Mit der Swissair zu fliegen, galt in den goldenen Zeiten der Airline als Buben- und Mädchentraum. Die Fluglinie gehörte zum Schweizer Nationalstolz, eine Reise blieb aber lange der Oberschicht vorbehalten. Marco Lukenitsch (60) arbeitet zwischen 1987 und 2000 in der Swissair-Erstklass-Lounge am Flughafen Zürich und war für deren Wohl zu ständig. Eine von ihnen war Tina Turner (†83), die «Queen of Rock'n'Roll». «Ich habe geweint, als ich von ihrem Tod erfuhr», gesteht der Ostschweizer im Gespräch. Er habe sie zwar nur zehn Mal betreut, aber «sie hat mich immer beim Namen genannt».
Dass Lukenitsch die Ehre zuteilwurde, sich um die grossen Show-Namen zu kümmern, habe mit seiner Vergangenheit zu tun; er sei früher am Theater gewesen, unter anderem am Hechtplatz in Zürich. Seine eher zurückhaltenden Arbeitskolleginnen und -kollegen hätten ihm darum bei der schillernden Klientel den Vortritt gelassen. Doch auch wenn er bei der Swissair Leute wie Richard Gere oder Al Pacino begleitete, so eine wie Turner habe es nur einmal gegeben. «Egal, wer schon in der Lounge sass: Wenn Tina Turner den Raum betrat, verstummten alle.» Sogar die «Schnurris aus der Politik» hätten plötzlich keinen Mucks mehr von sich gegeben.
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Keine Ami-Floskeln
Trotz ihrer Bekanntheit habe sie keinerlei Star-Allüren an den Tag gelegt. «Sie wollte, dass man sie wie alle anderen behandelt», erzählt Lukenitsch. Sie habe beispielsweise immer ihr Ticket gezeigt, um zu beweisen, dass sie auch wirklich Zutritt hatte – obwohl jeder und jede wusste, wer da in die Lounge kam. Als der heute 60-Jährige die «Grande Dame» beim ersten Mal gefragt habe, ob er ihr Kaffee oder Orangensaft vom Buffet bringen könne, habe sie vehement entgegnet: «Nein, nein, Moment! Das mache ich immer noch selbst!» Aber er könne so gut sein und ihr einen Platz zuweisen.
Die Begegnungen zwischen dem Weltstar und dem Flughafen-Mitarbeiter beschränkten sich nicht auf die Swissair-Lounge. Der Ostschweizer hat Turner auch bis ins Flugzeug begleitet. Dabei sei sie immer sehr nahbar gewesen. «Auf dem Weg hat mir jeweils von ihrem ganzen Tag erzählt, angefangen beim Zähneputzen, – und mich gefragt, wie mein Tag bisher gewesen war, wie es mir und meiner Familie geht.» Amerikanische Floskeln? Fehlanzeige. «Einmal wollte sie wissen, wie ich mich ernähre.» Danach habe sie lang und breit ausgeführt, wie und wo sie jeweils auf der Zürcher Gemüsebrücke in der Altstadt einkaufe, erinnert sich Lukenitsch mit Wehmut in der Stimme. Es sind persönliche Begegnungen wie diese, die Tina Turner nicht nur nahbar, sondern mehr als menschlich machten.