Schachinger wurde Montagabend in Frankfurt am Main für seinen Roman «Echtzeitalter» ausgezeichnet. Dieser erzählt die Geschichte des Wiener Teenagers Till, der mit Computerspielen seine Welt erobert und dort einen Ort der Fantasie und Freiheit findet.
Die Jury begründete die Auszeichnung Schachingers damit, dass dieser «auf erzählerisch herausragende und zeitgemässe Weise» in seinem Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur verhandle.
Der 31 Jahre alte Schachinger stand bereits 2019 mit seinem Debütroman «Nicht wie ihr» auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. «Echtzeitalter» ist sein zweites Werk.
In seiner Dankesrede erinnerte der neue Preisträger an die Eskalation im Nahen Osten nach dem Angriff der Hamas auf Israel. «Wir wissen alle, dass das hier nicht das Wichtigste ist», sagte er über seine eigene Auszeichnung. Er empfinde es als «unerträglich» zu sehen, was derzeit auf der Welt passiere. Es sei aber auch schwer, darüber zu sprechen.
Für den diesjährigen Deutschen Buchpreis nominiert waren neben Schachinger auch die Schriftstellerinnen Terezia Mora, Necati Öziri, Anne Rabe, Sylvie Schenk und Ulrike Sterblich. Der Gewinner erhält ein Preisgeld von 25'000 Euro, alle anderen Nominierten jeweils 2500 Euro. Im vergangenen Jahr erhielt Kim de l'Horizon aus der Schweiz den Preis für das Werk «Blutbuch».
Der Deutsche Buchpreis ist einer der renommiertesten Literaturpreise in Deutschland. Die Vorsteherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, zeigte sich besorgt über die Lage der Meinungsfreiheit.
Es mache ihr Sorgen, wenn Schriftstellerinnen und Schriftsteller davon ausgingen, dass ein Buch wie «Die satanischen Verse» des diesjährigen Trägers des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Salman Rushdie, heute weder geschrieben werden noch einen Verlag finden könne, sagte Schmidt-Friderichs. Es mache ihr auch Sorgen, dass in den USA derzeit manche Bücher aus den Schulen verbannt werden.
«90 Jahre nachdem in Deutschland Bücher brannten, möchte ich in aller Deutlichkeit Bücherschreiben und Publizieren als Grundlage der Demokratie hervorheben», sagte Schmidt-Friderichs. Lesen sei Empathietraining und Toleranzschulung. Die Nationalsozialisten hatten 1933 bei den sogenannten Bücherverbrennungen Bücher von von ihnen verfemten Schriftstellern verbrannt.
Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig ging in ihrer Rede auf einen Streit rund um den Buchpreis ein. Es verstöre sie, dass neuerdings Autorinnen und Autoren das Recht abgesprochen werde, über etwas zu schreiben, was sie nicht persönlich erlebt haben, sagte sie zu der Debatte über das am Ende nicht auf der Shortlist des Buchpreises gelandete Buch «Gittersee» von Charlotte Gneuss.
Die Autorin des in der DDR spielenden Buchs war erst nach der Wende geboren worden und stammt aus Westdeutschland, Kritiker hatten ihr zahlreiche Mängel vorgeworfen. Hartwig sagte zu der Debatte um Gneuss, deren Alter und Herkunft: «Wenn das der Massstab sein soll, dann können wir nämlich die Literaturgeschichte einmotten, dann wäre das der Tod von Phantasie und Poesie.»
(AFP)