Gianna Nannini im grossen Interview
«Mit 54 Mutter zu werden, war das Beste in meinem Leben»

Sie ist die bekannteste Rocksängerin Italiens – und das seit Jahrzehnten! Nun hat sie ein neues Album veröffentlicht, das sie demnächst auch in der Schweiz live vorstellen wird. Ein Gespräch über das Alter und die ungebändigte Lust an der Provokation.
Publiziert: 07.04.2024 um 20:15 Uhr
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Gianna Nannini wurde mit 54 Mutter von Penelope und spricht darüber, wie das Muttersein sie verändert hat.
Foto: DUKAS Blick
Dominik Hug, GlücksPost
Glückspost

Sie spricht wie ein Wasserfall. Die Worte purzeln nur so aus ihrem Mund. Gianna Nannini (69) erzählt im Interview, wie sie das Muttersein verändert hat, was ihr der anstehende 70. Geburtstag bedeutet und weshalb sie noch lange keine Lust hat, mit der Musik aufzuhören.

GlücksPost: Mit «Sei nel l'anima» haben Sie nach fünf Jahren wieder ein Album veröffentlicht. Könnten Sie es auf Ihre alten Tage nicht etwas ruhig angehen lassen?
Gianna Nannini: Und was, bitte schön, sollte ich denn sonst den ganzen lieben langen Tag machen? Nein, ich liebe es noch immer, Lieder zu schreiben und die dann auf der Bühne zu singen. Ich wollte ursprünglich ein Album voller berühmter amerikanischer Songs wie jene von Janis Joplin oder Bob Dylan aufnehmen – auf Italienisch. Leider war es unglaublich schwierig, die Rechte für diese Songs zu bekommen. Also sagte ich mir: Komm, schreib doch selbst ein paar Lieder im Stil dieser Klassiker. Nun sind sie da. Ich bin sehr zufrieden.

Sie sind seit fast 40 Jahren im Geschäft. Haben Sie je damit gerechnet, so lange Musik zu machen?
Himmel, ich habe doch nie so weit in die Zukunft gedacht! Ich nahm einfach immer nur Schritt für Schritt. Und heute bin ich noch immer voller Leidenschaft und will gute Musik schreiben. Manchmal gelingt es, manchmal nicht. Das Leben ist für mich bis heute eine Reise voller Abenteuer, bei der ich nicht weiss, wohin sie mich führt. Dieses Unvorhersehbare gefällt mir sehr.

Sie waren bereits in jungen Jahren als Sängerin erfolgreich, gingen dann aber trotzdem zurück an die Uni. War das Ihr Plan B?
Nein. Mich hat die Wissenschaft einfach wahnsinnig interessiert. Ich wollte dazulernen. Ich interessiere mich noch heute für alle möglichen Dinge. Ich finde gerne heraus, wie alles zusammenhängt, aber auch, wie andere Menschen ihr Leben verbringen. Mein Studium war so etwas: Ich wollte nachvollziehen können, wie ein anderes Leben hätte verlaufen können.

Im Juni werden Sie 70 Jahre alt. Eine grosse Sache für Sie?
Ich habe nie gelitten wegen meines Alters, auch früher nicht, ich wurde gerne erwachsen, ich werde auch jetzt gerne älter. Die meisten von uns müssen sich früher oder später mit dem Alter auseinandersetzen und auch mit dem Tod. So ist das Leben, man kann es nicht aufhalten. Schlimm am Alter finde ich höchstens, wenn man als Mensch deswegen diskriminiert oder nicht mehr für voll genommen wird.

Wie halten Sie sich gesund und geistig fit?
Ich mache Triathlon und Pilates. Und dann habe ich bekanntlich noch eine junge Tochter, die mich sehr fordert und zwingt, aktiv zu bleiben. Klar, der Tod nimmt einen irgendwann in die Pflicht, aber sein Alter kann man doch eigentlich selbst aussuchen. Manchmal fühle ich mich wie 40. Dann wiederum sehe ich meine Falten und denke: Was soll’s, das sind die Spuren meiner Vergangenheit. Ich würde nie etwas an mir machen lassen.

Sie haben Ihre Tochter Penelope erwähnt. Mit 54 Jahren sind Sie sehr spät Mutter geworden …
Ja. Das Wunder der Schwangerschaft ist zum Glück doch noch eingetreten. Mit 54 Mutter zu werden, war das Beste in meinem Leben. Kinder auf die Welt zu stellen, bedeutet, an das Leben und an die Liebe zu glauben. Mutterschaft ist wunderschön. Sie macht dich eins mit der Natur. Sie bereichert dich immens.

Inwiefern?
Als junger Mensch beschäftigt man sich hauptsächlich mit sich selbst und dreht sich so irgendwann auch im Kreis. Als Mutter oder Vater beschäftigst du dich noch mit einem anderen Leben und verlässt dadurch deinen eigenen Kreis.

Persönlich: Gianna Nannini

Gianna Nannini stammt aus einer traditionsreichen Konditorenfamilie. Nach der Matura verliess sie mit 18 Jahren das Elternhaus. Sie studierte zunächst Klavier, später Komposition. Trotz frühem Erfolg mit Hits wie «America» und «Latin Lover» ging sie zurück an die Universität und beendete ihr Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie. Einen weiteren grossen Hit landete sie mit ihrem Song zur Fussball-Italien-WM 1990 («Un’estate italiana»). Nannini lebt mit ihrer Ehefrau und ihrer Tochter (14) in Mailand. Sie bezeichnet sich selbst als pansexuell. Im Mai erscheint auf Netflix ein Doku-Film über ihr Leben und ihre Karriere.

Gianna Nannini stammt aus einer traditionsreichen Konditorenfamilie. Nach der Matura verliess sie mit 18 Jahren das Elternhaus. Sie studierte zunächst Klavier, später Komposition. Trotz frühem Erfolg mit Hits wie «America» und «Latin Lover» ging sie zurück an die Universität und beendete ihr Studium der Literaturwissenschaft und Philosophie. Einen weiteren grossen Hit landete sie mit ihrem Song zur Fussball-Italien-WM 1990 («Un’estate italiana»). Nannini lebt mit ihrer Ehefrau und ihrer Tochter (14) in Mailand. Sie bezeichnet sich selbst als pansexuell. Im Mai erscheint auf Netflix ein Doku-Film über ihr Leben und ihre Karriere.

Wie sieht eigentlich ein gewöhnlicher Tag in Ihrem Leben aus?
Früher begann er damit, dass ich meine Tochter zur Schule brachte. Doch nun möchte sie alleine gehen. Sie wird halt älter (lacht). Das gibt mir nun Zeit, morgens ungestört Klavier zu spielen. Dann treibe ich mit meinem Trainer Sport. Und dann mache ich mich ans Songschreiben. Dann kommt Penelope bereits heim von der Schule. Ich muss die paar Jahre, die sie noch so nahe bei mir ist, voll auskosten.

Worauf sind Sie am meisten stolz?
Stets unabhängig gewesen zu sein. Und darauf, dass ich nie einen Kompromiss eingegangen bin. Ich habe meinen eigenen Kompass und bin dem immer gefolgt. Manchmal war es schwierig, manchmal brauchte es sehr viel Mut. Rückblickend gesehen, hat es sich aber immer gelohnt. Man muss wissen: Das Einzige, was du hast, bist du selbst.

Vor drei Jahren wollten Sie Präsidentin von Italien werden. Haben Sie heute noch politische Ambitionen?
Das war eine einmalige Aktion. Es war eine sehr instinktive Aktion, mich da ins Rennen zu schmeissen, auch ein bisschen eine Provokation. Ich könnte es noch mal versuchen, wobei mein Ehrgeiz diesbezüglich nicht mehr so gross ist. Eines ist klar: Ich bin immer ehrlich, was nicht viele Politiker von sich behaupten können. Ich würde mich für viele Dinge einsetzen, insbesondere für die italienische Kultur.

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Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung

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Sie haben immer gern provoziert. Ist das heute anders?
Ich glaube nicht. Die Provokation gehört doch zu mir. Ich finde es wichtig, Barrieren zu durchbrechen und Vorurteile abzubauen. Und das schafft man nur, wenn man ab und zu provoziert. Zu rebellieren und den Status quo zu hinterfragen, ist wichtig, um eine bessere und gerechtere Welt zu schaffen.

Noch Träume?
Oh ja, ich träume jede Nacht (lacht). Nein, es ist wichtig, dass man sich Träume bewahrt, sonst geht man ein. Man muss immer ein Ziel vor Augen haben. Mein grosser Traum momentan ist die Tournee, die mich im Herbst auch in die Schweiz führt. Darauf freue ich mich sehr.

Die italienische Sängerin wird am 25. November im Zürcher Hallenstadion auftreten und ihre grössten Hits singen. 

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