Der Grossbrand oberhalb von Bitsch und Ried-Mörel wird für die Region noch lange tiefgreifende Folgen haben. Einfach schnell wieder aufforsten geht nicht. Die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL hat über Jahrzehnte die Folgen von Waldbränden im Tessin und Wallis untersucht. Forscher Thomas Wohlgemuth, Leiter der Forschungseinheit Walddynamik, sagt: «Die Humusschicht glüht weg, Teile der organischen Schicht werden zu CO2 und Asche. Gerade in so steilen Schutzwäldern hat so intensive Hitze noch lange schwere Folgen.»
Bereits während dem Brand wird der Boden instabil, weil die Humusschicht verschwindet. Wohlgemuth: «Es braucht in so steilem Gebiet wie in Bitsch Sofortmassnahmen. Lose Felsbrocken und umgestürzte grosse Bäume müssen weg. Die Hänge müssen mit geeigneten Massnahmen gesichert werden.» Gleichzeitig verursacht so ein Brand grosse Mengen an klimaschädlichen Gasen.
Millionen für Schutzmassnahmen
Die WSL kann schon jetzt sagen, dass der Brand vergleichbar ist mit den Oberwallis-Bränden von 2011 in Visp und 2003 in Leuk. Es brauchte an beiden Orten beträchtliche Schutzmassnahmen, um den abgebrannten Schutzwald gegen Steinschlag und Murgänge zu sichern. Die Kosten gingen in die Millionen. «In Bitsch wird dann erst eine Analyse zeigen, welche Massnahmen sinnvoll sind», sagt Thomas Wohlgemuth. Aufforsten ist bei so einer grossen Fläche nicht überall möglich.
Es gibt auch eine gute Botschaft aus der WSL zum Brand: «Die Natur kommt zurück, die ganze Biodiversität stellt sich mit den Jahren wieder ein, sagt der Waldexperte. «Zuerst wachsen die Pionierbäume, also Pappeln, Weiden und Birken. Schon nächstes Jahr werden sich die ersten ansiedeln. In 10 Jahren dürfte ein Buschwald schon fünf bis zehn Meter erreichen.»
Aber bis wieder ein ortstypischer Gebirgswald mit kräftigen Nadelbäumen und einer fruchtbaren Humusschicht entstanden ist, dauert es noch lange, bis zu mehreren Jahrhunderten, sagt Thomas Wohlgemut. «Bis dicke Stämme Felsbrocken stoppen und kräftige Wurzeln den Hang stabilisieren, wird viel Zeit vergehen.»
Gefahr Erosion
Eine grosse Gefahr nach dem Brand droht durch die stark einsetzende Erosion bei intensivem Regen. «Nach dem Feuer prallen Regentropfen direkt auf die frische Aschenauflage und nackten Mineralboden, es setzt Auswaschung und Erosion ein», sagt WSL-Forstingenieur Marco Conedera. Er hat mehrere Studien zum Thema publiziert und sagt: «Der Boden vermischt sich mit der Asche, trocknet schneller aus und die Bodenoberfläche wird wasserundurchlässig. Der Regen tendiert dazu, oberflächig abzufliessen und den Boden rillenmässig zu erodieren.»
Vor allem bei Starkniederschlägen, wie sie in Bitsch oft vorkommen, kann das zur Gefahr werden: «Grabenerosion und Murgänge sind möglich», sagt Conedera. «Dies war 1997 in Ronco sopra Ascona festzustellen. Einige Monate nach dem Waldbrand löste ein nicht besonders heftiges Starkregenereignis einen Murgang mit 3500 Kubikmeter Geschiebe aus, wie er nur alle 200 Jahre vorkommt.» Auch in Visp rutschte es nach dem Brand: Auf der Brandfläche von 2011 kam es sieben Jahre später nach starkem Regen zu einem Murgang.
Die WSL hat in der Waldbranddatenbank «Swissfire» über 10'000 Ereignisse gespeichert. Für die Zukunft sollen die Daten helfen, die Risiken und Gefahren nach Bränden besser einschätzen zu können und Massnahmen zu planen. Was in Bitsch genau ansteht, wird jedoch erst nach dem Brand klar.