Während des 16-monatigen Strafverfahrens gegen ihren Peiniger fühlte sich Julie Hugo (42) wie die einsamste Frau der Welt. Nachdem die Sängerin im Blick ihr Schicksal öffentlich gemacht hatte, wird sie nun von einer Welle der Solidarität getragen: «Ich erhielt hundert oder mehr Nachrichten».
Hugo erhält viel Zuspruch aus feministischen Kreisen, aber nicht nur. «Es gibt Opfer, die ihre Vergewaltigung verschwiegen haben und mir sagen, dass ihnen mein Schritt in die Öffentlichkeit die nötige Kraft gibt, um darüber sprechen», sagt die Freiburgerin. Auch Fachleute von Opferberatungsstellen hätten sich bei Julie Hugo gemeldet, um ihr zu sagen, dass ganz viele Opfer dasselbe erlebten wie sie.
Anruf eines Polizeikommandanten
Noch bemerkenswerter ist, dass auch Personen aus Staatsanwaltschaften Julie Hugo kontaktierten. «Sie sagten, meine Aussagen haben sie dazu gebracht, Abläufe und Verfahren zu überdenken», so die Sängerin.
«Auch ein Polizeikommandant hat sich gemeldet. Ich war sehr überrascht, er war absolut super: Er stellte den Umgang mit Opfern infrage und wollte von meinem Fall lernen.»
Hugo ist ermutigt von den Rückmeldungen. Sie will sich weiter in den Dienst der Sache stellen und den Kontakt zu anderen Opfern suchen. Dafür gebe es eine echte Nachfrage, sagt Julie Hugo. Sie könnte sich vorstellen, an Informationsveranstaltungen mit Staatsanwälten oder Anwälten teilzunehmen.
Krisenzentren für Opfer in allen Regionen
Auch politisch kommt einiges in Bewegung: Das Parlament hat im März im Rahmen der Reform des Strafrechtssystems beschlossen, dass in allen Regionen der Schweiz Krisenzentren für Opfer von sexueller Gewalt entstehen sollen. Opfer sollen dort umfassende medizinische und psychologische Erstbetreuung und Unterstützung durch Fachpersonal erhalten.
Damit sei es noch nicht getan, sagt SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (33) zu Blick. Es gebe einiges, das man noch verbessern müsse. So braucht es bessere Schulungen.