«Alles Walzer!» – alles wie früher? Nicht ganz. 5000 Gäste feierten am Donnerstagabend auf dem Wiener Opernball ein rauschendes Fest im Walzer-Takt. Zwei Mal war das gesellschaftliche Top-Event der Alpenrepublik wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Nun drängten sich prominente und weniger prominente Besucher wieder in der zum Ballsaal umgebauten Staatsoper.
Unter den Gästen war wie immer der österreichische Unternehmer und Gesellschaftslöwe Richard «Mörtel» Lugner (90) mit seinem Stargast Jane Fonda. Die 85-jährige zweifache Oscar-Gewinnerin – sie erhielt für ihren insgesamt eineinhalbtägigen Auftritt an der Seite von Lugner eine unbekannte, aber stolze Summe – trug bei ihrem Gastspiel in der Loge des 90-Jährigen ein langärmeliges weisses Kleid mit cremefarbenen Blumenornamenten.
Über die Höhe der Summe schwieg auch Fonda. Der Grund für ihren Trip nach Wien sei einfach, hatte sie bei einem Pressetermin vor dem Ball erklärt: «Ich werde gut bezahlt und brauche das Geld.»
Erst skeptisch, dann beeindruckt
Nach anfänglicher Skepsis zeigte sie sich beeindruckt von dem Geschehen auf dem Parkett. «Diese Art des Tanzens gibt es in meinem Land nicht», sagte sie. «Ich liebe es», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Im ORF erzählte sie, dass sie eigentlich vorhatte, in Hosen zu erscheinen, weil sie einen Opern- statt einen Ballabend erwartet hatte. Deshalb musste sie ihre weisse Robe ausleihen. «Ich bin Aschenputtel», scherzte sie. «Um Mitternacht ist dann alles weg: mein Kleid, mein Schmuck».
Nach dem festlichen Einzug von 144 jungen Paaren zu einer Polonaise von Frédéric Chopin klatschte die US-Amerikanerin, offenkundig ganz begeistert von dem opulenten Bild, das an alte Kaiser-Zeiten erinnert. Später umarmte die Hollywood-Ikone herzlich ein am Down-Syndrom erkranktes junges Paar, das beim Einzug mitgemacht hatte. Nach rund drei Stunden in der Oper war dann Schluss. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen verliess die 85-Jährige unmittelbar nach Ende ihres Vertrags mit Lugner gegen Mitternacht die Loge.
Proteste am Rande
Die Klimaaktivistin Fonda hatte schon am Vortag deutlich zu erkennen gegeben, dass sie alle Proteste der jungen Generation sehr gut verstehe. Eine Gesinnungsgenossin – die österreichische Klimaaktivistin Lena Schilling – nutzte jedenfalls den roten Teppich vor der Oper für ein politisches Statement. In Abendrobe und Frack gekleidet hielten sie und ein Begleiter ein Banner mit der Aufschrift «Ihr tanzt, wir brennen» in die Kameras.
Neu war am Opernball dieses Jahr ja auch, dass ein Teil der Einnahmen für soziale Zwecke gespendet wird. Die Staatsoper rechnet mit mehreren Hunderttausend Euro für Menschen in Not. Das hielt die Kommunistische Jugend Österreich aber nicht davon ab, im Umfeld der Staatsoper unter dem kämpferischen Motto «Eat the Rich!» zu demonstrieren. Es blieb aber alles friedlich.
FDP-Lindner der «günstig möglichste Gast»
Das Event gilt als gesellschaftlicher Höhepunkt der Ball-Saison in Wien. Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen (79) und Kanzler Karl Nehammer (50) war der Termin Pflicht, die Kanzlergattin Katharina (39) zog aber nach den Worten ihres Mannes einen Termin zum Baubeginn einer von ihr unterstützten Wasser-Pipeline in Tansania vor. Zu den prominenten Gästen zählte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (44, FDP). Er war von seinem österreichischen Kollegen Magnus Brunner (50) eingeladen worden. «Die Leute haben Spass. Und gerade nach der Pandemie ist doch das, was zählt: Man kommt zusammen und feiert die Freiheit», sagte Lindner im ORF. Der FDP-Politiker trank nach eigenen Angaben auf dem Ball keinen Alkohol, weil er faste. «Ich bin also für den österreichischen Finanzminister der günstig möglichste Gast.»
Mit dabei waren auch US-Schauspieler Chris Noth (68, «Sex and the City») und der österreichische Schauspieler Felix Kammerer (27), Hauptdarsteller im Oscar-nominierten Weltkriegsdrama «Im Westen nichts Neues». Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger (77) verfolgte die Eröffnung von der Loge des Bundespräsidenten aus.
Fette Preise
23'600 Euro kostet die teuerste Loge am Opernball, sechs bis acht Gäste finden darin Platz. Für den 65. Wiener Opernball wurden die Eintrittspreise für die normale Laufkarte von 315 auf 350 Euro erhöht. Die Differenz – sowie ein Teil der Preise für Essen und Getränke – sollen gespendet werden. Obendrein hat der Maler Georg Baselitz (85) zu diesem karitativen Zweck im Auftrag der Staatsoper ein Werk geschaffen, das am 22. Februar für mindestens 150'000 Euro versteigert werden soll.
Wien ist eine Ball-Hochburg. Die Wirtschaftskammer rechnete für die etwa 450 Bälle in dieser Saison mit einem neuen Rekord von 550'000 verkauften Tickets. Der Umsatz dürfte bei bis zu 170 Millionen Euro liegen. (SDA)
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