Einverstanden, es gibt wohl weltweit über kein Mitglied eines Königshauses derart viele schräge Fakten wie über den neuen britischen König Charles III. (73). Engagiert, aber höchst schrullig sei er, raunen Parlamentsmitglieder, denen er angeblich regelmässig handgeschriebene Tipps für ihre Arbeit gibt. Ein kauziger Sonderling – man war bisher froh, dass er nicht in zu viele delikate Staatsgeschäfte involviert war.
Charles gilt als Umweltschutzpionier der ersten Stunde in einem Land, wo grüne Anliegen besonders krumm angeschaut und mit einem kräftigen «Rubbish!» vom Tisch gefegt werden. Dementsprechend laut ist der Spott, wenn er bei öffentlichen Anlässen einen Baum pflanzt und anschliessend einen Zweig davon schüttelt, um ihm alles Gute zu wünschen, und überhaupt allen Pflanzen und Tieren eine Seele zuspricht.
Aber ganz ehrlich: Wer sich 52 Jahre auf seine Thronbesteigung zu gedulden hat, muss sich in der Zwischenzeit irgendwie die Zeit vertreiben. Und ganz viele Länder auf dieser Erde hätten wohl auch lieber ein Oberhaupt, das in freien Minuten Zaubertricks übt und Mitglied des «Magic Circle» in London ist, statt Nachbarstaaten zu tyrannisieren.
Heil im Wolkenkuckucksheim
Was alles ulkig klingt hat einen tieferen, tragischen Grund. So sehr Charles als Erstgeborener seine Mutter liebte, stand sie mit ihrer blossen Existenz naturgemäss stets seiner Entwicklung im Weg. Um dieses Dilemma auszuhalten – wer würde sich schon einen frühen Tod der eigenen Mutter wünschen –, flüchtete sich Charles in sein Wolkenkuckucksheim, beginnend mit seinen Essgewohnheiten. Seine Leibspeise ist Rührei mit Darjeeling-Tee, das Mittagessen lässt er konsequent aus. Auf Reisen nimmt er sein eigenes Silberbesteck, Biogemüse und acht Sorten Honig mit. Bier ist ihm zuwider, dafür liebt er Gin Tonic. Dass einer seiner Diener nur dazu angewiesen ist, ihm morgens wie abends eine Zahnbürste herzurichten, ist allerdings blosse Legende.
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Frühere Erzieher schildern ihn als zartes Gemüt, was ihn im Elite-Internat im schottischen Gordonstoun zum Opfer von Buhlereien machte. Und die markanten Ohren mögen ihm nebst seiner Herkunft auch nicht gerade geholfen haben, in der Menge unterzutauchen. Die Schule war ihm ein Gräuel. Und so kokettiert er auch später gerne mit seinem bescheidenen Bildungsstand, indem er behauptet, «Anna Karenina» sei das einzige Buch, das er je komplett gelesen habe.
Andererseits ist er der erste britische Thronfolger mit Hochschulabschluss – in Archäologie, Anthropologie und Geschichte. Er hat eine Ausbildung als Jet- und Hubschrauberpilot, über Jahrzehnte spielt er Polo, malt Aquarelle von mässiger Qualität, duscht kalt und fährt Aston Martin sowie Jaguar. Im Garten seines Wohnsitzes hält er Burford-Brown- und Marans-Hühner, in Ecuador ist eine Froschart nach ihm benannt («Hyloscirtus princecharlesi»), und die Massai taufen ihn 2011 auf den Titel «Hüter der Kühe».
Seine Schuhe mit Grösse 42 und die Massanzüge von der noblen Savile Row trägt er gerne jahrzehntelang. Seine Unterhosen sind gebügelt und angeblich im Schritt besonders verstärkt. Womit wir bei seinem Liebesleben wären, das für viele seiner Untertanen immer am meisten Zweifel an seiner Person aufwarf. Hier die liebreizende und viel zu früh gestorbene Lady Di (1961–1997), dort die vom Volk als Rottweiler verspottete, spröde Camilla (75), mit der er 36 Jahre bis zur Hochzeit eine Affäre hatte. Sein 1958 für ihn entworfenes Wappen enthält eine Schriftrolle mit dem sinnigen Inhalt «Ich diene». Er war angehalten, es so lange in dieser Form zu führen, bis die Queen abdanken oder sterben würde. Nun ist er von dieser Last befreit.