Politologe Michael Hermann ordnet Blick-Umfrage ein
«Viele empfinden Meinungsäusserungen zum Krieg als Eiertanz»

Wieso die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer eine differenzierte Haltung zum Krieg hat. Und woraus eine Minderheit ihren Hass schöpft.
Publiziert: 17.11.2023 um 01:04 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2023 um 10:24 Uhr
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Muslime im türkisch-islamischen Zentrum Ostermundigen BE beim Freitagsgebet.
Foto: Keystone
Benno Tuchschmid
Benno TuchschmidCo-Ressortleiter Gesellschaft

Was lesen Sie aus dieser Umfrage über die Haltung der Schweizerinnen und Schweizer?
Die Bevölkerung ist ziemlich differenziert. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Gegenüber der israelischen Bevölkerung empfindet die Schweizer Bevölkerung grosse Sympathien, gegenüber der israelischen Regierung eher Antipathie, gegenüber israelischen Siedlern eine starke Ablehnung. Die Bevölkerung wirft also glücklicherweise nicht alle in denselben Topf.

Gilt das auch gegenüber den Palästinensern?
Ja, gegenüber der Zivilbevölkerung in Gaza empfindet die Bevölkerung Solidarität. Selbst unter SVP-nahen Bürgerinnen und Bürgern sind 50 neutral oder positiv eingestellt. Sobald es aber um Flüchtlinge aus dem Nahen Osten geht, dreht der Wind in der Gesamtbevölkerung, insbesondere in rechtsbürgerlichen Kreisen.

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Eine Mehrheit findet, man könne sich nicht frei äussern zum Nahostkrieg. Wieso?
Das Thema ist extrem aufgeladen. Viele empfinden Meinungsäusserungen dazu als Eiertanz. Je nachdem wo man steht, hat man Angst, mit seiner Aussage in einer Ecke zu landen. 

Es gibt auch eine ziemlich grosse Gruppe, die deutlich in einer üblen Ecke steht: 22 Prozent der Befragten sagen, Juden hätten in der Schweiz zu viel Macht.
Ja und dazu kommen noch 7 Prozent, die sich dazu nicht äussern wollen, weil sie es offenbar heikel finden. Dass es diesen Sockel von antisemitisch eingestellten Menschen auch in der Schweiz gibt, weiss man aus der Wissenschaft. Wenn man es positiv sehen will: Die Gruppe ist wenigstens durch den Konflikt nicht grösser geworden. Dazu kommt eine Gegenbewegung: Eine deutliche Mehrheit findet, man solle Demos verbieten, wo antisemitische Parolen zu befürchten sind. 

Noch grösser als die Antipathie gegenüber Juden ist die Antipathie gegenüber Muslimen.
Ja, mein Bauchgefühl hat mich das erwarten lassen, aber die Zahlen sind doch eindrücklich. 44 Prozent der Befragten haben negative oder eher negative Gefühle gegen Muslimen. In rechtsbürgerlichen Kreisen scheint die Solidarität mit Israel an die Antipathie geknüpft.

So kam die Umfrage zustande

Die Befragung «So denkt die Schweiz?» zum Thema «Die Schweiz und der Nahostkrieg» wurde von Sotomo im Auftrag von Blick durchgeführt. Die Umfrage wurde vom 10. bis 15. November 2023 auf Blick.ch erhoben. Die Antworten von 16’157 Stimmberechtigten aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz konnten für die Auswertung verwendet werden. Die Stichprobe wurde gemäss den relevanten demografischen und politischen Merkmalen statistisch gewichtet. Die Resultate der Befragung sind repräsentativ für die Stimmbevölkerung der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Fehlerspanne beträgt +/-2,6 Prozentpunkte.

Die Befragung «So denkt die Schweiz?» zum Thema «Die Schweiz und der Nahostkrieg» wurde von Sotomo im Auftrag von Blick durchgeführt. Die Umfrage wurde vom 10. bis 15. November 2023 auf Blick.ch erhoben. Die Antworten von 16’157 Stimmberechtigten aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz konnten für die Auswertung verwendet werden. Die Stichprobe wurde gemäss den relevanten demografischen und politischen Merkmalen statistisch gewichtet. Die Resultate der Befragung sind repräsentativ für die Stimmbevölkerung der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Fehlerspanne beträgt +/-2,6 Prozentpunkte.

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