Ian Gillan von Deep Purple
«Ich singe, um die Vögel zu wecken»

Er gehört zu den bekanntesten Sängern in der Geschichte der Rockmusik: Ian Gillan (76) von Deep Purple spricht im Blick-Interview über seine Träume. Und er verrät, was die wichtigste Lektion ist, die er aus fast 60 Jahren im Musikgeschäft gelernt hat.
Publiziert: 15.12.2021 um 01:27 Uhr
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Heimspiel: Ian Gillan mit Deep Purple am Montreux Jazz Festival im Jahr 2018.
Foto: imago images/Le Pictorium
Interview: Dominik Hug

Ein Anruf nach Portugal, wo der Engländer Ian Gillan (76), Frontmann von Deep Purple, seinen Zweitwohnsitz hat. Mit «Turning to Crime» kam von der legendären Rockgruppe soeben ein neues Album voller Cover-Versionen heraus.

Blick: Die Platte wird die Fans überraschen.
Ian Gillan:
Das glaube ich auch. Wir sind bekannt dafür, viel zu improvisieren. Die Idee eines Cover-Albums hat uns selbst also am meisten erstaunt.

Sie covern Songs von Fleetwood Mac, Bob Dylan und Ray Charles. Wie konnten Sie sich auf die besten Lieder einigen?
Jeder hat Vorschläge gemacht. Von meinen kam leider keiner durch. Die waren für die anderen wohl zu durchgeknallt. Ich schlug beispielsweise einen Dean-Martin-Song vor. Ja, ich weiss, ich bin offensichtlich komplett verrückt (lacht). Daran hat auch Corona nichts geändert, das Virus hat bekanntlich einige Zeitgenossen in den Wahnsinn getrieben.

Inwiefern?
Ich spreche von all den abstrusen Verschwörungstheoretikern. Himmel, was man da alles zu Ohren bekommt, da möchte ich am liebsten auf die Tischkante beissen. Es ist beängstigend, wie gross unsere Intoleranz geworden ist, wie viel Hass gesät wird, nur weil jemand eine andere Meinung hat.

Was bereitet Ihnen sonst noch Sorgen?
Die Menschheit hat sich zivilisiert, lernte lesen und schreiben, wir haben die wunderbarsten Maschinen erfunden, die unser Leben vereinfachen. Das Konzept von Fairness und Gerechtigkeit haben wir aber immer noch nicht verstanden. Und auch Eigenschaften wie Gier konnten wir nicht abschaffen. Mir macht auch der Klimawandel Sorgen. Und die Überbevölkerung. Ein Beispiel: In meinen 76 Jahren auf diesem Planeten hat sich die Population verdreifacht. Ich frage mich, wie wird diese Welt wohl in 30 Jahren aussehen? Mir graut. Aber könnten wir nicht über etwas schönere Dinge sprechen?

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Natürlich. Wo haben Sie den Lockdown verbracht?
Die meiste Zeit in Portugal. Ich liebe es hier im Süden, das herrliche Wetter, ich werde nicht abgelenkt, kann mich also voll auf die Musik konzentrieren. Nach der Arbeit gönne ich mir einen Drink und sehe ein bisschen fern. Ich gehe früh zu Bett, meist mit einem langweiligen und schlecht geschriebenen Krimi in der Hand. Das erleichtert mir das Einschlafen. Am nächsten Tag stehe ich in aller Herrgottsfrühe auf.

Eine Alterserscheinung?
Wahrscheinlich. Um sechs Uhr früh beginnen im Baum neben meinem Schlafzimmerfenster die Vögel zu singen. Ich versuche jeweils, ihnen ein Schnippchen zu schlagen, und stehe etwas früher auf. Dann stehe ich vors Fenster und singe in den Garten, um die Vögel zu wecken. Wie gesagt, ich bin manchmal schon etwas bizarr (lacht).

Die beste Lektion aus fast 60 Jahren im Rockgeschäft?
Pünktlichkeit. Das gilt aber ganz allgemein: Wer nicht pünktlich ist, verpasst den Bus. Wer zu spät kommt, dem entgehen Chancen, der verpasst das Leben.

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Haben Sie noch Träume?
Ich habe mehr erreicht, als ich mir je hätte vorstellen können. Einen Traum für unsere Welt habe ich aber: Dass wir wieder etwas vernünftiger werden, weniger hysterisch sind. Dass wir lernen, uns gegenseitig wieder besser zuzuhören, und toleranter werden.

Woran glauben Sie?
Der wahre Gott ist die Mutter Natur. Sein grösster Prophet war Charles Darwin. Alle anderen Götter und Propheten sind von Menschen erschaffen worden.

Neue CD: «Turning to Crime» (Phonag)
Konzerte: 13. Juli Festival Sion sous les étoiles, 15. Oktober Hallenstadion Zürich


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