Der Abstimmungskampf um den AHV-Steuer-Deal ist eröffnet: SVP-Finanzminister Ueli Maurer (68) und SP-Sozialminister Alain Berset (46) weibelten am Montag vor den Medien in Bern für die Vorlage. Der rechte und der linke Magistrat Seite an Seite. Ein besonderes Bild, das einer speziellen Konstellation geschuldet ist.
Aus ihren beiden politischen Lagern verspürt der Kuhhandel nämlich den heftigsten Gegenwind.
Linke gegen den Steuerprivilegien
So hat ein links-grünes Nein-Komitee, dem unter anderem Grüne, Juso und Linksaussen-Parteien angehören, über 55'000 Unterschriften für das Referendum gesammelt und die Vorlage damit an die Urne gebracht.
Den linken Gegnern ist der Steuerteil des Deals ein Dorn im Auge. Wie schon bei der gescheiterten Unternehmenssteuer (USR) III sprechen sie auch diesmal von einem «Milliardenbschiss am Mittelstand». Sie wehren sich gegen neue Steuerprivilegien und warnen vor einer weiter drehenden «Steuerdumping-Spirale» in den Kantonen. Tatsächlich rechnet der Bund mit insgesamt rund zwei Milliarden Franken an Steuerausfällen.
SVP spricht von «faulem Kompromiss»
Auch von rechts steht die Vorlage massiv unter Beschuss: Hier richtet sich der Widerstand gegen den AHV-Teil. Die grösste Hürde ist dabei die SVP. Als einzige Bundesratspartei lehnte sie im Parlament die Vorlage ab.
SVP-Fraktionsschef Thomas Aeschi (40) spricht von einem «faulen Kompromiss». Die SVP stört sich dabei vorab an der AHV-Zusatzfinanzierung von rund zwei Milliarden Franken, die mehrheitlich über zusätzliche Lohnprozente erfolgt. Der SVP wäre stattdessen eine Erhöhung des Rentenalters lieber.
Pol-Bundesräte als «Dreamteam»
Gegen den Widerstand der politischen Pole treten nun ausgerechnet die beiden Pol-Bundesräte Maurer und Berset an. Dahinter steckt auch viel Kalkül. Die beiden sollen in ihrem jeweiligen Lager punkten, um am 19. Mai eine Mehrheit zu schaffen. So trat Berset bewusst an der Seite Maurers auf, obwohl es sich um ein Geschäft des Finanzdepartements handelt.
Dass Maurer und Berset plötzlich ein Herz und eine Seele sind, hat einen weiteren Grund: Beide haben ein grosses persönliches Interesse an einem Ja. Maurer würde nach den Niederlagen bei der Gripen- und der USR-III-Abstimmung endlich ein grosser Wurf gelingen. Und Berset würde mit dem AHV-Zustupf mehr Spielraum für die anstehende Rentenreform erhalten.
In der Verwaltung ist bereits von einem «Dreamteam» die Rede, das die Vorlage in trockene Tücher bringen soll. Hier der wortgewandte Romand, der als progressiver SP-Minister bei der AHV-Thematik bis weit ins bürgerliche Lager viel Glaubwürdigkeit geniesst. Dort der knorrige Deutschschweizer, der als konservativer SVP-Minister bei der rechten Basis auf viel Goodwill stösst.
CVP-Graber: «Sehr geschickt»
Für die Befürworter ist das ungleiche Duo geradezu «ein Glücksfall», wie CVP-Ständerat Konrad Graber (60) sagt. «Es ist staatspolitisch sehr wichtig und sehr geschickt, dass die beiden gemeinsam auftreten», so der Luzerner, der als einer der Väter des Deals gilt. «Mit ihnen erhöht sich die Hürde für ein Nein, da es für die jeweiligen Lager heikel ist, gegen die eigenen Bundesräte anzutreten.»
Graber erwartet nun «einen starken Auftritt und ein starkes Engagement der beiden im Abstimmungskampf».
SP-Berset «mit viel Leidenschaft»
Diese Erwartung dürfte in Erfüllung gehen. So will SP-Magistrat Berset durchs Land tingeln, um für ein Ja zu kämpfen. «Es ist eine sehr wichtige Reform, und ich werde mich sehr stark und mit viel Leidenschaft dafür engagieren», sagt Berset. So wird er nicht müde zu betonen, dass die Lehren aus den abgelehnten Projekten gezogen worden seien und nun eine «ausgewogene Reform» vorliege.
Im Abstimmungskampf sei kein Sondereffort geplant, übt sich derweil Bundespräsident Maurer in Zurückhaltung. Wer ihn kennt, weiss aber, dass er wie schon im Parlament Vollgas geben wird. So wird er auch an der SVP-Delegiertenversammlung Ende März für ein Ja weibeln, wenn die Partei ihre offizielle Parole fasst.
SVP-Maurer setzt auf Vernunft
Dabei soll der AHV-Trumpf stechen. «Auch unsere Leute wollen mal eine AHV», so Maurer. «Und das steht bei dieser Vorlage im Vordergrund: Sichere Renten!» Für ihn ist daher klar: «Unsere Leute sind vernünftig, und sie werden für eine vernünftige Steuerreform und für eine Finanzierung der AHV sein – vielleicht nicht einstimmig, aber mehrheitlich.»
Die Schweiz stimmt im Mai über zwei Vorlagen ab. BLICK erklärt, um was es genau geht.
- Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung
Die Grundlagen und kniffligsten Fragen verständlich erklärt
- Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Das veränderte Waffenrecht in 12 Punkten erklärt.
Die Schweiz stimmt im Mai über zwei Vorlagen ab. BLICK erklärt, um was es genau geht.
- Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung
Die Grundlagen und kniffligsten Fragen verständlich erklärt
- Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Das veränderte Waffenrecht in 12 Punkten erklärt.
Das sind die wichtigsten Punkte des gigantisch grossen Projekts, das die Steuerreform und die AHV-Sanierung kombiniert:
STEUERPRIVILEGIEN: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.
KAPITALEINLAGEPRINZIP: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Ausnahmen gelten für Zahlungen innerhalb eines Konzerns und für Reserven, die im Rahmen eines Zuzugs vor Einführung des Kapitaleinlageprinzips im Jahr 2011 entstanden sind.
AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten des STAF geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit insgesamt 0,3 Lohnprozenten bei. Jene 17 Prozent des MwSt.-Demografieprozents, die heute in die Bundeskasse fliessen, gehen künftig an die AHV. Das bringt 520 Millionen Franken. Der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben wird von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht, was zu Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken führt. Der AHV-Fonds rutscht dadurch drei bis vier Jahre später in den kritischen Bereich.
BUNDESSTEUER: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.
GEMEINDEKLAUSEL: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.
DIVIDENDEN: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.
ZINSABZUG: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich.
FORSCHUNG: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.
PATENTBOX: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.
STILLE RESERVEN: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.
MINDESTBESTEUERUNG: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.
KAPITALSTEUER: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.
TRANSPONIERUNG: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.
FINANZAUSGLEICH: Im Zug der STAF wird auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.
STEUERANRECHNUNG: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.
Das sind die wichtigsten Punkte des gigantisch grossen Projekts, das die Steuerreform und die AHV-Sanierung kombiniert:
STEUERPRIVILEGIEN: Die international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien für Statusgesellschaften werden abgeschafft.
KAPITALEINLAGEPRINZIP: Börsenkotierte Unternehmen dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten. Ausnahmen gelten für Zahlungen innerhalb eines Konzerns und für Reserven, die im Rahmen eines Zuzugs vor Einführung des Kapitaleinlageprinzips im Jahr 2011 entstanden sind.
AHV: Die AHV erhält zusätzlich rund 2 Milliarden Franken pro Jahr. So hoch werden die Kosten des STAF geschätzt. 1,2 Milliarden tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit insgesamt 0,3 Lohnprozenten bei. Jene 17 Prozent des MwSt.-Demografieprozents, die heute in die Bundeskasse fliessen, gehen künftig an die AHV. Das bringt 520 Millionen Franken. Der Bundesanteil an die AHV-Ausgaben wird von 19,55 auf 20,2 Prozent erhöht, was zu Mehreinnahmen von 300 Millionen Franken führt. Der AHV-Fonds rutscht dadurch drei bis vier Jahre später in den kritischen Bereich.
BUNDESSTEUER: Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17 Prozent auf 21,2 Prozent erhöht. Das verschafft den Kantonen den Spielraum für die Senkung der Gewinnsteuersätze. Die meisten Kantone planen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.
GEMEINDEKLAUSEL: Im Zusammenhang mit dem höheren Kantonsanteil müssen neu auch Städte und Gemeinden berücksichtigt werden. Diese Bestimmung hat keine rechtsverbindliche Wirkung.
DIVIDENDEN: Dividenden auf Beteiligungen von mindestens 10 Prozent werden beim Bund zu mindestens 70 Prozent besteuert, bei den Kantonen zu mindestens 50 Prozent.
ZINSABZUG: Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Voraussichtlich profitiert davon nur der Kanton Zürich.
FORSCHUNG: Der Aufwand für Forschung und Entwicklung im Inland kann zu 150 Prozent von den Steuern abgezogen werden.
PATENTBOX: In der Patentbox können die Kantone Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuern. Die Entlastung darf höchstens 90 Prozent betragen.
STILLE RESERVEN: Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können aufgedeckte stille Reserven während 10 Jahren abschreiben. Dadurch sinkt die Gewinnsteuer. Die stillen Reserven von Unternehmen, die ihre kantonalen Steuerprivilegien verlieren, werden gesondert besteuert.
MINDESTBESTEUERUNG: Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox, Forschungsabzüge und gesonderte Besteuerung stiller Reserven ist auf 70 Prozent begrenzt.
KAPITALSTEUER: Die Kantone können bei der Kapitalsteuer Erleichterungen vorsehen.
TRANSPONIERUNG: Wer Beteiligungen an eine Firma verkauft, die ihm selber zu mindestens 50 Prozent gehört, soll den Gewinn immer versteuern müssen. Heute ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5 Prozent steuerfrei.
FINANZAUSGLEICH: Im Zug der STAF wird auch der Finanzausgleich zwischen den Kantonen angepasst. Geändert wird die Gewichtung der Unternehmensgewinne im Ressourcenpotenzial. Das könnte dazu führen, dass einige Kantone ressourcenstärker werden und mehr in den Finanzausgleich einzahlen müssen.
STEUERANRECHNUNG: Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen sollen unter Umständen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.