Daniela Schläppi (53) strahlt, wenn sie einem Gast das Mittagsmenü – Rindsplätzli an Jägersauce mit Spätzli und Salat – über den Tresen ihres Imbissstandes in Muri AG reicht. Acht Wochen lang hat sie auf diesen Moment gewartet. Wegen Corona musste sie ihr «Wägeli», wie sie es nennt, schliessen.
«Dieses Virus hat mich geschäftlich an den Rand des Abgrunds gebracht. Existenzängste haben mich geplagt», sagt sie. «Aufzugeben war aber nie eine Option, auch wenn ich nun wieder ganz von vorne anfangen muss. Ich bin eine Kämpferin.»
Doppeltes Pech
Der Wiedereinstieg war aber nicht leicht. Denn Schläppi, die seit 30 Jahren im Gastgewerbe arbeitet und sich im Mai 2018 selbständig gemacht hat, hatte doppeltes Pech.
Sie vermietet auch noch drei Zimmer auf Airbnb. Aber auch diese Einnahmen sind ihr komplett weggebrochen. «Alle Gäste haben bis in den August hinein ihre Buchungen storniert», erzählt sie. In den Monaten März und April hat sie so je 2750 Franken verloren.
«Das war ein harter Schlag»
Ein Antrag auf Bundesgelder wurde abgelehnt. «Das war ein harter Schlag», erinnert sie sich. Aber auch da will sie nicht kampflos aufgeben und den Bescheid anfechten. «Auch wenn es mich traurig macht, dass ich nun wegen 5500 Franken stürmen muss.» 22 Jahre lang habe sie immer pünktlich ihre Steuern bezahlt und drei Kinder grossgezogen. «Soll ich zum Sozialamt gehen? Oder einen Kredit aufnehmen, den ich nicht zurückbezahlen kann?»
Die Antwort auf diese Fragen liefert sie grad selber. «Nein. Ich schaffe das alleine. Schliesslich möchte ich auch meinen Kindern ein gutes Vorbild sein.»
Einen Teil des Geldes für die Esswaren und Getränke zur Wiedereröffnung hat ihr eine Freundin geliehen. Zudem hat die ausgebildete Masseurin Gutscheine für eine Massage verkauft. Und so konnte sie ihr «Wägeli» am Dienstag wieder öffnen.
«Es war ein wunderbares Gefühl, endlich wieder meine Stammgäste zu bedienen», sagt sie. Das Tagesmenü wird sie auch künftig für zehn Franken anbieten. Ein Mineral oder Bier gibts für drei Franken.
«Ich kann wieder arbeiten»
«Ich kann die Preise nicht erhöhen, das bin ich meinen Gästen schuldig. Das sind einfache, ehrliche Leute, die nicht 6000 Franken im Monat verdienen. Bei mir bekommen sie etwas Frisches und Gesundes.» Das Geschäft läuft noch nicht so gut wie vor dem Lockdown. «Viele sind noch im Homeoffice. Und die Lastwagenchauffeure haben keine Zeit, weil sie dermassen unter Druck sind», sagt sie. Aber endlich komme wieder etwas rein. «Ich kann wieder arbeiten, das ist ein ganz anderes Leben», freut sie sich.
Schläppi ist überzeugt, dass sich die Lage nun Monat für Monat verbessert. Vor der Corona-Krise sei es ja auch gut gelaufen. «Ich hoffe, dass ich bald wieder täglich 15 Menüs verkaufen kann.»
Der letzte Kunde ist wieder zur Arbeit verschwunden. Schläppi reinigt den Imbissstand und schliesst ihn ab. Kommenden Dienstag wird sie wieder da sein für ihre Stammgäste. Auf der Menükarte steht dann eine Gemüse-Poulet-Pfanne.