Rebellin Gianna Nannini
Italiens grösste Rocklegende wird 70

Zu ihrem heutigen 70. Geburtstag gibt sich die italienische Rocklegende Gianna Nannini gewohnt rebellisch – und beharrt darauf, erst 41 Jahre alt zu sein.
Publiziert: 14.06.2024 um 11:24 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2024 um 12:45 Uhr
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Pfeift auch noch mit 70 Jahren auf alle gesellschaftlichen Konventionen: Rock-Ikone Gianna Nannini.
Foto: DUKAS
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SpotOnDie People-Agentur

Dass Gianna Nannini besonders gern 70 Jahre alt wird, lässt sich nicht gerade behaupten. Während die italienische Rocklegende in den vergangenen Wochen ihr neues Album «Sei nel l'anima» und ein Netflix-Biopic über die Frühphase ihrer musikalischen Karriere mit dem Titel «Die schöne Rebellin» promotete, liess sie jedenfalls keine Gelegenheit aus, um klarzustellen, dass sie sich dieser willkürlichen Nummerierung keinesfalls unterzuordnen gedenkt. In fast jedem Interview platzierte sie die überraschende Aussage, im Jahr 2024 – wenn überhaupt – erst 41 Jahre alt zu werden, da sie im Jahr 1983 eine Art Neugeburt durchlebt habe.

Ihre zweite Geburt, so die offiziell am 14. Juni 1954 in Siena geborene Sängerin, habe seinerzeit nicht in ihrer italienischen Heimat, sondern in Deutschland stattgefunden. Über den ernsten Hintergrund dieser ungewöhnlichen Aussage verriet sie unter anderem dem «Stern»: «Deutschland bedeutet mir viel, hier bin ich 1983 ein zweites Mal geboren worden. Ich befand mich während der Aufnahmen zum Album ‹Fotoromanza› im Kölner Studio von Conny Plank, als ich eine schwere psychische Krise bekam, nicht mehr wusste, wer ich war. Ein Teil von mir starb, ein anderer kam zum Vorschein. Deshalb werde ich jetzt auch nicht 70, sondern erst 41!»

«Er riet mir, nur auf meine Seele zu hören»

Conny Plank (1940–1987), der legendäre deutsche Musikproduzent, in dessen Studio in Wolperath bei Köln neben Gianna Nannini zahllose weitere Bands wie Kraftwerk, Can, Ultravox oder die Eurythmics soundtechnisch den letzten Schliff verliehen bekamen, habe ihr 1983 nicht nur aus der Krise herausgeholfen, sondern ihr auch das Selbstbewusstsein vermittelt, musikalisch ihr eigenes Ding durchzuziehen.

«Er riet mir, nur auf meine Seele zu hören», so Nannini im Rückblick. Dazu habe auch gehört, ausschliesslich auf Italienisch zu singen und dabei eine spezifisch italienische Variante souliger Rockmusik zu entwickeln. Mit Mega-Hits wie «Bello e impossibile» und «I maschi » setzte sie dieses Konzept mit grossem Erfolg um und wurde damit zu einem der bekanntesten europäischen Rockacts der Achtzigerjahre.

«Ich wurde ohne Geschlecht geboren»

Auch auf ihrem neuen Album «Sei nell' anima» steht das Jahr ihrer Wiedergeburt im Fokus. In dem krachigen Opener mit dem Titel «1983» dreht sich alles um diesen Durchbruch zu sich selbst, der nebenbei auch ein neues Bewusstsein über die sexuelle Ebene ihrer Identität mit sich brachte. Im Refrain des Songs heisst es unter anderem: «1983, ich wurde ohne Geschlecht geboren.»

Der «Neuen Westfälischen» gegenüber erklärte sie die plakative Textzeile mit folgenden kämpferischen Worten: «‹Geboren ohne Geschlecht› ist etwas, das ich den Menschen vermitteln möchte. Geschlecht ist ein dummes Wort, ein dummer Mechanismus des einen gegen den anderen. Schwarz und Weiss. Männer und Frauen. Ihr könnt mich mal! Hahaha.»

Skandalöse Schwangerschaft mit 54 Jahren

Dass sie auf Alterskategorien genauso wenig gibt wie auf heterosexuell genormte Rollenmodelle, stellte sie 2010 eindrucksvoll unter Beweis, als sie im Alter von 54 Jahren zum ersten Mal schwanger wurde, während sie sich bereits mit ihrer heutigen Ehefrau in einer Beziehung befand. Spätestens, als sie sich mit ihrem Babybauch stolz auf der Titelseite der italienischen «Vanity Fair» präsentierte, sorgte sie nicht nur in ihrem Heimatland für rege Diskussionen.

Kurz vor ihrem 70. Geburtstag verriet sie dem «Stern», dass ihre mittlerweile zum Teenager herangewachsene Tochter offensichtlich von ihrer eigensinnigen Mutter einiges mit auf den Weg bekommen habe. «Im November wird meine Tochter Penelope 14 Jahre alt», berichtete sie in dem Gespräch. «Sie ist sehr unabhängig und selbstsicher, will nicht von mir beeinflusst werden. Das finde ich gut! Natürlich mag sie Taylor Swift. Mir aber hat sie verboten, auf Englisch zu singen, sie sagt, ich würde dann nach Autotune klingen.»

Tochter tritt in ihre rebellischen Fussstapfen

An dieses Verbot ihrer rebellischen Tochter, in dem sich auch die wegweisende Ansage ihres früheren Mentors Conny Plank widerspiegelt, wird sich Gianna Nannini mit grosser Wahrscheinlichkeit auch weiterhin halten. Und dass sie mit 70 Jahren noch auf den Putz hauen kann wie eine 41-Jährige, wird man spätestens während ihrer «Sei nell' anima»-Tournee, die sie zwischen 22. November und 21. Dezember durch insgesamt 18 europäische Metropolen führt, live erleben können.

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