt, die jahrelang zu meinen engsten Bezugspersonen gehörten, und habe bewusst auf Engagements verzichtet, um Ferien zu machen. 2020 wäre ich auf den Kilimandscharo gewandert, doch dann kam Corona. Das will ich nachholen.

Und der Alkohol?
Seit zwei Jahren trinke ich keinen Tropfen Alkohol mehr. Das half mir auch bei der Knie-Tournee. Sie war stimmlich als auch konditionell eine grosse Herausforderung. Ich sage nicht, dass ich ewig auf ein Feierabendbier oder ein Glas Wein verzichten werde, aber momentan stimmt es für mich so. Es geht mir super.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich weiss ja nicht einmal, was ich in einer halben Stunde mache (lacht). Klar würde ich gerne sagen, dass ich noch immer Musik mache, gesund bin und jeden Tag geniesse. Aber wir leben in einer seltsamen Zeit. Ich bleibe flexibel und hoffe, wir müssen in zehn Jahren nicht mehr zu Hause herumsitzen.

Bastian Baker gibt am 4. und 5. März 2022 im Kofmel (Solothurn) und am 9. März 2022 im Kaufleuten (Zürich) Jubiläumskonzerte. Tickets gibts bei Ticketcorner.

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