Die Ungeduld war gross. Derart gross, dass einige Zeitungen die Sperrfrist brachen und schon vorab über den neuen Roman «The Shards» (Die Scherben) von US-Autor Bret Easton Ellis (58, «American Psycho») berichteten. Zwölfeinhalb Jahre nach dem letzten Roman kommt «The Shards» heute weltweit in den Verkauf.
Ellis hat etwas mystisch Unfassbares wie die amerikanischen Phantom-Autoren J. D. Salinger (1919–2010, «Fänger im Roggen») und Thomas Pynchon (85, «Die Enden der Parabel»): Wie seine US-Kollegen präsentiert sich Ellis auf dem Buchumschlag mit einem alten Foto, hier eines von 1982.
Denn Anfang der 1980er-Jahre spielt «The Shards»: Der 17-jährige Ich-Erzähler Bret Ellis aus Los Angeles geht in die Buckley School, wo ein neuer Schüler ankommt. «Mir wurde rasch bewusst, dass ich Robert Mallory weniger kennenlernen wollte, sondern vielmehr das Gefühl hatte, ihn bereits zu kennen.» Bret ist überzeugt: Robert birgt ein dunkles Geheimnis.
Erinnerungsscherben aus der Vergangenheit
Schriftsteller Ellis war damals ein Teenager und ging ebenfalls auf die Buckley School von Los Angeles. Er schreibt denn auch am Schluss des Buches: «Abgesehen vom Autor selbst ist jede Ähnlichkeit mit Lebenden oder Verstorbenen grösstenteils zufällig und nicht real.» Bezüglich Ich-Erzähler ist «The Shards» also eines dieser autofiktionalen Werke, die momentan boomen.
Bret Easton Ellis, «The Shards», Kiepenheuer & Witsch
Bret Easton Ellis, «The Shards», Kiepenheuer & Witsch
Die Erinnerungsscherben der Vergangenheit fügt Autor Ellis wie ein Archäologe zu einem Ganzen zusammen und präsentiert uns nun einen Backstein von einem Buch: 736 Seiten! «Ich wollte ehrlich schreiben, wie das war, als ich 17 war», sagte der amerikanische Starschriftsteller kürzlich in einem Interview.
Er beschreibt sich als der schwule Jugendliche, der sich vor seinem Vater, der Alkoholiker war, in Bibliotheken und Kinos flüchtet und selber süchtig nach Büchern und Filmen wird. «Ich schaute mir die hinter Glas hängenden Plakate der Filme an, die später im Herbst anlaufen würden», steht einmal geschrieben.
Nach dem kometenhaften Aufstieg mit dem Roman «American Psycho» (1991) – 2000 verfilmt mit Christian Bale in der Hauptrolle – stürzt Autor Ellis durch Drogenexzesse ab. Nach eigenen Worten ist der Buchstaben-Millionär heute clean und trinkt bloss noch gesittet: jeden Abend einen Cocktail nach halb acht Uhr.