Die Frau, die mit der britischen «Mail on Sundy» sprach, nennt sich Ms.D. (27). Gary Glitter (78), so sagt die Vietnamesin, habe sie 2005 als Zehnjährige in seine Villa in Vietnam gelockt und sie «mehrfach missbraucht».
Die Meldung, dass der britische Popstar nach nur der Hälfte seiner Haftstrafe von 16 Jahren bereits freikommt, habe die Frau schockiert. «Er kann nun herumlaufen, sein Geld und seinen Ruhm geniessen. Ich aber lebe jeden Tag damit, was er mir angetan hat. Ich habe eine lebenslange Strafe bekommen.»
Paul Gadd, wie Gary Glitter bürgerlich heisst, soll in den 70er- und 80er-Jahren in Grossbritannien, Kambodscha und Vietnam systematisch Minderjährige missbraucht haben. Ans Licht kamen die Machenschaften des Briten allerdings erst 2012, als bekannt wurde, dass auch Glitter Teil des Pädophilenrings rund um den BBC-Moderator Jimmy Savile (1924–2011) war. Dieser hatte über vierzig Jahre mindestens 300 Kinder, Jugendliche und Schutzbedürftige sexuell missbraucht. Ein Skandal, in dessen Verlauf auch das britische Staatsfernsehen BBC zur Rechenschaft gezogen wurde. Die Sendeanstalt soll die Taten Saviles, Glitters und mehrerer anderer Männer gedeckt haben.
Flucht nach Vietnam
Nachdem Gary Glitter 1997 erstmals in Grossbritannien wegen Besitzes von kinderpornografischem Material verhaftet wurde, flüchtete er zunächst nach Kambodscha, dann nach Vietnam, wo er Ms. D. und ein anderes 12-jähriges Mädchen in seine Fänge lockte. Die Kinder sagten im Verlauf weiterer Ermittlungen im Jahr 2005 gegen Glitter aus, dass der damals 61-Jährige nicht nur sie, sondern auch zahlreiche andere Mädchen in Vietnam missbraucht haben soll.
Ein mutiger Schritt, denn in dem südostasiatischen Land werden Frauen und Mädchen, die solch grausamen Verbrechen zum Opfer fallen, noch immer stigmatisiert. «Ich werde nie jemanden finden, der mich liebt. Ich werde nie heiraten können, wegen dem, was passiert ist. Kein Mann hier wird jemanden mit meiner Vergangenheit akzeptieren», sagt Ms. D. Sie hoffe, dass Gary Glitter nie wieder reisen dürfe. «Er sollte England niemals wieder verlassen dürfen, weil er ein sehr gefährlicher Mann ist. Er wird wieder so grausame Dinge tun.»
Überlebende brach die Schule ab
Sie sei einst eine der besten in ihrer Klasse gewesen, sagt Ms. D. – doch nach dem Missbrauch habe sie die Schule mit nur 14 Jahren verlassen. Auch ihre Mutter habe sich nie von den Geschehnissen erholt, wenige Jahre nach den Vorfällen habe sie einen Schlaganfall erlitten und ist seither halbseitig gelähmt, wodurch sie nicht mehr arbeiten könne. Seither lebe die Familie von rund 160 Franken pro Monat in einer kleinen, einfachen Hütte.
Gary Glitter soll Anfang 2023 aus dem Gefängnis entlassen werden, weil er sich, gemäss britischer Medien, als vorbildlicher Gefangener bewiesen habe. Der ehemalige Superstar besitzt noch immer eine Wohnung in London und ein Herrenhaus im Wert von 2,5 Millionen Franken in einem Vorort der Metropole. Es wird vermutet, dass er nach seiner Haft in eine der Immobilien zurückkehren wird.
Ausserdem, so berichtete die «Mail on Sunday», sei es wahrscheinlich, dass Glitter eine elektronische Fussfessel tragen muss. Zudem wird es für ihn harte Restriktionen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen geben. (grb)