Die Zahlen verwundern: In der Schweiz macht der Anteil Schweizerdeutscher Musik auf Streamingdiensten lediglich 1,1 Prozent aus. Damit rangiert Mundart sogar hinter Albanisch (1,2 Prozent), Italienisch (2,1 Prozent) und Spanisch (4,4 Prozent). Am meisten gehört wird Musik auf Englisch (60 Prozent), Hochdeutsch (15 Prozent) und Französisch (8 Prozent), wie eine Auswertung vom US-Datenerhebungs-Unternehmen «Luminate» zeigt, die dem «Tagesanzeiger» vorliegt.
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Dass schweizerdeutsche Musik in der Statistik so schlecht abschneidet, erstaunt Philipp Truniger (42) vom Branchenverband Schweizer Musiklabels IFPI nicht. Er sieht ein grosses Problem beim marktführenden Musikstreaming-Portal Spotify: «Spotify vernachlässigt, diskriminiert und behindert den Schweizer Musikmarkt seit Jahren», sagt er.
Kein Geld für eine Schweiz-Stelle trotz geschätztem Umsatz von 120 Millionen Franken
Die Schweizer Musikbranche poche seit Markteintritt auf eine angemessene, lokale Vertretung: «Die Verantwortlichen vertrösten uns aber immer wieder und weisen auf fehlende Ressourcen hin. Dies, obwohl Spotify in der Schweiz jährlich schätzungsweise über 120 Millionen Franken umsetzt. Das passt nicht zusammen.»
Konkret heisst das: Wichtige Playlisten werden von Mitarbeitenden in Deutschland erstellt – Menschen, die den Schweizer Musikmarkt nicht unbedingt kennen. So waren auf der letztwöchigen Wiedergabeliste «New Music Friday Switzerland», die neue Musik vorstellt, lediglich zwei von 100 Titeln aus der Schweiz. Truniger: «Wir brauchen eine Person, die den Schweizer Markt kennt und versteht und entsprechend kuratiert.» Bei Konkurrent Apple Music ist dies bereits der Fall. «Wir wollen einen fairen, gleichberechtigten Zugang zum Markt, damit die lokalen Labels und Künstlerinnen und Künstler wirtschaftlich arbeiten können.»
Chartplatzierung für Schweizer Mundart fast unerreichbar
Dem pflichtet Christian Häni (41), vom Berner Mundart-Duo Halunke bei. «Man muss bei den aktuellen Umständen selber dafür sorgen, dass man gehört wird, mit einer erhöhten Präsenz auf Social Media und in den anderen Medien», sagt er. Eine Platzierung in der Schweizer Single-Hitparade erscheine fast unerreichbar: «Es ist aber auch nicht erstrebenswert», argumentiert er. «Gerade die grossen Open Airs zeigen, wie populär Schweizer Musik ist.» Als Beispiel nennt er die Bands Hecht und Patent Ochsner, die an Festivals tausende Menschen begeistern – «Und häufig mehr Leute als internationale Headliner anlocken. Es besteht also ganz klar eine Nachfrage und die Qualität stimmt auch.»
Einer der wenigen Schweizer Künstler, der es mit seinem Lied sogar in die Schweizer Hitparade geschafft hat, ist der Rapper EAZ (29). Mit dem meistgestreamten Mundart-Song «Juicy» schaffte er es auf Platz 2 der Schweizer Single-Charts und in Deutschland auf Platz 32. Neben Mundart macht er – auch seinen Wurzeln wegen – albanische Musik. «In unserer Kultur spielt Musik eine wesentliche Rolle und ist allgegenwärtig – egal, was für ein Fest gerade gefeiert wird – die Musik ist oft im Mittelpunkt.»
Wieso albanische Musik nun Schweizerdeutsche im Streaming überholt hat, weiss er nicht. «Vielleicht ist es ja die Leidenschaft verbunden mit einer schwetti Nationalstolz, die diese Zahlen stabil in die Höhe drücken.» Er glaubt, dass es auch wieder bessere Zeiten für Mundart-Musik gibt. «Wir müssen die nächste Trendwelle abwarten», sagt er. Und fügt lachend an: «Oder ich setze mich wieder vermehrt ins Studio.»
Der Streamingdienst Spotify liess eine Anfrage von Blick unbeantwortet.
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