14 Jahre nach Mord im italienischen Perugia
Amanda Knox wehrt sich gegen Verfilmung

Die US-Amerikanerin Amanda Knox erlangte durch den Mordfall Kercher weltweit Bekanntheit. Nun wehrt sie sich gegen eine Verfilmung mit Hollywood-Star Matt Damon, weil sie darin wieder zur Schuldigen werde. «Stillwater» läuft ab 9. September auch in den Schweizer Kinos.
Publiziert: 15.08.2021 um 10:14 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2021 um 14:07 Uhr
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Amanda Knox, als «Engel mit den Eisaugen» in die Kriminalgeschichte eingegangen, wurde 2015 freigesprochen und später vom italienischen Staat entschädigt. Seither ist sie unterwegs, um ihre Sicht der Dinge darzustellen (hier in der ABC-Talkshow «Good Morning America» 2018).
Foto: Walt Disney Television via Getty Images
Jean-Claude Galli

Der Mordfall Meredith Kercher (1985–2007) schlägt während acht Jahren höchste Wellen: 2007 kommt die britische Studentin im italienischen Perugia gewaltsam ums Leben. Angeklagt wird ihre US-Kommilitonin Amanda Knox (34) mit ihrem damaligen Freund Raffaele Sollecito (37). Als mögliche Todesursache sind ein Ritual-Verbrechen mit satanischen Motiven und ein eskaliertes Sex-Spiel im Gespräch. Knox erlangt als «Engel mit den Eisaugen» und «Foxy Knoxy» weltweite Bekanntheit und verbringt vier Jahre in Haft. 2015 kommt sie wegen Verfahrensmängeln frei.

Mord, Sex und ein Justizskandal – bei diesen Ingredienzien lässt eine filmische Umsetzung nicht lange auf sich warten. Bereits 2011 entsteht ein erstes spekulatives TV-Dokudrama mit Hayden Panettiere (31). Knox klagt gegen die Ausstrahlung. 2013 verfasst sie selber ein Buch aus ihrer Sicht. Und 2016 veröffentlicht Netflix eine Dokumentation, bei der Knox mitwirkt. Ihre Absicht, so die Deutungshoheit über ihren Lebenslauf zurückzuerlangen, erweist sich aber als Trugschluss.

Ist Knox bloss eine Trittbrettfahrerin?

Seit Anfang August läuft in den USA der Spielfilm «Stillwater» (Schweiz-Start am 9. September). Matt Damon (50) spielt darin einen Vater, der nach Marseille fliegt, um nach Beweisen für die Unschuld seiner dort im Gefängnis sitzenden Tochter zu suchen. Knox, die ihren Lebensunterhalt mittlerweile als freie Journalistin und Autorin verdient, wehrt sich heftig gegen die Verbreitung des Werks und publizierte zur Premiere einen Essay mit dem vielsagenden Titel «Wem gehört mein Name?».

Sie sagt, sie sei von den Machern im Vorfeld nie kontaktiert oder gefragt worden, ob sie Einwände gegen den Film habe. Und obschon der Inhalt nicht deckungsgleich mit den realen Ereignissen ist, bringt er laut Knox ihren Namen in einem negativen Zusammenhang in die Köpfe der Menschen zurück. Zumal sich die Tochter am Schluss – Achtung Spoiler-Alarm! – nicht als unschuldig erweist. Verschiedene Kritiker werfen Knox allerdings vor, erst genau in jenem Moment laut reagiert zu haben, als der Film greifbar wurde, um grösstmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen und als «Trittbrettfahrerin» ihre eigenen Podcast- und Buchgeschäfte anzukurbeln.

Wie fiktiv ist «Stillwater»?

Tatsächlich sind die Anspielungen auf den Fall so klar, dass sie nicht nur Betroffenen auffallen. Regisseur Tom McCarthy (55) sagte in einem Interview sogar, der Film sei «direkt von der Knox-Saga inspiriert» worden. Vergangene Woche schwächte er seine Aussagen ab und meinte, «Stillwater» sein ein «fiktives Werk, das auf realen Begebenheiten basiere».

«True Crime»-Verfilmungen sind inhaltlich-rechtlich oft eine Gratwanderung, je nachdem, wie Angehörige von Opfern und Tätern einbezogen werden. Noch vertrackter ist die Sache, wenn, wie im Fall Knox, die Schuldfrage vermutlich nie einwandfrei geklärt werden sollte. Viele Mordfälle, die ein breites Publikum ansprechen würden, kommen so nie auf einen Bildschirm. Oder ihr Ablauf wird verfremdet, um mögliche Klagen zu vermeiden und dennoch von der Bekanntheit des Falls zu profitieren. «Stillwater» ist das jüngste Beispiel in einer langen, illustren Reihe.

Diese Kinohits basieren auf echten Mordfällen

«Monster» (2003): Aileen Wuornos wurde 1992 in sechs Mordfällen verurteilt und 2002 hingerichtet. Für Charlize Theron (46) markierte der Film die Abkehr zu ernsthaften Rollen und bescherte ihr den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

«Scream» (1996): Das Werk von Wes Craven (1939–2015) lancierte eine ganze Reihe von Teenie-Horrorstreifen. Die Story basiert auf Gainesville-Ripper Danny Rolling (1954–2006), der 1990 innerhalb von vier Tagen fünf Schüler ermordete.

«Once Upon a Time in Hollywood» (2019): Quentin Tarantinos (58) Geniestreich mit Brad Pitt (57) als Stuntman erzählt die brutale Geschichte der Manson Family, die am 9. und 10. August 1969 sieben Morde beging, fantasievoll neu.

«Psycho» (1960): Alfred Hitchcocks (1899–1980) Opus magnum über den Motel-Killer Norman Bates orientiert sich an Ed Gein (1906–1984), der auch in «The Texas Chain Saw Massacre» oder «Das Schweigen der Lämmer» verewigt ist.

«Monster» (2003): Aileen Wuornos wurde 1992 in sechs Mordfällen verurteilt und 2002 hingerichtet. Für Charlize Theron (46) markierte der Film die Abkehr zu ernsthaften Rollen und bescherte ihr den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

«Scream» (1996): Das Werk von Wes Craven (1939–2015) lancierte eine ganze Reihe von Teenie-Horrorstreifen. Die Story basiert auf Gainesville-Ripper Danny Rolling (1954–2006), der 1990 innerhalb von vier Tagen fünf Schüler ermordete.

«Once Upon a Time in Hollywood» (2019): Quentin Tarantinos (58) Geniestreich mit Brad Pitt (57) als Stuntman erzählt die brutale Geschichte der Manson Family, die am 9. und 10. August 1969 sieben Morde beging, fantasievoll neu.

«Psycho» (1960): Alfred Hitchcocks (1899–1980) Opus magnum über den Motel-Killer Norman Bates orientiert sich an Ed Gein (1906–1984), der auch in «The Texas Chain Saw Massacre» oder «Das Schweigen der Lämmer» verewigt ist.

Amanda Knox hat geheiratet
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Im bizarren Weltall-Kostüm:Amanda Knox hat geheiratet
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