Whitney Houston (1963–2012) gehörte zu den begabtesten Sängerinnen aller Zeiten. Doch im Februar 2012 kam es zu einer Tragödie. Houston stirbt viel zu früh mit nur 48 Jahren.
Vielleicht feiern deshalb Millionen von Fans am 9. August so wehmütig den 60. Geburtstag von Whitney Houston, als wollten sie nicht wahrhaben, dass ihr Idol seit über elf Jahren tot ist. Als habe sich beim schicksalhaften Verlauf dieser Lebensgeschichte Goethes (1749–1832) schönstes Gedicht bewahrheitet: «Alles geben die Götter, die unendlichen, ihren Lieblingen ganz. Alle Freuden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.»
Whitney Houston verkaufte über 200 Millionen Tonträger
Dieses Leben umriss die «Berliner Morgenpost» in einem Absatz: «Am Anfang ihrer Karriere wird sie nach ihrem Traum gefragt. ‹Mein Traum?›, entgegnet sie: ‹Singen, wie ich singen will. Sein, wie ich sein will.› Ersteres sollte sich für Whitney Houston unbedingt erfüllen. Sie hatte eine Stimme aus Gold, wurde zur grössten Soulstimme ihrer Zeit, verkaufte über 200 Millionen Tonträger (…) und gewann allein sechs Grammys. Zweiteres aber gelang ihr nie. Sie konnte nie ihr eigenes Leben leben. Die grosse Tragik von Whitney Houston, die (…) im Alter von nur 48 Jahren starb, in einer Badewanne, wo sie, von Drogen berauscht, unters Wasser glitt und ertrank.»
So werden zu diesem traurigen Geburtstag wieder ihre Welthits aus dem Radio klingen, noch häufiger als sonst, zum Beispiel «One Moment in Time», «I Look To You», «When You Believe», natürlich «I Will Always Love You» und «The Greatest Love Of All». Mit letzterem Song hat ihre Karriere Fahrt aufgenommen. Das war 1983. Der Hollywood-Film «Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody», benannt nach einem ihrer Erfolgssongs, der Ende 2022 in die Kinos kam und auf Netflix zu sehen ist, schildert die Szene.
Ein schlankes, rehhaftes Mädchen steht auf der Bühne des Sweetwater Clubs in New York und singt «The Greatest Love Of All». Eigentlich sollte ihre Mutter auftreten, die Gospelsängerin Cissy Houston (89), so beschreibt es der «Spiegel», «doch im Publikum sitzt an diesem Abend der mächtige Musikmogul Clive Davis (91). Cissy täuscht Stimmprobleme vor, damit ihre begabte Tochter glänzen kann – und entdeckt wird».
«Ein einmaliges Talent»
Clive Davis ist eine berühmte Grösse im Musikbusiness, er hat unter anderem Billy Joel (74), Santana und Bruce Springsteen (73) zu Stars gemacht. Die blutjunge Whitney Houston beeindruckt ihn sehr. «Da kommt diese 19-Jährige ans Mikrofon und findet mehr Bedeutung in diesem Text, als die Komponisten im Sinn hatten, als sie ihn schrieben», sagt er später im Interview. Und: «Es war absolut atemberaubend. In diesem Moment wusste ich, dass dies ein seltener Fund ist. Das ist ein einmaliges Talent.» Er nimmt sie unter Vertrag.
Zu diesem Zeitpunkt ist Whitney Houston bereits keine Unbekannte mehr. Sie war bereits ein gefragtes Kindermodel und startete als ausnehmend schöne junge Frau eine erfolgreiche Modelkarriere. Sie war eines der ersten schwarzen Mädchen auf der Titelseite der Teenagerzeitschrift «Seventeen», arbeitete mit bekannten Fotografen wie David LaChapelle (60), Sante D'Orazio (67) und Patrick Demarchelier (1943–2022) und war Covermodel bei «Vogue», «Harper's Bazaar» und «Rolling Stone».
Doch ihre wahre Welt ist die der Musik, denn diese Whitney Houston aus Newark bei New York entstammt einer Musik-Dynastie, einer «First Family of Gospel» laut «Rolling Stone»-Magazin. Ihre Mutter Cissy, die ihre musikalische Ausbildung übernimmt, ist ein gefragter Gospelstar und war als Backgroundsängerin bei Dusty Springfield (1939–1999), Elvis Presley (1935–1977) und Jimi Hendrix (1942–1970). Ihre älteren Cousinen Dee Dee Warwick (1942–2008) und vor allem Dionne Warwick (82, fünf Grammys) sind berühmte Soulsängerinnen. Und die Königin des Souls, Aretha Franklin (1942–2018), ist ihre Patentante.
Nun nimmt sich Clive Davis ihrer an. Die besten Songtexter und Komponisten werden verpflichtet, ebenso die besten Musiker, um mit Whitney Houston das perfekte Debütalbum zu produzieren. 1985 erscheint «Whitney Houston», das mit über 15 Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten Debütalben wird. Bis heute hat sich die Zahl auf 30 Millionen erhöht.
Mit 22 ist sie Millionärin, mit 25 muss man noch nicht mal «Whitney Houston» sagen, um von ihr zu sprechen. Sie ist «The Voice», die einzigartige Stimme, die drei Oktaven umfasst und die sie modellieren kann, bis ihrem Publikum die Tränen kommen. Bis 1987 hat sie sieben aufeinanderfolgende Nummer-eins-Hits und im Guinness Buch der Rekorde den Eintrag der «erfolgreichsten Sängerin aller Zeiten». Sie singt das Titellied der NBC-Übertragungen von den Olympischen Spielen in Seoul und vor dem Super Bowl XXV 1991 die amerikanische Nationalhymne, wie man sie noch nie gehört hat.
Mit «Bodyguard» auf dem Höhepunkt ihrer Karriere
Dann kommt Hollywood. An der Seite von Kevin Costner (68) spielt sie 1992 in «Bodyguard» die weibliche Hauptrolle. Obwohl ihre schauspielerische Leistung überschaubar bleibt, wird der Film ein Kassenschlager, denn Whitney Houston steuert sechs Songs zum Soundtrack bei. Das Titellied «I Will Always Love You» wird ihr grösster Hit und zur schönsten Ballade aller Zeiten.
Das ist die strahlende Seite von «America's Sweetheart», aber da ist auch die andere, die dunkle, «ihr tragischer Fall von ganz oben nach ganz unten», wie es die Zeitung «Der Standard» beschreibt.
Wie viel Schuld trägt Bobby Brown?
«Vielleicht war es die Heirat mit dem Taugenichts Bobby Brown, die Whitneys Leben aus dem Ruder laufen liess», mutmasst das Magazin «Rolling Stone». Der sechs Jahre jüngere Brown (54) ist ein Gegenentwurf zu Whitney Houston, ein «Bad Boy» aus der R&B-Szene, der als Sänger durchaus Erfolg und Nummer-eins-Hits hat, ansonsten mit einer grossen Klappe und schlechten Manieren auffällt. In ihn verliebt sich America's Sweetheart. Nach einer Beziehung mit Eddie Murphy (62) heiratet sie ihn 1992. Ein Jahr später kommt die gemeinsame Tochter Bobbi Kristina (1993–2015) zur Welt.
Die Ehe wird zu einem Desaster aus Drogen – und Gewaltexzessen. Freunde des Paares geben dem Bad Boy Brown die Schuld, dass seine Frau mit Kokain, Heroin und Crack in Berührung kommt und die Drogen massenhaft konsumiert. Obwohl bekannt wird, dass er sie misshandelt, hält sie weiterhin zu ihm. «Er war meine Droge,» sagt sie später in einer Talkshow, «ich habe nichts ohne ihn getan».
Er ist angeblich eifersüchtig auf ihre Erfolge – und auf ihre Freundin und Assistentin Robyn Crawford (62), die ein lesbisches Verhältnis zu Whitney Houston haben und ihr das Ultimatum gestellt haben soll: Entweder Bobby Brown oder ich. Houston entscheidet sich für den Ehemann.
Der Talkmasterin Oprah Winfrey (69) erzählt sie, wie ihre Mutter später den Haushalt Brown/Houston gestürmt habe, um ihre Tochter in eine Entzugsklinik zu bringen – mit den Worten: «Ich werde dich nicht an den Satan verlieren, ich will meine Tochter zurück!»
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Schwer gezeichnet von der Drogensucht
2007 lässt sie sich scheiden. Zuletzt hat Brown sie vor den Augen ihrer kleinen Tochter im Drogenrausch angespuckt. Das war's. Whitney Houston erhält das alleinige Sorgerecht, doch sie ist ein Wrack, schwer gezeichnet von ihrer Drogensucht. Ihre Tournee zum Album «I Look To You» im Jahr 2009 wird zum Fiasko. Im Internet kursieren Mitschnitte mit ihrer versagenden Stimme, beim Berliner Konzert wird sie ausgelacht. Die Demontage geschieht live auf offener Bühne, die Fans schauen fassungslos der Tragödie zu.
Nach etlichen Entziehungskuren scheint es, als würde sie die Kurve kriegen. Am 9. Februar 2012 sucht sie ihren Manager Davis auf, voller Pläne und Ideen, bespricht mit ihm neue Songs, eine neue Tournee. «Sie war so hoffnungsvoll. Sie war so sicher, dass sie geheilt war, dass sie sogar vom Zigarettenrauchen losgekommen war. Sie hatte wieder eine Stimme», so zitiert der «Spiegel» Clive Davis. «Aber wissen Sie, Drogen sind so mächtig.»
Die Tragödie um Whitney Houston ist noch nicht vorbei
48 Stunden später ist Whitney Houston tot. Ihre Assistentin findet sie in der Badewanne ihrer Suite im Beverly Hilton Hotel in Los Angeles. In ihrem Zimmer steht eine geöffnete Flasche Champagner, die Polizei findet auch einen Löffel mit einer «weissen, kristallartigen Substanz». Im Autopsiebericht heisst es: Tod durch Ertrinken, Herzkrankheiten und Kokainkonsum.
Doch die Tragödie um Whitney Houston ist noch nicht vorbei. Am 26. Juli 2015 stirbt ihre Tochter Bobbi Kristina im Alter von 22 Jahren. Ihr Tod ist eine gespenstische Parallele zu dem ihrer Mutter: Auch Bobby Kristina wird in einer Badewanne gefunden, ein halbes Jahr liegt sie im Koma. Die Todesursache: Hirnschäden und Lungenembolie, die durch den Missbrauch von Alkohol, Marihuana, Morphium und einem Kokain-Ersatzpräparat eingetreten sind.
Während Sony BMG die offizielle Webseite von Whitney Houston heute betreibt und ständig mit News, Fotos, Videos und Boutique-Angeboten füttert, geht das Drama im Haus Houston/Brown weiter. Am 18. November 2020 stirbt Bobbi Kristinas Halbbruder Bobby Brown Jr. mit 28 an einem Mix aus Alkohol, Drogen und dem Schmerzmittel Fentanyl.
Sein Vater Bobby Brown hat inzwischen der Drogensucht den Kampf angesagt, er selbst bezeichnet sich heute als clean. Zu den harten Drogen habe ihn Whitney Houston gebracht – und nicht andersrum. (SpotOn)