Die durch den Sturm verursachten Zerstörungen erstreckten sich von Florida im Süden hunderte Kilometer ins Landesinnere. In Tennessee gelang es Rettungskräften, Dutzende Menschen vom Dach eines Krankenhauses in Sicherheit zu bringen.
«Helene» war am Donnerstagabend als Hurrikan der zweithöchsten Kategorie mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometern pro Stunde in der Region Big Bend im Bundesstaat Florida auf Land getroffen. Dieser schwächte sich dann zu einem Tropensturm ab und zog weiter Richtung Norden über die Appalachen.
Stromausfälle und Überschwemmungen
Das US-Hurrikanzentrum warnte weiter vor lebensbedrohlichen Überschwemmungen und Erdrutschen. Auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris warnte: «Der Sturm ist nach wie vor gefährlich und tödlich, er hat Menschenleben gekostet, und die Gefahr von Überschwemmungen ist nach wie vor gross.»
Mehr als vier Millionen Haushalte waren infolge des Sturms am Freitag landesweit zeitweise ohne Strom, wie Daten der Webseite «poweroutage.us» zeigten. In der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) waren noch rund 1,3 Millionen Menschen weiter ohne Strom, davon allein fast eine halbe Million im Bundesstaat South Carolina.
Häuser wurden zerstört und ganze Ortschaften überschwemmt. Berichtet wurde von Menschen, die durch umgestürzte Bäume getötet oder verletzt wurden, andere kamen in ihren Autos und Häusern ums Leben. Zahlreiche Strassen wurden unterspült und in den betroffenen Regionen gesperrt.
Spektakuläre Rettung von Krankenhausdach
Zu schweren Überschwemmungen kam es auch in der Kleinstadt Erwin im Bundesstaat Tennessee. Hier kletterten mehr als 50 Menschen auf das Dach eines Krankenhauses, um sich vor den Fluten zu retten. Mithilfe eines Hubschraubers gelang es Polizei und Einsatzkräften, die Menschen zu retten. Alle seien in Sicherheit gebracht worden, teilte Senator Bill Hagerty auf dem Kurznachrichtendienst X mit.
In North Carolina warnten die Behörden davor, dass ein Damm am Lake Lur brechen könne und forderten Anwohnerinnen und Anwohner der umliegenden Ortschaften auf, sich in Sicherheit zu bringen. Auch in Newport, Tennessee, einer Stadt mit etwa 7000 Einwohnerinnen und Einwohnern, gab es Evakuierungsaufforderungen, weil ein Damm zu brechen drohte. In beiden Fällen wurde später Entwarnung gegeben. Bereits im Laufe der Woche warnten die Behörden vor der Kraft des Sturms und rieten Menschen, die sich gegen eine Evakuierung entschieden, sie sollen sich ihre Namen auf die Arme oder Beine schreiben. Dies würde bei der Identifizierung helfen, wenn sie bei dem Sturm umkommen und später gefunden werden.
Noch keine verlässliche Zahl zu Todesopfern
US-Medien berichteten von über 110 Toten in den Bundesstaaten Florida, Georgia, South Carolina, North Carolina und Virginia infolge des Sturms.
In einer von Überschwemmungen besonders schwer getroffenen Appalachen-Region, dem Bezirk Buncombe County in North Carolina, teilten die Behörden mit, dass sie von weiteren Todesopfern wüssten. Sie könnten diese aber zunächst nicht melden, weil sie erst die Angehörigen informieren wollten, dies aufgrund des zusammengebrochenen Kommunikationsnetzes aber noch nicht möglich gewesen sei.
Bei Unwettern dieser Art wird das Ausmass der Zerstörung oft erst nach Tagen sichtbar. Opfer des Sturms werden oft erst entdeckt, wenn der Sturm vorbeigezogen und das Wasser zurückgegangen ist.
Düstere Erinnerungen an Hurrikan «Ian»
US-Präsident Joe Biden (81) versprach Hilfe: «Der Wiederaufbau wird lange dauern, aber Sie können sicher sein, dass meine Regierung bei jedem Schritt an Ihrer Seite sein wird», heisst in einer Erklärung Bidens, die das Weisse Haus veröffentlichte. Noch aber liege der Fokus auf lebensrettenden Massnahmen.
Biden schickt bis zu 1000 Soldaten ins Katastrophengebiet. Sie sollen bei der Lieferung von Lebensmitteln, Wasser und anderen wichtigen Gütern in der betroffenen Region helfen, teilte das Weisse Haus mit. Die Soldaten seien im US-Bundesstaat North Carolina stationiert.
Der Demokrat will am Mittwoch nach North Carolina und South Carolina reisen, um sich ein Bild in besonders betroffenen Gebieten zu machen. Seine Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Kamala Harris (59), plant einen Besuch in Georgia. Ihr republikanischer Kontrahent Donald Trump (78) war bereits am Montag in Georgia.
Wie entstehen Wirbelstürme?
Stürme wie «Helene» wecken bei vielen Menschen in den USA düstere Erinnerungen an frühere Unwetter. Vor zwei Jahren richtete Hurrikan «Ian» in Florida gewaltige Schäden an, mehr als 100 Menschen kamen ums Leben. Damals zog das Zentrum des Sturms über dicht besiedeltes Gebiet im Südwesten des Bundesstaats und fegte mit Windgeschwindigkeiten von rund 240 Kilometern pro Stunde über Küstenstädte hinweg.
Tropische Wirbelstürme entstehen über warmem Ozeanwasser. Die zunehmende Erderwärmung erhöht laut Experten die Wahrscheinlichkeit starker Stürme. Die Hurrikansaison beginnt im Atlantik am 1. Juni und dauert bis zum 30. November.