Der Super-GAU in Hollywood ist da, die Kameras stehen still, ein Grossteil von Filmschaffenden aus allen Bereichen ist heute Morgen Schweizer Zeit in den Streik getreten. Die Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA und die Allianz der Kino- und Fernsehproduzenten (AMPTP) konnten sich nicht auf Massnahmen einigen, die für das Überleben der Branche als notwendig betrachtet werden. Da die grosse Mehrheit der 160'000 Mitglieder der Gewerkschaft bereits für einen Streik votiert hat, braucht es jetzt nur noch das grüne Licht des nationalen Vorstands von SAG-AFTRA – was reine Formsache ist.
Es ist das erste Mal seit 1960, dass sowohl die Gewerkschaften der Drehbuchautoren als auch die Schauspieler gemeinsam streiken. Damit heisst es auf allen Film- und TV-Sets weltweit – zumindest an denen Gewerkschafts-Mitglieder beteiligt sind: Völliger Drehstopp. Dazu werden Stars und Sternchen allen PR-Auftritten für bereits fertige Filme oder TV-Serien – unter anderem Premieren, Pressekonferenzen oder Fan-Events wie die ComicCon – fernbleiben.
In London bei der heutigen «Oppenheimer»-Premiere wurde der rote Teppich von den Organisatoren extra um eine Stunde von 17.45 auf 16.45 Uhr Ortszeit vorverlegt – in der Hoffnung, dass es die Stars wie Cillian Murphy (47), Robert Downey Jr. (58), Matt Damon (52) oder Emily Blunt (40) noch vor dem offiziellen Streik-Beginn schaffen, sich den Fotografen und Presse zu stellen.
Award-Shows könnten ausfallen
Auch grosse Award-Shows können ausfallen oder müssen nach hinten verschoben werden – bis der Streik beendet ist. Das erste Opfer könnten die Emmys werden. Die Fernseh-Oscars, dessen Normierungen gestern bekannt gegeben wurden, sind auf den 18. September angesetzt.
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Der letzte Schauspielerstreik wurde vor 63-Jahren vom späteren US-Präsidenten und damals noch Schauspieler Ronald Reagan (1911–2004) angeführt. Er dauerte sechs Wochen. Wie lange die 2023er-Version dauern wird, schätzt ein Hollywood-Insider sehr nüchtern ein: «Wir müssen sehen, wer die finanziellen Engpässe länger aushalten kann.» Die Drehbuchautoren haben ihren Streik bereits seit dem 2. Mai durchgehalten – ohne dass es Bewegung bei den Vertragsgesprächen gab. Beim totalen Produktionsstillstand sind dazu auch noch unzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Firmen betroffen, die mit der Entertainment-Industrie zusammenarbeiten.
Es geht um die Existenz
Für viele der betroffenen Filmschaffenden geht es schon länger ums nackte Überleben. Den einen droht die Konkurrenz durch künstliche Intelligenz, die anderen können dank völlig veralteter Tantiemen-Regelungen im Zeitalter des Streamings nicht mehr von ihrem Job leben. Die Fronten scheinen im Moment fast aussichtslos verhärtet. (cth/las)