Der britische-indische Schriftsteller Salman Rushdie erhält in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels würdigte den 76-Jährigen am Montag in Frankfurt am Main «für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert».
«Leidenschaftlicher Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache».
Trotz eines Lebens in ständiger Gefahr sei Rushdie «einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache» - und zwar auch von jenen Menschen, deren Ansichten er nicht teile, hiess es in der Begründung des Börsenvereins. In seinen Romanen und Sachbüchern verbinde er erzählerische Weitsicht mit literarischer Innovation, Humor und Weisheit. «Dabei beschreibt er die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören, aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeists Einzelner.»
Empörung um «Satanischen Verse»
Rushdie wurde immer wieder Opfer von Drohungen und Mordversuchen, seit er 1988 den Roman «Die Satanischen Verse» veröffentlicht hatte. Die iranische Staatsführung bezeichnete das Buch als blasphemisch. Irans damaliges geistliches Oberhaupt Ayatollah Khomeini rief 1989 in einer Fatwa zur Tötung des Schriftstellers auf. Rushdie lebte jahrelang unter strengem Polizeischutz an immer wieder wechselnden geheimen Orten.
Kurz vor Veröffentlichung seines jüngsten Romans «Victory City» wurde er im vergangenen August Opfer einer Messerattacke in den USA, die er nur knapp überlebte. Bei einer Konferenz im US-Bundesstaat New York wurde er von einem US-Bürger mit libanesischen Wurzeln angegriffen und schwer verletzt. Seitdem ist der britisch-indische Autor mit US-Staatsbürgerschaft auf einem Auge blind.
Rushdie äusserte sich dankbar und erfreut über die Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. «Ich weiss, wie bedeutsam dieser Preis ist, und ich bin ein wenig eingeschüchtert von der Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger, zu der sich mein Name nun gesellen wird», erklärte er.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Rushdie als unbeugsamen und grossen Autor. Sein ganzes Werk «stemmt sich gegen die Ideologien und schrecklichen Vereinfachungen, verteidigt die wunderbare Komplexität der Welt und die enorme Kraft des Erzählens», der sich Rushdie seinen Romanen und Essays verpflichtet fühle.
Rushdies Leitgedanke, dass die Freiheit des Schreibens und Sprechens niemals preisgegeben werden dürfe, sei «eine so mutige wie bewundernswerte, von innerer Unbeugsamkeit getragene Haltung, der ich meinen grossen Respekt zolle», erklärte Steinmeier.
Friedenspreis für Rushdie
Der Friedenspreis wird am 22. Oktober in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Die Auszeichnung wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Schriftsteller und Musiker Serhij Schadan geehrt. Zu weiteren Preisträgern in der Vergangenheit zählen der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado, die Schriftstellerin Susan Sontag und der Philosoph Jürgen Habermas.
Der am 19. Juni 1947 im indischen Bombay, heute Mumbai, geborene Rushdie gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern der englischsprachigen Gegenwartsliteratur. Seine Romane, die in über 40 Sprachen übersetzt wurden, verknüpfen häufig magischen Realismus mit historischer Fiktion.
Sie handeln von Verbindungen, Migration und Brüchen zwischen östlichen und westlichen Zivilisationen und sind oft auf dem indischen Subkontinent angesiedelt. Rushdie schreibt neben Romanen auch Kurzgeschichten, Reiseberichte, Essays und journalistische Beiträge.
Für sein literarisches Schaffen und sein gesellschaftliches Engagement wurde Rushdie mit zahlreichen internationalen Preisen bedacht. Im Jahr 2007 erhob di inzwischen verstorbene britische Königin Elizabeth II. den Schriftsteller in den Ritterstand.
(AFP)