Auf einen Blick
- Ein Bericht kritisiert die ungleiche Praxis der Armee bei der Unterstützung ziviler Anlässe
- Veranstalter müssen bei hohen Gewinnen einen Teil an den Erwerbsersatzfonds abgeben
- 170 Armeeangehörige und 170 Zivilschützer leisteten am Lauberhorn 5600 Diensttage
Der vor wenigen Tagen im Internet publizierte Bericht aus dem Verteidigungsdepartement (VBS) enthält brisante Aussagen. Die interne Revision hat abgeklärt, ob die Vorgaben bei der Unterstützung ziviler Grossanlässe durch die Armee und den Zivilschutz eingehalten werden. Und die Prüfer kommen zum Schluss, dass dies nicht durchgängig der Fall ist.
So müssten Veranstalter, die über 300'000 Franken Gewinn erzielen, ein Drittel davon an den Fonds für den Erwerbsersatz abliefern. Daraus wird der Lohnausfall der Angehörigen von Armee und Zivilschutz bezahlt. In der Praxis geschieht das aber kaum. Laut Bericht prüfen die zuständigen Stellen kaum, ob überhaupt ein «namhafter Gewinn» erzielt wird.
Fehlende Rechtsgleichheit
Die Stichproben haben laut den Revisoren gezeigt, dass nirgends «eine systematische und nachweislich dokumentierte Überprüfung der Gewinnablieferung» stattfindet. Vereinzelt würden auch individuelle Vereinbarungen über Pauschalbeträge mit den Veranstaltern eingegangen. Dazu sprechen die Prüfer Klartext: «Da diese Praxis klar dem Prinzip der Gleichbehandlung und Rechtsgleichheit widerspricht, sollte künftig darauf verzichtet werden.»
Armee und Zivilschutz unterstützen Sport- und Konzertorganisatoren, grosse Fest- sowie Messeveranstalter jährlich mit über 50'000 Diensttagen. Ohne diese Leistungen könnten manche Anlässe nicht durchgeführt werden. Gesetz und Verordnung sehen aber vor, dass Veranstaltungen von nationaler und internationaler Bedeutung – etwa die Ski-Weltcuprennen in Adelboden BE und am Lauberhorn im Kanton Bern oder die Tour de Suisse und das Eidgenössische Schwingfest – für den Verkehrsdienst, den Tribünenbau oder die Pistenpräparierung Soldaten und Zivilschützer einsetzen können.
Armee im zivilen Einsatz
Gewinne systematisch erfassen
Dass unklar ist, ob kommerziell erfolgreiche Veranstaltungen mit potenten Sponsoren wie vorgegeben einen Teil ihrer Gewinne abgeben, gibt der alten Diskussion über kostenlose Armee- und Zivilschutz-Unterstützung für zivile Veranstalter neuen Auftrieb. VBS-Sprecher Lorenz Frischknecht betont, dass «kaum ein Anlass heute einen Gewinn in der Grössenordnung von 300'000 Franken erzielt». Trotzdem würden bis Ende 2025 Massnahmen geprüft und umgesetzt, um die Gewinnsituation der national und international bedeutenden Veranstaltungen systematisch zu erheben. Die Gleichbehandlung aller Veranstalter sei dem VBS ein zentrales Anliegen, betont Frischknecht.
Aufgrund des Revisionsberichts hat Verteidigungsministerin Viola Amherd (62, Mitte) die Verantwortlichen inzwischen angewiesen, Verbesserungen vorzunehmen. Die finanzielle Situation der verschiedenen Organisatoren soll grundsätzlich strikter kontrolliert werden, auch was deren Eigenmittel betrifft. Dies deshalb, weil Personal und Material von Armee und Zivilschutz nur erhält, wer den Aufwand nicht mit eigenen Mitteln leisten kann.
Manchen Veranstaltern erlässt das VBS die Kosten für Mietmaterial der Armee, was den Organisatoren zu einer wesentlichen Verminderung der Ausgaben verhilft. Dabei profitierten einige davon, «dass bei der Bewilligung von Kostenerlassen teilweise auch politische Überlegungen miteinbezogen werden», wie es im Prüfbericht heisst. VBS-Sprecher Frischknecht sagt dazu, mit der neuen Verordnung zur Sportförderung könnten nun auch wiederkehrende internationale Sportveranstaltungen vom Bund finanziell unterstützt werden. Dennoch arbeite das VBS daran, die bisherigen Bewilligungsprozesse zu standardisieren und die Entscheidungen nachvollziehbarer zu machen.
Lauberhorn auf Support angewiesen
Die Armee erntete wiederholt Kritik – gerade in Zeiten von Kriegen in Europa –, weil Soldaten an grossen Schweizer Skirennen Schnee schaufeln und Pisten präparieren. Das entspreche nicht dem militärischen Kernauftrag und sei ein Missbrauch der Armee zugunsten von zivilen Grossveranstaltungen, argumentieren die Gegner solcher Aufträge.
Andreas Mühlheim, der Geschäftsführer der Lauberhornrennen in Wengen BE, hält dazu fest: «Ein Anlass unserer Grösse kann diese Leistungen nicht auf dem Markt beschaffen.» Diese Anzahl Arbeitskräfte sei nicht für eine begrenzte Zeitspanne zu mobilisieren und aufzubieten.
170 Armeeangehörige und 170 Zivilschützer leisteten im vergangenen Winter gesamthaft 5600 Diensttage am Lauberhorn. «Dies entspricht einem Betrag von rund zwei Millionen Franken», rechnet Mühlheim. Trotz dieser Unterstützung hätten die Veranstalter 2024 keinen Gewinn erzielt und so auch keine Abgaben an den Erwerbsersatzfonds zu entrichten gehabt. Das bezogene Armeematerial – Transportfahrzeuge, Rettungs- und Absperr-Utensilien – bezahlt die Organisation laut Mühlheim «zu normalen Mietpreisen».