Europaweites Vorbild «Berner Modell»
So können sich Opfer von sexueller Gewalt anonym melden

In Zürich und Bern können Opfer von sexueller Gewalt in Spitälern Beistand holen, ohne dass die Polizei automatisch eingeschaltet wird. Das soll die Hürde senken, sich in der Not Hilfe zu suchen.
Publiziert: 13.04.2023 um 20:10 Uhr
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Die Fachführende Pflegeexpertin Barbara Meier Käppeli (48) vom Universitätsspital Zürich.
Foto: Zvg

Noch immer ist die Dunkelziffer bei sexueller Gewalt hoch. Ein wichtiger Grund ist die Angst vor der Behörden-Odyssee und öffentlichem Outing, die ein Gang zu den Behörden auslöst. Bis jetzt bestehen spezialisierte, interdisziplinäre Krisenzentren für Gewaltopfer nur in den Kantonen Bern, Waadt, Genf und St. Gallen.

Vorreiter ist die Hauptstadt: Das Berner Modell ermöglicht eine Spurensicherung durch das gerichtsmedizinische Institut, ohne dass eine Meldung an die Polizei erfolgt. Betroffene Frauen können sich in Ruhe überlegen, ob sie Anzeige erstatten wollen. Zudem sind Beratungen möglich.

Auch weitere Kantone arbeiten in Richtung Berner Modell: So ist mittlerweile auch in Zürich eine Untersuchung ohne Anzeige möglich, sagt die Fachführende Pflegeexpertin Barbara Meier Käppeli (48) vom Universitätsspital Zürich. Sie erklärt: «Im Unterschied zum Berner Modell wird das Institut für Rechtsmedizin nicht beigezogen, denn sonst müsste eine Meldung an die Staatsanwaltschaft erfolgen. Ärztinnen und Pflegepersonal machen darum für die Spurensicherung spezielle Schulungen.»

Konzentration auf Beratung

Auch wenn Anonymität möglich ist, entscheide sich die Mehrheit der Opfer für eine Anzeige, sagt Barbara Meier Käppeli. Und weiter: «Wir erklären den Frauen die Vorgehensweise. Sie können auch von uns aus die Polizei kontaktieren, wenn sie das wünschen. Sie können sich danach bis zu einem Jahr Zeit lassen.»

Vielen Opfern sei nicht bewusst, dass man sich auch anonym und ohne Meldung an die Polizei Beistand holen könne. Das sei einer der Gründe für die hohe Dunkelziffer, gerade weil der Übergriff häufig im engsten Bekanntenkreis passiert.

Die Pflegeexpertin betont, dass sich das Unispital Zürich auf die medizinische Hilfe und ausführliche Beratung konzentriert: «Wir stellen nur Fragen zum Tathergang, um die medizinische Versorgung sicherzustellen. Mehr Fragen wären für die Opfer ein zusätzlicher Stress.» Zudem müssen sich die Frauen nicht im normalen Notfallgebäude melden. Bis 16 Uhr ist das gynäkologische Ambulatorium in der Frauenklinik offen, danach der gynäkologische Notfall im gleichen Gebäude.


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