«Das Internet ist grenzenlos. Es hat schöne und grausame Inhalte. Aber es gibt eine Regel. Die Regel null. Und die heisst: ‹Mach keinen Scheiss mit Katzen.›» Das sind die ersten Worte von Deanna Thompson in der Netflix-Dokumentation «Don't F**k with Cats». Thompson war 2010 ein Teil einer Gruppe, die online in den USA den Tierquäler und späteren Mörder Luka Rocco Magnotta (41) jagte.
Der Dreiteiler widmet sich dem zwei Jahre andauernden Drama rund um Magnotta, das grauenvoll beginnt und schlimmer endet: Der damals 31-Jährige postete auf Youtube ein Video, in dem er zwei Büsi-Babys filmt, diese zunächst streichelt und mit ihnen schmust, kurz darauf greift er sich die Tiere, steckt sie in einen Vakuumbeutel und saugt die Luft aus dem Sack. Die Tiere verenden qualvoll.
Netflix zeigt die Szenen, in denen die Katzen zu Tode gequält werden, nicht – sie seien zu verstörend für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Ähnlich grauenvolle Bilder haben mit dem Büsi-Quäl-Video, das aktuell in sozialen Medien kursiert und in das der Schweizer Jugendliche Elfat T. (16) mutmasslich involviert sein soll, nun auch die Schweiz erreicht. Zu sehen ist eine junge, schwarze Katze, die auf einer Strasse von zwei Jugendlichen zu Tode gequält wird. Nebst zwei Männerstimmen ist auch eine Frau auf dem Video zu hören, das Blick wegen der Brutalität nicht publiziert. Sie sprechen Serbisch und teils Zürichdeutsch – und sie lachen. Internet-User haben die Identitäten der jungen Männer schnell ausfindig gemacht. Seither prasseln heftige Drohungen auf Elfat T., seine Familie und sein Umfeld ein. Der Mob droht Elfat T. sogar mit dem Tod.
Der «Rausch» des Internet-Mobs
Wie solche Skandale eskalieren können und ein Online-Mob gnadenlos jemanden an den Pranger stellen kann, zeigt der Netflix-Dok «Don't F**k with Cats». Hier analysiert die Gruppe rund um Deanna Thompson jedes Detail aus den Videoclips des Tierquälers und kommuniziert konstant über ihre Jagd in einer Facebook-Gruppe. Schnell gerät ein Unschuldiger in den Fokus, der unter den Drohungen zerbricht und sich schliesslich das Leben nimmt.
Für Netflix offenbar Kollateralschaden, denn auf den Mann gehen die Macher der Doku nicht weiter ein, noch weniger die Internet-Ermittelnden. Sie suchen weiter. «Es ist wie ein Rausch, man kann nicht aufhören», sagt Deanna Thomspon. Schliesslich entlarvt die Gruppe Luka Rocco Magnotta, einen kanadischen Pornodarsteller und Schauspiel-Aspiranten als den Büsi-Mörder.
Keine Verbindung zum Schweizer Büsi-Quäl-Video
Hier nimmt die True-Crime-Doku eine Wendung unglaublichen Ausmasses: Magnotta lässt sich von dem Internet-Mob anstacheln, gerät in einen Rausch und postet Quäl-Video um Quäl-Video mit kleinen Katzen. Eines grauenvoller als das andere. Bis ihm Tiere schliesslich nicht mehr ausreichen – 2012 wird Luka Magnotta zum Menschenmörder. Mit einem Eispickel tötet er den chinesischen Austauschstudenten Jun Lin (1972–2012) und seinen Hundewelpen in einem Appartement in Montreal. Er filmt die Tat und stellt das Video ins Internet. Die Polizei identifiziert Magnotta, kann den Mann aber nur mithilfe der Facebook-Community finden. Er flüchtet über Paris nach Berlin und wird dort schliesslich in einem Internet-Café festgenommen. 2014 wird Luka Magnotta in Kanada schuldiggesprochen und zu einer Haftstrafe von 24 Jahren verurteilt.
Für Elfat T. und seine mutmasslichen Mittäter gilt die Unschuldsvermutung.