Für Yangzom Brauen begann alles mit einem Charlize-Theron-Film. Heute ist sie an TV-Sets in Los Angeles als Regisseurin gefragt und hat gerade zwei Folgen der Serie «Rebel» mit Katey Sagal (67) und Andy Garcia (65) für ABC abgedreht und für Netflix zwei Episoden von «Sweet Magnolias». Die Tochter eines Berner Ethnologen und einer tibetischen Künstlerin erzählt, wie sie es so weit geschafft hat.
SonntagsBlick: Können Sie uns verraten, wie Charlize Theron Sie nach Hollywood gelotst hat?
Yangzom Brauen: So war es nicht ganz (lacht). Ich habe Schauspiel studiert und bin in meinen frühen 20ern aus der Schweiz nach Berlin gezogen, weil ich mir dort mehr Möglichkeiten für Film- und TV-Rollen ausrechnete. Als dort «Aeon Flux» gedreht wurde, habe ich mich für eine Nebenrolle beworben und den Part bekommen. Am Set mit Charlize und all den US-Schauspielern und der Crew zu sein, hat mich begeistert.
Inwiefern?
Ich habe ihre Offenheit und ihre Kreativität so sehr geliebt. Ich kannte das nicht aus der Schweizer oder deutschen Kultur. Wir sind eher etwas reservierter (lacht). Deshalb dachte ich mir, warum versuche ich es nicht einfach und gehe nach L.A. Ich kannte da zwar nur eine flüchtige Bekannte, konnte nicht Auto fahren – aber das Wetter war auch im Winter toll, und es gab einen Ozean vor der Tür.
Und hat Hollywood Ihnen gleich Tür und Tor geöffnet?
Schön wärs! Es war eine Herausforderung. Ich hatte einen deutschen Akzent, weshalb ich keine Amerikanerin spielen konnte. Nur, dass ich für Amerikaner weder deutsch noch schweizerisch aussehe, weil die eine Blondine mit blauen Augen erwarten. Ich habe es sogar bei Castings mit einer blonden Perücke versucht – hat aber nicht funktioniert (lacht). Man hat mich als Südamerikanerin oder Nahostlerin gecastet. Für Schweiz-Tibeterinnen gab es leider keine Parts.
Haben Sie deshalb auf die Regie-Seite gewechselt?
Ich habe schon auf der Schauspielschule Filme produziert und Regie geführt. Ich habe das Drehbuch geschrieben, selbst mitgespielt, Regie geführt und den Film am Ende geschnitten. Und mit 21 habe ich dann mein erstes grosses Doku-Projekt gemacht – über die Pilgerreise meiner tibetischen Grossmutter nach Indien. Sie war eine tibetische Nonne und wollte auf den Spuren Buddhas wandeln. Ich bin zwei Monate mit und habe alles gefilmt. Es war grossartig.
Aber von Tibet bis Hollywood ist es für eine Regisseurin ein weiter Weg.
Als ich vor ein paar Jahren meinen Kurzfilm «Born in Battle» in einem kleinen Kino in L.A. gezeigt habe, tauchte da ein Paar auf, das ich nicht kannte, und ich habe mich ihnen vorgestellt. Dabei stellte sich heraus, dass der Ehemann ein TV-Regisseur ist. Und den habe ich einfach gefragt, ob ich ihn an sein Filmset begleiten und ihm über die Schulter schauen dürfe. So hat alles begonnen. Am Set von «NCIS – Los Angeles» habe ich wirklich die wichtigen Strukturen gelernt, alles, was man wissen muss.
Und dann durften Sie einfach selbst ran?
Ja. Nach zwei Jahren hat man mir die Chance gegeben, bei einer «NCIS»-Folge Regie zu führen. Plötzlich hast du ein Riesen-Budget und all diese Leute, die deine Ideen unterstützen. Vorher musste ich immer improvisieren, jetzt konnte ich plötzlich alles einfach umsetzen. Seither bin ich echt auf einer Mission, so viele Aufträge wie möglich zu bekommen.
In «Rebel» sind Sie von der ersten Staffel an mit dabei. Worum geht es?
Die Serie basiert auf dem Leben von Erin Brockovich, die viele noch aus dem Kinofilm mit Julia Roberts kennen. Die Hauptdarstellerin ist Katey Sagal, in der Schweiz bekannt als Peggy in «Eine schrecklich nette Familie». In «Rebel» spielt sie Erin Brockovich, so etwas wie ein weiblicher Robin Hood. Sie setzt sich mit ihrer Anwaltskanzlei für kleine Leute gegen grosse Unternehmen ein.
Wie viel Einfluss hat man als Regisseurin einer Hollywood-Serie, den eigenen Stil einfliessen zu lassen?
Grundsätzlich ist man ein Gast, der eingeladen wird, Regie für eine oder zwei Episoden einer Serie zu führen. Die Schauspieler sind alle Profis, die ihre Rollen schon sehr gut kennen. Dennoch versuche ich immer wieder, einen Input zu geben – auch, wenn es ein Andy Garcia ist. Ich versuche, aus den Schauspielern immer noch mehr herauszuholen. Den Stil der jeweiligen Serie kann ich aber nicht verändern. Aber ich habe meine eigene Note, die ich einbaue.
Sie sind in der Schweiz aufgewachsen. Wie stark verwurzelt sind Sie mit der tibetischen Heimat Ihrer Vorfahren?
Tibet war schon immer ein grosser Teil meines Lebens, obwohl ich da nie gelebt habe. Tibetisches Blut fliesst in mir – und ich kämpfe für die Freiheit des Landes. Meine Oma ist mit meiner Mutter 1959 nach Chinas Einmarsch nach Indien geflohen. In den 70er-Jahren hat mein Vater ein Jahr in Indien studiert und für eine Flüchtlingsorganisation gearbeitet, die vertriebene Tibeter zum Arbeiten in die Schweiz vermittelt hat. So haben sich meine Eltern kennengelernt.
Was würden Sie jungen Filmemachern raten, die sich in Hollywood durchsetzen möchten?
Grundsätzlich würde ich ihnen sagen, dass es ein taffes Business ist. Man braucht ein sehr dickes Fell, denn man arbeitet mit einigen schwierigen Persönlichkeiten und unter massivem Zeitdruck. Man muss auch damit umgehen können, dass man oft allein unterwegs ist, oftmals wochenlang in verschiedenen Städten im Hotel lebt. Im letzten Jahr allein habe ich in zehn Monaten zehn Episoden gedreht und war kaum zu Hause – und dies alles auch noch während einer Pandemie. Man muss es wirklich wollen und Spass daran haben – sonst macht alles keinen Sinn.
Yangzom Brauen (41) ist in Bern geboren und aufgewachsen und lebt heute in Los Angeles. Nach ihrem Studium an der heutigen Hochschule für Künste in Bern begann sie ihre Laufbahn mit Theaterprojekten in der Schweiz und Deutschland. Ihren Durchbruch in Hollywood feierte sie mit der Rolle der «Inari» im Film «Aeon Flux» mit Charlize Theron (45), später konzentrierte sie sich aufs Regiefach. 2009 schrieb Brauen auch ihr erstes Buch, «Across Many Mountains», das auf Anhieb ein europäischer Bestseller wurde und bisher in zwölf Sprachen erschien.
Yangzom Brauen (41) ist in Bern geboren und aufgewachsen und lebt heute in Los Angeles. Nach ihrem Studium an der heutigen Hochschule für Künste in Bern begann sie ihre Laufbahn mit Theaterprojekten in der Schweiz und Deutschland. Ihren Durchbruch in Hollywood feierte sie mit der Rolle der «Inari» im Film «Aeon Flux» mit Charlize Theron (45), später konzentrierte sie sich aufs Regiefach. 2009 schrieb Brauen auch ihr erstes Buch, «Across Many Mountains», das auf Anhieb ein europäischer Bestseller wurde und bisher in zwölf Sprachen erschien.
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