Ihr Name: Vetsch, Mona Vetsch (45). Ihr Auftrag: die Quote am Sonntagabend zurückholen, die SRF letztes Jahr mit Filmen wie dem Bond-Klassiker «Moonraker» verschossen hat. Die einfühlsame Thurgauerin braucht dabei kein furioses Setting und kein Weltraumgeballer, um die Leute zu packen. In «Reporter Spezial» geht sie in vier Folgen der Frage nach, was glücklich macht. Gestern stellte sie die Gretchenfrage: Wie hast du's mit der Religion? Vetsch traf einen Pilger, eine Pfarrerin und den Komiker Beat Schlatter (59). Das Publikum war nicht geschüttelt – aber gerührt.
Es ist mutig, den Sonntag mit gesellschaftlichen Themen zu besetzen, statt mit leichter Spielfilmkost. Die ARD zeigt diesen Sommer alte «Tatort»-Episoden, während SRF «Reporter» von der Geisterstunde in die Primetime befördert, was das Format quotenmässig befeuert. Vetschs Mission geht auf: Ihre Sendung über Geld holte 23,8 Prozent Marktanteil – «Moonraker» auf dem selben Sendeplatz 2019 deutlich unter 20 Prozent. Auch die Frage, ob Kinder glücklich machen, interessierte mehr als die Komödie «Liebe und andere Unfälle» vor einem Jahr.
Sparabsichten spielen keine Rolle
Viel sparen wird SRF mit der neuen Strategie kaum: Eine 25-minütige Folge von «Reporter» kostet 36'000 Franken. Vetschs Spezial-Sendung dauert 70 Minuten. Die Lizenzkosten für einen Spielfilm liegen zwischen 4000 und 70'000 Franken. Und es ist Vorsicht geboten: Am Sonntag rechnete das Publikum bisher stets mit Filmen – schnell hat man ein angestammtes Publikum vergrault.
Tiefgründigkeit besiegt Gentleman-Charme
Trotzdem stellt sich die Frage, warum die Zuschauer an heissen Sommerabenden Vetschs Tiefgründigkeit dem Gentleman-Charme von Bond vorziehen. Gegenüber BLICK machte die Moderatorin kürzlich deutlich, dass auch Corona und die Entschleunigung eine Rolle spielen. «Wir wissen oft gut, wo das Glück liegt, es geht nur darum, ihm mehr Platz einzuräumen», sagt sie. «In der Welt herumjetten und Luxusgüter konsumieren kann viel biederer sein als daheim bleiben.» Deshalb forciert SRF nun auch das normale «Reporter»-Format, das ab dem 19. August vom späteren Sonntagabend auf Mittwoch, 21 Uhr, vorrückt.