Matthew Perry (†54) liess sich in der Schweiz mit Ketamin behandeln
Zwischen Partydroge und Depressions-Therapie

Der Wirkstoff Ketamin hat einen kuriosen Aufstieg hinter sich. Ursprünglich als Narkosemittel entwickelt, wurde es zu einer beliebten Partydroge. Mittlerweile werden auch depressive Patienten damit behandelt – so auch der im Oktober verstorbene Matthew Perry (†54).
Publiziert: 17.12.2023 um 17:06 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2023 um 17:14 Uhr
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Wie ein Autopsiebericht zeigt, hat das Betäubungsmittel Ketamin bei Matthew Perrys Tod eine entscheidende Rolle gespielt.
Foto: AFP
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Sebastian BabicReporter Blick

Wie ein Obduktionsbericht am vergangenen Freitag enthüllte, starb der «Friends»-Star Matthew Perry (†54) unter anderem aufgrund der Folgen der Einnahme des Narkosemittels Ketamin. Das Medikament ist hierzulande in erster Linie als Partydroge bekannt, findet aber seit rund 20 Jahren auch bei Behandlungen von schweren Depressionen seine Anwendung. 

Einer solchen Ketamin-Therapie hat sich auch Perry unterzogen – erstmals während der Pandemie in einer Schweizer Reha-Klinik, wie er in seiner Biografie preisgab. Dass Ketamin bei Perrys Behandlung zum Einsatz kam, weist auf schwere Depressionen beim Schauspieler hin. Denn: Das Mittel wird nur eingesetzt, wenn mehrere Behandlungen mit gängigen Antidepressiva und Psychotherapie bereits gescheitert sind.

Aufstieg und Risiken

Ketamin wurde in den 1960er-Jahren erstmals synthetisiert und fand ab 1970 vor allem als Narkosemittel Verwendung – auch in der Tiermedizin. Ab den 80er-Jahren wurde das Medikament zudem als Partydroge bekannt und damit auch die Risiken, die mit einem exzessiven Konsum einhergehen. Wird Ketamin chronisch missbraucht, kann es unter anderem zu Schäden im Gehirn und Inkontinenz führen. Im Zusammenspiel mit anderen Medikamenten und Alkohol endet der Konsum in seltenen Fällen tödlich. 

Bei Mischkonsum steigt auch die Unfallgefahr, weil die Konsumenten desorientiert sind. Letzteres hat auch bei Perrys Tod eine Rolle gespielt. Er ertrank in seinem Pool, nachdem er – neben dem Ketamin – weitere Medikamente zu sich genommen hatte.

Vom Pferdeberuhigungsmittel zum Heilsbringer für schwer Depressive

Es gibt aber auch medizinisch hilfreiche Aspekte: Um die Jahrtausendwende begannen die ersten klinischen Studien mit depressiven Patienten. Mit teils durchschlagendem Erfolg. Wie Gregor Hasler, Professor an der Universität Freiburg und Psychotherapeut, gegenüber dem «Beobachter» sagte, sprächen rund 60 Prozent der Patienten auf die Ketamintherapie an. Das sei erstaunlich, da es sich bei den Menschen, die sich solchen Behandlungen unterziehen, um «therapieresistente Patienten» handle. 

Im Gegensatz zu anderen Medikamenten, die ihre Wirkung erst über Wochen entfalten, tritt die antidepressive Wirkung bei Ketamin schnell ein. Nach einem kurzen Rausch zu Beginn hellt sich die Stimmung bei den Patienten innerhalb weniger Stunden auf und hält einige Tage an. Die Therapie wird immer medizinisch und psychotherapeutisch begleitet und darf in der Schweiz nur von zugelassenen Kliniken durchgeführt werden.

Suchterkrankte eigentlich von Therapie ausgeschlossen

Dass die Ketamin-Dosis, die bei der Obduktion von Perrys Leiche gefunden wurde, auf solch eine Therapie zurückzuführen ist, ist laut dem Bericht ausgeschlossen. Zum einen werden bei Behandlungssitzungen sehr tiefe Dosen verabreicht, zum anderen wird der Stoff im Körper innert weniger Tage abgebaut. Zwar hatte Perry rund eineinhalb Wochen vor seinem Tod vom 28. Oktober eine Infusionstherapie mit Ketamin erhalten – er muss sich jedoch danach weiteren Stoff zugeführt haben.

Weshalb sich Perry dieser Therapie in der Schweiz unterziehen durfte, ist hingegen nicht klar. Denn: Laut dem «Beobachter» seien solche Therapien nicht für Menschen mit Suchterkrankungen vorgesehen. Perrys Suchtgeschichte ist lang: Alkohol und Opioide wie Vicodin begleiteten ihn bis zu seinem Tod. So wurde auch im Autopsiebericht ein Medikament erwähnt, welches zur Behandlung von Opioid-Sucht eingesetzt wird.

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