Schauspielerin Jessica Chaistain (46) bringt Hollywood-Glanz nach Zürich. Am Sonntagabend wurde sie am Zurich Film Festival mit dem «Golden Icon Award» – dem goldenen Auge für ihr Lebenswerk – ausgezeichnet. Mit im Gepäck hatte sie auch ihren neuen Film «Memory». Im Beziehungsdrama spielt sie die Sozialarbeiterin Sylvia, eine von Drogensucht und Missbrauchserfahrungen zerrüttete Frau, die bei einem Jahrestreffen auf den demenzkranken Ex-Mitschüler Saul trifft, gespielt von Peter Sarsgaard (52). Um ein Haar hätte Regisseur Michel Franco (44) Chastains Rolle anders besetzt, obwohl sie erst vergangenes Jahr ihren Oscar für «Die Augen von Tammy Faye» bekommen hatte. Oder besser besagt: Weil sie ihn gerade gewonnen hatte.
Jessica Chastain: Michel hatte von jemandem die falschen Infos bekommen, dass es ein echter Alptraum sei, mit mir zusammenzuarbeiten. Mit dieser Diva, die jetzt so viel Aufmerksamkeit bekommt, dass sie nicht mehr an einem kleinen Film interessiert sei. Angeblich auch, weil ich keine eigene Garderobe bekommen würde.
Blick: Das stimmte nicht?
Also, es gab tatsächlich keine Garderobe. Aber ich bin direkt nach den Oscars zum Set gekommen. Und ich habe dort meine eigenen Haare frisiert und mir meine eigenen Kostüme zusammengestellt. Die habe ich mir übrigens auch selbst im Geschäft gekauft.
Die Rolle scheint Sie besonders gereizt zu haben.
Ich fand schon das Drehbuch fantastisch und wusste gleich, in welche Richtung es gehen würde. Ein düsterer Film, ganz wie Michel Franco Filme aufzieht. Was mich letztendlich überzeugt hat, ist, dass nicht ein einziges Klischee im Skript zu finden war.
Wie meinen Sie das genau?
Es ist eine Art Revanche-Film. Und ich hätte erwartet, dass jetzt noch mal #MeToo oder die Pandemie aufgekocht wird. Aber das war nicht der Fall. Der ganze Film kommt ohne unnötig schlüpfrige Szenen aus. Es ist ein Inhalt, der anders ist als alles, was ich bisher gesehen habe.
Haben Sie eigene Erfahrungen mit Demenzkrankheit in Ihrer Familie?
Zum Glück nicht. Aber ich habe viele enge Freunde, wo das der Fall ist. Deshalb weiss ich nur zu gut, wie traumatisch das sein kann.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Normalerweise mache ich vorher ein ausführliches Rollenstudium. Doch wenn man mit Michel arbeitet, ist es anders. Dann kommst du einfach direkt zum Set und fängst an zu drehen. Und du wirst in ein echtes Umfeld mit eingebaut. Wir waren in einem Heim für Demenzkranke, und ich habe da direkt mitgeholfen. Beim Schuheanziehen, beim Frühstückmachen und beim zum Bus bringen. Ich habe beim Mittagessen in der Kantine gearbeitet. Es war alles sehr real. Auch die AA-Meetings am ersten Drehtag waren echt.
Sie haben echte Meetings der Anonymen Alkoholiker gefilmt?
Nein, bei uns sind nur Schauspieler zu sehen. Aber im Gebäude haben auch die echten Meetings stattgefunden. Das macht alles sehr authentisch.
Ohne zu viel vorwegzunehmen: Sie spielen als Sylvia eine Frau, die ein sexuelles Trauma erlitten hat und deren ganzes Leben davon geprägt ist. Wie sind Sie damit umgegangen?
Auch hier habe ich jetzt kein Extra-Rollenstudium betrieben. Ich kenne eh die traurigen Statistiken, wie viele Frauen in der Gesellschaft körperliche und sexuelle Gewalt erleben müssen. Und fast jeder von uns kennt jemanden, auf den das zutrifft. Deshalb habe ich am Set spontan Sylvias traumatische Geschichte in meinem Kopf kreiert – und dann versucht, diese wieder zu verdrängen. Genauso, wie sie es tut.
Als Jessica Chastain (46) zur Welt kam, war ihre Mutter Jerry Hastey (63) 16 Jahre jung. Ihr Vater war der Rockmusiker Michael Monasterio (1957–2013). Die US-Amerikanerin wurde durch Rollen in «Zero Dark Thiry» von 2012 und «Interstellar» von 2014 bekannt. Letztes Jahr wurde sie mit ihrem ersten Oscar für den Film «The Eyes Of Tammy Faye» ausgezeichnet. Sie ist seit 2017 mit dem italienischen Grafen und Modeunternehmer Gian Luca Passi de Preposulo (41) verheiratet. Vor sechs Jahren kam ihre Tochter Giulietta per Leihmutter zur Welt. Spekulationen, das Paar hätte ein zweites Kind, sind nicht bestätigt.
Als Jessica Chastain (46) zur Welt kam, war ihre Mutter Jerry Hastey (63) 16 Jahre jung. Ihr Vater war der Rockmusiker Michael Monasterio (1957–2013). Die US-Amerikanerin wurde durch Rollen in «Zero Dark Thiry» von 2012 und «Interstellar» von 2014 bekannt. Letztes Jahr wurde sie mit ihrem ersten Oscar für den Film «The Eyes Of Tammy Faye» ausgezeichnet. Sie ist seit 2017 mit dem italienischen Grafen und Modeunternehmer Gian Luca Passi de Preposulo (41) verheiratet. Vor sechs Jahren kam ihre Tochter Giulietta per Leihmutter zur Welt. Spekulationen, das Paar hätte ein zweites Kind, sind nicht bestätigt.
Wie würden Sie Sylvia beschreiben?
Sie ist eine Frau, die seit ihrer Kindheit voller Scham und Selbstverurteilung gelebt hat. Sie hat ihr Trauma benutzt, um eine emotionelle Mauer um sich herum zu errichten – wie ein Schild, mit dem sie sich und ihre Tochter beschützt. Nur dass sie dabei aufhört, wirklich zu leben. Und dann bekommt sie die Gelegenheit, zum ersten Mal ihre Vergangenheit und ihr Trauma ablegen zu können. Natürlich ist der Grund dafür so traurig wie tragisch, weil ihr Gegenüber durch seine Krankheit alles vergessen hat und sie so nimmt, wie sie ist. Das finde ich so wundervoll an der Geschichte.
Sie sind einer der wenigen grossen Stars, die während des Hollywood-Streiks zu Filmfestivals fliegen durften – weil es kein Studiofilm ist. Hat es sich dennoch merkwürdig angefühlt, allein auf weiter Flur zu sein?
Ich war sehr nervös, bevor ich zur Premiere in Venedig ging. Weil mir selbst einige Leute aus meinem Team vom Reisen abgeraten haben. Doch im Nachhinein fühle ich mich einfach nur glücklich, dass mir meine Gewerkschaft diese Möglichkeit gegeben hat. Ich unterstützte die Ziele der Schauspielergewerkschaft SAG-Aftra aus voller Überzeugung. Wir mussten in den vergangenen Jahrzehnten in einem Umfeld arbeiten, das Missstände am Arbeitsplatz zugelassen hat. Und es ist ein Umfeld, das den Mitgliedern meiner Gewerkschaft unfaire Verträge aufgezwungen hat.
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