Es darf wieder gefeiert werden! Nach zwei coronabedingt ruhigen Eventjahren wird 2022 wieder eng zusammengestanden, gesungen und getanzt. Die Festival- und Open-Air-Saison läuft auf Hochtouren, Konzerte finden zuhauf statt. Das Angebot stösst auch auf grosse Nachfrage. Trotzdem gibt es für Veranstalter viele Unsicherheiten, was die diesjährige Planung und Durchführung angeht.
«Wir sind grundsätzlich zufrieden, die Nachfrage ist bei der Mehrzahl der Veranstaltungen erfreulich gross und die Menschen haben Lust, wieder Konzerte zu erleben», sagt Christoph Bill (51), Präsident des Branchenverbands SMPA und Organisator des Heitere Open Airs gegenüber Blick. «Trotzdem gibt es einige Schwierigkeiten.»
Personal kehrte Eventbranche den Rücken
Manche Veranstaltungen haben Probleme, genügend und geeignetes Personal für die Events zu finden. Künstler oder Helfer fallen kurzfristig aus. Material ist knapp, die Beschaffung oft erschwert. Anforderungen von Künstlern und Partnern kommen nicht selten sehr spät, weil die Vorlaufzeit auch dort zu kurz war. Zudem seien die Kosten für Infrastruktur und Dienstleistungen aus verschiedenen Gründen teilweise erheblich gestiegen. «Umgekehrt stehen dem Einnahmen gegenüber, die noch aus 2020 stammen oder auf der Basis vom letzten Mal budgetiert wurden. In der Summe fällt das ins Gewicht», so Bill.
Blick hat bei mehreren Festivals angefragt, wo sie in diesem Jahr Probleme sehen. Fast alle konnten die von Bill erwähnten Herausforderungen bestätigen. Vor allem die Personalrekrutierung sei schwierig gewesen, da viele der Eventbranche während der Pandemie den Rücken kehrten. «Am schwierigsten war es, mit dem Mangel an Mitarbeitern zu jonglieren. Wir mussten unsere Zeitpläne ständig umstellen, noch während der Veranstaltung Leute einstellen und täglich Prioritäten setzen», sagt Kevin Donnet (37) vom Montreux Jazz Festival.
Steigende Kosten, altes Budget
Eine weitere Herausforderung seien die Kosten, die aufgrund der aktuellen Inflation nicht budgetiert wurden. «Wir hatten viel höhere finanzielle Aufwände», sagt Joachim Bodmer (51) vom Openair Frauenfeld und Out in the Green. «Unsere langjährigen Partner haben versucht, so wenig der Mehrkosten wie möglich an uns weiterzugeben. Aber trotzdem müssen wir für nächstes Jahr über die Bücher.» Dass die Ticketpreise steigen werden, kann Bodmer nicht ausschliessen. «Es ist noch zu früh, hier etwas zu sagen. Wir versuchen aber sicher zuerst, andere Lösungen zu finden.»
Beim Basel Tattoo, das bis zum 23. Juli in der Rheinstadt veranstaltet wurde, machte man ähnliche Erfahrungen mit den Kosten. «Wir haben seit rund sieben Jahren die gleichen Ticketpreise, deshalb werden wir eine moderate Preisanpassung nach dem Event sicher besprechen», sagt Pressesprecher Andreas Kurz (50). Bezüglich der Auslastung machte man zudem eine weitere spannende Erfahrung: «Die Menschen haben kurzfristiger als sonst Tickets gekauft. Wir wussten erst kurz vor Veranstaltungsbeginn, wie voll unsere Arena nun tatsächlich ist.»
Entspannung erst 2024 erwartet
Beim Rock the Ring, das im Juni in Hinwil ZH über die Bühne gegangen ist, erwartet man eine Normalisierung für die Eventbranche erst 2024. «Die deutlich zu hohe Veranstaltungsdichte ist für die wirtschaftliche Situation nicht förderlich», meint Geschäftsführer Gérard Jenni (67). Hinzu kommen Unsicherheiten bezüglich Corona-Fällen bei Künstlern und der ungewissen Entwicklung im Herbst und Winter. «Wenn die Leute noch zahlreiche Tickets für verschobene Events am Kühlschrank haben, ist die Bereitschaft, neue Tickets zu kaufen, eher bescheiden.»