Auf Verbrecherjagd mit DNA-Informationen? In der Kriminalistik längst Usus. 192'000 DNA-Profile von Straftätern sind beim Bund gespeichert. Jetzt will Justizministerin Karin Keller-Sutter (55) einen grossen Schritt weiter gehen: Die liberale Magistratin will der Polizei ermöglichen, DNA-Spuren auch inhaltlich auszuwerten. Konkret bedeutet dies, dass Täter-DNA nach Haar-, Augen- und Hautfarbe analysiert werden dürfte.
Der bundesrätliche Plan der sogenannten Phänotypisierung bereitet dem eidgenössischen Datenschützer Adrian Lobsiger (58) Bauchschmerzen. Gegenüber CH Media beurteilt er ihn als «heikel».
Fall Emmen als Extrembeispiel
Durchs Parlament geht ein tiefer Graben: Sicherheitspolitikerin Corina Eichenberger (64, FDP/AG) verteidigt die Pläne ihrer Bundesrätin als «absolut vertretbar, wenn man sie auf schwere Gewaltverbrechen wie Tötungsdelikte und Vergewaltigungen begrenzt – und man klar regelt, wie lange solche DNA-Daten gespeichert bleiben dürfen».
Sie vertraue der Polizei, «dass sie verantwortungsvoll mit diesen heiklen Informationen umgehen wird». Der schreckliche Fall Emmen, bei dem eine junge Frau vergewaltigt wurde und heute im Rollstuhl sitzt, führe uns vor Augen, «dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen».
SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf (50) mahnt. «Wir müssen aufpassen, dass wir mit der DNA-Fahndung nicht die Büchse der Pandora öffnen», so die Zürcherin.
Sie sei «hin- und hergerissen», so Seiler Graf. Wir müssten der Polizei bei schwersten Gewaltverbrechen die inhaltliche DNA-Fahndung erlauben. «Dies aber unter extrem eingeschränkten Bedingungen. Die Daten dürften auf keinen Fall für längere Zeit gespeichert bleiben, die Gefahr von Missbrauch ist zu gross. Ich bin gespannt, wie sich Bundesrätin Keller-Sutter diesen Balanceakt im DNA-Gesetz genau vorstellt.»
SVP-Salzmann will DNA-Analyse bis zum Fahndungsfoto – auch für Einbrecher
DNA nicht nur auf Hautfarbe, sondern auf das gesamte Erscheinungsbild eines Täters aufschlüsseln will Werner Salzmann (56, SVP/BE), Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats. «Das soll die Polizei dürfen. Und zwar nicht nur bei Gewaltdelikten, sondern auch bei der Aufklärung von Einbruchserien!»