Die Geldfälscher wurden in flagranti erwischt – und nur durch Zufall. Im November 2022 rückten Zürcher Kantonspolizisten nach Urdorf ZH aus, um eine legal betriebene CBD-Hanfanlage zu überprüfen. Der Verdacht: Im Gebäude in der Industriezone wird auch THC-haltiges Marihuana produziert. Und tatsächlich, die Polizisten wurden fündig. Sie beschlagnahmten 240 Kilogramm Drogenhanf.
Doch der Beifang der Ermittler war noch viel spektakulärer: Sie stiessen auf zwei Männer, die gerade dabei waren, gefälschte Dollarnoten zu drucken. Auf dem Tisch lagen bereits Halbfabrikate im Wert von acht Millionen.
Der Rentner und der Hanfdealer
Das Duo – ein ehemaliger Buch- und Offsetdrucker (72) lieferte das notwendige Know-how, ein serbischstämmiger Hanfproduzent (49) das nötige Kleingeld – hatte eine hochprofessionelle Fälscherwerkstatt aufgezogen. Im Keller standen Druckmaschinen, Scanner, Belichtungs- und Trocknungsmaschinen. Laut Bundesanwaltschaft planten sie, Blüten im Wert von mindestens fünf Millionen Dollar herzustellen.
Nach langwierigen Ermittlungen stehen die beiden nun ab Montag vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona TI – in einem der grössten Fälle von Geldfälschung der letzten Jahrzehnte.
Grosse Betrugsfälle
Ein Einzelfall ist das aber bei weitem nicht. Neue Zahlen des Bundesamts für Polizei (Fedpol) zeigen: Im vergangenen Jahr zogen Polizei, Handel und Banken in der Schweiz so viel Falschgeld wie noch nie aus dem Verkehr.
Explosionsartig zugenommen hat dabei vor allem die Schadenssumme (Grafik). 2023 wurden Euronoten im Wert von mehr als 13 Millionen Franken konfisziert – ein Rekord. In den Jahren zuvor bewegte sich der Wert des sichergestellten Geldes jeweils unter der Marke von zwei Millionen Euro.
Auch gefälschtes Schweizer Geld entdeckten die Ermittler: 2023 beschlagnahmten sie knapp 2,5 Millionen Franken, etwa gleich viel wie 2021. 2022 hatte der Wert kurzfristig die Rekordhöhe von 7,4 Millionen erreicht.
Hohe Dunkelziffer
Warum sind die Summen von Euro-Falschgeld dermassen in die Höhe geschossen? Laut Fedpol-Sprecher Patrick Jean hat das vor allem mit sogenannten Rip-Deals zu tun. Seit einigen Jahren setzen Kriminelle vermehrt auf diesen Trick: Sie zeigen den Verkäufern von Luxuswaren Taschen voller Geldbündel und lenken ihre Opfer vom genauen Anschauen ab oder tauschen die Taschen in einem unbeobachteten Moment gegen solche mit Falschgeld aus. Betroffene haben doppelt Pech: Die wertvolle Ware ist weg, und Falschgeld wird nicht erstattet.
«2023 konnten die Sicherheitsbehörden gleich mehrere grosse Sicherstellungen machen», sagt Fedpol-Sprecher Jean. Das gefälschte Bargeld sei dabei sichergestellt worden und gar nicht erst in Umlauf geraten. Jean geht von einer Dunkelziffer aus, denn Betroffene würden aus Scham teilweise keine Anzeige einreichen.
Der Falschgeld-Boom folgt einem europaweiten Trend. In Deutschland wurden 2023 rund 56'000 falsche Euroscheine aus dem Verkehr gezogen – 28 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. «Der Anstieg liegt in wenigen grossen Betrugsfällen vor allem mit gefälschten 200- und 500-Euro-Banknoten begründet», sagte Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz. Produktion und Ausgabe der 500-Euronote wurden zwar 2019 eingestellt. Die im Umlauf befindlichen lilafarbenen Scheine sind aber weiterhin gesetzliches Zahlungsmittel.
Qualität: meist schlecht
In ganz Europa stieg die Zahl der sichergestellten Euro-Blüten im vergangenen Jahr deutlich: um 24,2 Prozent auf 467'000. Im Schnitt entfielen 14 gefälschte Scheine auf 10'000 Einwohner. Münzen werden kaum noch gefälscht.
Nicht gestiegen sei hingegen die Qualität der Fälschungen. Bundesbank-Vorstand Balz: «Wir haben eine grosse Masse an gefälschten Banknoten von sehr niedriger Qualität.» Beim Grossteil der Fälschungen reiche ein einfacher Blick aus, sie als solche zu erkennen.