Brian (24) bekommt noch eine Chance. Seine letzte. Gestern wurde am Bezirksgericht Zürich das Urteil gegen den Dauer-Delinquenten gesprochen. In Abwesenheit des Angeklagten: Wie in der vergangenen Woche erschien Brian nicht. Trotzdem errang der Kampfsportler einen Teilsieg: Der zurzeit wohl bekannteste Kriminelle der Schweiz wird nicht verwahrt. Das Urteil: Eine Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten – aufgeschoben zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme.
Oder anders formuliert: Brian kassiert wegen versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Drohung und Beschimpfung die kleine Verwahrung. Bleibt er tadellos, kommt er in einigen Jahren in Freiheit. Gleichzeitig machte das Gericht deutlich: «Das ist die höchste Strafe, die je gegen ihn ausgesprochen wurde. Die Zeit der Jugendstrafen ist vorbei, dem muss er sich bewusst sein.»
Gericht sieht Brian nicht als Justiz-Opfer
Die kriminellen Taten fanden alle hinter Gittern statt. Konkret geht es um 29 Delikte vom Januar 2017 bis Oktober 2018. Im schwerwiegendsten Fall hat Brian einen Gefängnisaufseher verprügelt und auch dann nicht einmal von ihm abgelassen, als dieser bereits am Boden lag. Auch ein Einsatzkommando, das im Nebenraum wartete, konnte den schweren Angriff nicht verhindern. Zudem zerlegte immer wieder seine Zelle, machte dem Gefängnispersonal das Leben nahezu täglich zur Hölle.
Die Argumente des Verteidigers liess das Gericht nicht gelten. Dieser stellte seinen Mandanten als Opfer des Justizsystems dar, sah im Schläger das eigentliche Opfer. «Schon seit Kindesalter sind bei Brian immer dieselben Verhaltensmuster zu erkennen», konterte gestern der Richter.
Schon mit elf Jahren zerlegte Brian ein Zimmer
Im Jahr 2006, also mit elf Jahren, habe Brian zum Beispiel ein Zimmer demoliert und damit verhindert, dass er in ein Heim gesteckt wurde. «Der pädagogische Super-GAU», so der Richter. Er ergänzt: «Man erkennt, dass sich sein Verhalten grundsätzlich nicht geändert hat.» Das alles passierte Jahre vor dem berühmt-berüchtigten Sondersetting, durch das der «Fall Carlos» landesweit bekannt wurde. Der Richter folgerte: «Die Justiz ist also nicht schuld. Sondern Brian trägt die Verantwortung für sein Handeln.»
In nur anderthalb Jahren habe er drei Personen ins Gesicht geschlagen – auch damit sei eine Rückfallgefahr belegt. «Ohne Hilfe wird sich die Abwärtsspirale immer weiterdrehen», erläutert das Gericht, während der Vater von Carlos stoisch zuhört, sich nur ab und zu Notizen macht.
Gericht nimmt Angeklagten in die Pflicht
Dass sein Urteilsspruch allein das Problem mit dem Dauer-Delinquenten nicht lösen wird, ist dem Richter klar: «Eine Lösung muss Schritt für Schritt erarbeitet werden. Rückschritte werden unvermeidbar sein.» Trotzdem biete die stationäre Massnahme die beste Aussicht auf Erfolg. Im Schlusswort nahm er den Verurteilten in die Pflicht: «Wir hoffen, dass Brian begreift, dass er allein der Schlüssel ist, um das Ganze zu einem guten Ende zu führen.»
Ob die Verteidigung das Urteil weiterziehen will, ist unklar. Auch der Staatsanwalt liess die Möglichkeit offen. Zeigte aber Verständnis, dass das Gericht bei einem so jungen Angeklagten die von ihm geforderte ordentliche Verwahrung ablehnte.
Carlos Urteil (15601844)Beim Blick Live Quiz spielst du dienstags und donnerstags (ab 19.30 Uhr) um bis zu 1'000 Franken aus dem Jackpot. Mitmachen ist ganz einfach. Du brauchst dazu lediglich ein iPhone oder ein Android-Handy.
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