Es wird immer düsterer für den Festivalsommer 2021. Nach dem Rock the Ring in Hinwil ZH und dem Greenfield Festival in Interlaken BE haben nun auch das Gurtenfestival in Bern und das Open Air St. Gallen ihre Veranstaltung für dieses Jahr abgesagt. Doch was bedeutet das für die Unterhaltungsbranche? Auf Blick TV diskutierten heute Mittag diverse Involvierte der Entertainment-Szene über die Zukunft der Open Airs.
Darunter auch Andreas Hugi, Pressesprecher IG Perspektive Live-Unterhaltung. Er sieht schwarz: «Ein Festivalsterben ist zu befürchten. Die meisten Veranstalter können seit 14 Monaten keine Events mehr durchführen. Das heisst, dass Festivals zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden können.» Er fordert klare Perspektive für Austragende, die einen finanziellen Schutzschirm und klare Vorgaben beinhaltet. Prognosen, wann Events wieder stattfinden, will er nicht machen. Aber er hoffe, dass in der zweiten Sommerhälfte wieder Grossveranstaltungen über die Bühne gehen. «Irgendwie muss dieses Land ja wieder zu leben beginnen.»
Rattenschwanz an betroffenen Jobs
Für Sänger Dodo (44) sind die Absagen hart: «Mein Herz blutet. Aber es ist verständlich, dass es nicht möglich ist, solange die Zahlen raufgehen», sagt er. Er hat im letzten Jahr umgedacht und hat seine Container-Tour, die ihn eigentlich nach Afrika hätte führen solle, in den Alpen veranstaltet. «Daraus ist ein neues Album entstanden. Die schwierige Situation birgt also auch Chancen», meint er. Trotzdem dürfe man nicht vergessen, wie viele weitere Jobs an den Absagen hängen. Damit gemeint sind Caterer, Sicherheitsfirmen, aber auch Ton- und Veranstaltungstechniker. «Unzählige Menschen, die nun alle etwas anderes suchen müssen.»
Zu Letzteren gehört Jörg Gantenbein. Er ist Präsident vom Verband der technischen Bühnen- und Veranstaltungsberufe. «2021 wird nochmals extrem schwierig. Die Perspektiven sind seit den gestrigen Absagen sehr klein. Das lässt nichts Gutes hoffen», sagt er. Das Ganze habe auch Konsequenzen für die Arbeitnehmer. «Es kam leider zu sehr vielen Entlassungen in vielen Bereichen. Die wichtigen guten Fachkräfte sind abgewandert. Man kann davon ausgehen, dass sich diese Entwicklung noch fortsetzt.»
Weitere Festival-Absagen befürchtet
Auch für Max Gmür (62) ist die Situation nicht einfach. Der Bauer verpachtet das Gelände des Open Air St. Gallen im Sittertobel. Den genauen Betrag, der für ihn aufgrund der Festivalabsage wegfällt, will er nicht nennen. Allerdings beteiligt er sich selbst am Event, betreibt eine Bar und eine VIP-Zone. Zudem bewirtschaftet er die Wiese, die nach dem Open Air mehr einem Acker gleicht. «Wir sind alle traurig wegen der Absage. Das Kribbeln fehlt.»
Die Absagen von Gurtenfestival, Rock the Ring in Hinwil ZH, Openair St. Gallen und Greenfield Festival in Interlaken BE werden wohl nicht die einzigen bleiben, befürchtet Andreas Hugi von der IG Perspektive Live-Unterhaltung. «Das war erst der Anfang. Bis Ende Woche werden noch fünf, sechs weitere Festivals absagen. Und wenn ein Festival zweimal in Folge absagen muss, geht es ziemlich bald um Existenzfragen.» (bsn/imh)