Postfinance lockt Kunden in Gebührenfalle
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Von wegen Gratis-Depot
Postfinance lockt Kunden in Gebührenfalle

Die Staatsbank lockte Kunden mit Gratis-Depots für Fonds. Jetzt verlangt sie plötzlich Gebühren, wie BLICK-Recherchen zeigen.
Publiziert: 25.05.2020 um 23:24 Uhr
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Aktualisiert: 30.05.2020 um 14:42 Uhr
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Postfinance-CEO Hansruedi Köng (53): Seit Januar 2012 fest im Sattel.
Foto: keystone
Marc Iseli

Die Wogen gingen hoch, als Postfinance eine Kontoführungsgebühr für gut 1 Million Kleinsparer einführte. Einen Fünfliber wollte die Staatsbank jeden Monat neu in Rechnung stellen. Gültig ab Januar 2019. Wer den Gebühren ausweichen wollte, hatte nur zwei Optionen: das Geld abziehen und das Konto kündigen oder ein Fondsdepot eröffnen, in dem mindestens 25'000 Franken anzulegen sind.

Die Kunden nutzten beide Optionen rege. Ein Teil kündigte sein Konto bei der Post. Ein anderer liess sich vom Gratis-Depot überzeugen. Postfinance bewarb das Angebot schliesslich auch in einer landesweiten TV- und Anzeigenkampagne (BLICK berichtete). Der Deal von Postfinance-CEO Hansruedi Köng (53) klang zu verlockend: null Kontogebühren plus Anlageerfolg. Das füllt unterm Strich das Portemonnaie.

Erst lockte die Posttochter Kunden mit Gratis-Fonds, jetzt hat es Postfinance auch auf die Fonds-Kunden abgesehen. Die Staatsbank führt eine Depotgebühr für alle Anlagekategorien ein. Auch wer in die posteigenen Fonds investiert, muss künftig einen Teil seines Sparbatzens abtreten. Die Gebühr für die sogenannten Self-Service-Fonds beträgt neu 0,15 Prozent des Anlagevermögens.

Kurze Einsprachefrist

BLICK-Leserin Maria M.* ist deshalb sauer. Seit Jahren vertraut sie auf die Dienstleistungen der Nummer eins im Schweizer Zahlungsverkehr. Sie hat sich den Anlageentscheid Ende 2018 nicht einfach gemacht, hat sich letztlich aber doch entschieden, auf das Versprechen der Post einzugehen. Ihr Schwiegersohn hat sie ermuntert, das Angebot anzunehmen, um die damals neuen Kontoführungsgebühren der Postfinance zu umgehen.

Jetzt fühlt sie sich hintergangen. Kaum ist ein Jahr vergangen, fordert Postfinance bereits die nächste Gebühr von ihr. In einem Schreiben, das im gleichen Wortlaut in diesen Wochen an Tausende Haushalte ging, informiert das Geldhaus seine Kunden, dass ab 2022 ein Obulus entrichtet werden muss – selbst wenn auch nur in die posteigenen Fonds investiert wird.

«Wenn Sie mit den neuen Bedingungen einverstanden sind, müssen Sie nichts unternehmen», heisst es im Schreiben, das BLICK vorliegt. «Sollten Sie nicht einverstanden sein, können Sie die Dienstleistung innert 30 Tagen mit sofortiger Wirkung kündigen und Ihr Fondsdepot bei Postfinance somit auflösen.»

Unsicherheit beim Anlegen

Friss die Gebühren oder such dir eine andere Bank: So hält es die Postfinance mit den Kunden. Je nach Investitionszeitpunkt kann ein Auflösen des Depots aber zu schmerzlichen Verlusten führen. Der Vergleichsdienst Moneyland hat im Auftrag von BLICK vier Szenarien durchgerechnet.

Im Plus sind nur jene Kunden, die ab Januar 2019 investiert haben. Wer auf Anfang Jahr ein Depot eröffnet hat und dieses nun kündigen will, muss mit einem Verlust von 10 Prozent oder mehr rechnen. Das sind über 10'000 Franken bei einem Anlagevermögen von ursprünglich 100'000 Franken!

Kommt dazu: Wer sein Depot zu einer anderen Bank transferieren möchte, muss hohe Zusatzkosten stemmen. 100 Franken pro Position sind es laut Gebührenmerkblatt.

Gebühren gegen Kosten-Wachstum

«Postfinance hat seit Einführung des Fondsdepots im Jahr 1997 keine Depotgebühren erhoben», verteidigt eine Postfinance-Sprecherin das Vorgehen der Staatsbank. Das Leistungsangebot sei über die Jahre immer weiter ausgebaut worden, gleichzeitig hätten die regulatorischen Anforderungen im Anlagegeschäft stark zugenommen, «was zu einem erhöhten Aufwand für Postfinance führt». Die Gebühren sollen «die damit entstehenden Kosten decken», so die Sprecherin.

Postfinance sei relativ günstig im Vergleich zu anderen Anbietern. Die Einspruchsfrist von 30 Tagen sei Standard. Und: «Wir finden es wichtig, dass Kunden nur anlegen, wenn sie wirklich anlegen wollen, und nicht, weil sie vielleicht damit Gebühren sparen können.»

Für Maria M. ist das kein Trost. Sie weiss noch nicht, was sie machen wird. Ihrem Schwiegersohn gegenüber wird sie künftig jedenfalls etwas misstrauischer sein.

* Name der Redaktion bekannt

Depotgebühren im Vergleich

Mindestens 0,15 Prozent: So viel verlangt Postfinance neu für das Führen eines Fondsdepots. Die Kosten gelten auch für ein Investment in einen posteigenen Fonds. Wenn ein Kunde darüber hinaus auch noch Beratung durch die Bank wünscht, wirds noch teurer. «Moderat» seien die Preise, sagt eine Postfinance-Sprecherin mit Blick auf die Konkurrenz. Das ist nur die halbe Wahrheit, wie eine Analyse der Banken-Vergleichsplattform Moneyland.ch zeigt. Tatsächlich verlangen die grossen Finanzinstitute häufig noch mehr Gebühren. Bei einem Anlagevermögen von 100'000 Franken sind es bei Postfinance 150 Franken, bei der ZKB 200 Franken pro Jahr. Bei der Credit Suisse und der UBS sogar 350 Franken. Es gibt aber auch günstige Alternativen: Die VZ Depotbank und Swissquote zum Beispiel. Sie stellen einzig 100 Franken in Rechnung. Aber Achtung, bei allen Angeboten gilt: Es gibt versteckte Kosten. Oft kostet der Steuerauszug extra. Zuweilen sind die Verkaufsgebühren hoch. Immerhin hier punktet Postfinance noch mit diesem Null-Gebühren-Versprechen: Die Rücknahmekommission beträgt 0 Franken. Marc Iseli

Mindestens 0,15 Prozent: So viel verlangt Postfinance neu für das Führen eines Fondsdepots. Die Kosten gelten auch für ein Investment in einen posteigenen Fonds. Wenn ein Kunde darüber hinaus auch noch Beratung durch die Bank wünscht, wirds noch teurer. «Moderat» seien die Preise, sagt eine Postfinance-Sprecherin mit Blick auf die Konkurrenz. Das ist nur die halbe Wahrheit, wie eine Analyse der Banken-Vergleichsplattform Moneyland.ch zeigt. Tatsächlich verlangen die grossen Finanzinstitute häufig noch mehr Gebühren. Bei einem Anlagevermögen von 100'000 Franken sind es bei Postfinance 150 Franken, bei der ZKB 200 Franken pro Jahr. Bei der Credit Suisse und der UBS sogar 350 Franken. Es gibt aber auch günstige Alternativen: Die VZ Depotbank und Swissquote zum Beispiel. Sie stellen einzig 100 Franken in Rechnung. Aber Achtung, bei allen Angeboten gilt: Es gibt versteckte Kosten. Oft kostet der Steuerauszug extra. Zuweilen sind die Verkaufsgebühren hoch. Immerhin hier punktet Postfinance noch mit diesem Null-Gebühren-Versprechen: Die Rücknahmekommission beträgt 0 Franken. Marc Iseli

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